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AK im Sog der Nationalratswahl

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Am 2. und 3. Oktober, eine Woche vor dem voraussichtlichen Termin der Nationalratswahl, sind Österreichs Arbeitnehmer aufgerufen, die Arbeitskammern neu zu wählen.

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Am 2. und 3. Oktober, eine Woche vor dem voraussichtlichen Termin der Nationalratswahl, sind Österreichs Arbeitnehmer aufgerufen, die Arbeitskammern neu zu wählen.

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In sieben Bundesländern stellt die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter (FSG) den Präsidenten der „Arbeitskammer” (vormals: „Kammer für Arbeiter und Angestellte”); in Vorarlberg und Tirol dominiert der ÖAAB. Bundesweit kam die FSG 1989 auf 59,8 Prozent, der ÖAAB auf 29,1 Prozent, die FPÖ-Arbeitnehmer auf 7,7 Prozent. Das größte Problem der gesetzlichen Arbeitnehmervertretung ist die Verweigerung ihrer Pflichtmitglieder: gegenüber 63,6 Prozent im Jahr 1984 schrumpfte die Wahlbeteiligung 1989 - nach der Rechberger-Äffäre - auf magere 48 Prozent.

Wohl auch wegen der schwer abzuschätzenden Wahlbeteiligung übt sich FSG-Spitzen-kandidat Heinz yogier, Präsident der Bundes-AK und der Wiener AK, im furche-Gespräch in Bescheidenheit: „Wir haben ein neues Wahlrecht, erstmals wurden auch geringfügig Beschäftigte und Arbeitslose in die Wählerlisten integriert. Wenn es uns gelänge, die Wahlbeteiligung vom letzten Mal zu stabilisieren, wäre das eine enorm positive Leistung.” Auch bezüglich des Ab-schneidens seiner Fraktion - und seiner Person - ist Vogler vorsichtig: „In jenen Bundesländern, in denen es derzeit FSG-Präsidenten gibt, hoffen wir, die absoluten Mehrheiten abzusichern. In Tirol und Vorarlberg erwarte ich, daß die FSG stärker wird.”

Nicht ungelegen kommt für Vogler die zeitliche Nähe zur Nationalratswahl und zum Vranitzky-Wahlkampf der SPÖ: „Ich halte das für einen Vorteil, weil das, was an positiven Leistungen der Sozialdemokraten vorhanden ist, sich natürlich - gemeinsam mit dem, was wir als sozialdemokratische Gewerkschafter an Erfolgen nachzuweisen haben - positiv auf das Stimmverhalten auswirken wird.”

Thematisch wird der AK-Wahlkampf von Wirtschafts- und Sozialthemen dominiert. „Am wichtigsten ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit”, bekräftigt Vogler: „Es ist unerträglich, daß Arbeitslosigkeit in dieser Dimension immer mehr als gesellschaftliche Normalität akzeptiert wird.” Damit verbunden sieht Vogler die „Absicherung des Sozialstaates”. Denn die Finanzierbarkeit der Sozialleistungen hänge von einer guten Beschäftigungssituation ab.

DIEFurchE: Führt nicht gerade die Summe aller Sozialleistungen dazu, daß kleinere Betriebe international weniger konkurrenzfähig sind und Arbeitsplätze gefährdet werden? vogler: Beschäftigungspolitik durch Sozialdumping ist ein Holzweg. Wenn ich schaue, was sich rund um unsere Grenzen abspielt, müßten dann nämlich Löhne, Gehälter und Sozialleistungen auf ein Zehntel des bisherigen Ausmaßes gesenkt werden. Das ist absurd. Der Wettbewerb kann nicht über die Senkung von Einkommen und Sozialleistungen geführt werden, sondern indem man intelligentere Produkte und Dienstleistungen anbietet. diefurche: Wie würden Sie Österreichs Sozialsystem im Vergleich zu den EU-Mitgliedsstaaten bewerten? vogler: Im Vergleich zur EU haben wir ein vorbildliches Sozialsystem. Natürlich gibt es Defizite, etwa im Arbeitnehmerschutz, wo jetzt die

_I Anpassung durch das

Arbeitnehmerschutzgesetz erfolgt. diefurche: Wenn auch das Niveau der Sozialleistungen im EU-Vergleich hoch ist, so hinkt das österreichische Einkommensniveau nach Ist das nicht ein Argument dafür, daß die Sozialkostenfür die Unternehmer bei uns zu hoch sind? vogler: Man darf das Einkommen nicht isoliert sehen. Wenn man die Lohnstückkosten anschaut, Einkommen und Produktivität, hat Österreich aufgeholt. Einen Vorwurf kann'man uns nicht machen: daß wir im Einkommensbereich überzogene Forderungen erhoben hätten. Ich glaube, gerade im unteren Einkommensbereich noch einen großen müssen wir

Nachholprozeß absolvieren. diefurche: Würden Sie nach der Nationalratswahl eine Berufung in die Regierung annehmen' Vogler (lacht): Das ist genauso, wie wenn Sie mich fragen, ob ich morgen auf den Mond fahren möchte. diefurche: Möchten Sie? Vogler (denkt nach): Das steht nicht zur Debatte. Ich habe die feste Absicht, die Arbeitskammern nach Absicherung der FSG-Mehrheit in die nächsten Jahre zu führen.

Interviews mit den Kandidaten der anderen Fraktionen folgen in den nächsten Wochen.

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