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„Eine Zwangsbeglückung ist problematisch“

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DIEFURCHE: ES wird über Modelle einer Versicherung für Freizeit- und Haushaltsunfälle nachgedacht Wirtschafts- und Arbeiterkammer wollen das als Geschäft für die privaten Versicherungsuntemehmen sehen. Reibt man sich in der Branche bereits die Hände? GENERALDIREKTOR DIETRICH KARNER: Alle Unfallstatistiken bestätigen, daß es sinnvoll und notwendig ist, für die Folgen von Unfällen in Freizeit und im Haushalt vorzusorgen. Die Eigenvorsorge durch eine private Unfallversicherung ist schon jetzt die richtige Ergänzung zur sozialen Unfallversicherung.

So sehr eine Versicherungspflicht zur Belebung der privaten Unfallversicherung beitragen könnte — eine Zwangsbeglückung für den privaten, persönlichen Bereich ist problematisch. Manche Zwangsmaßnahmen im Bereich der Sozialversicherungen tragen nur vordergründig dem Gedanken der Vorsorge Rechnung. Dahinter verbirgt sich oft eine Maßnahme zur Abdeckung von Finanzierungslücken, zumal die gesetzlichen Krankenkassen schon jetzt verpflichtet sind, die Kosten der Heilbehandlung und Rehabilitation nach Freizeitunfällen zu bezahlen.

DIEFURCHE: Warum hat nur ein Drittel der Österreicher privat vorgesorgt?

KARNER: Die Ursache dafür, daß die restlichen zwei Drittel noch nicht privat vorgesorgt haben, liegt vor allem in der Unkenntnis über den Umfang der Leistung durch die Sozialversicherungen beziehungsweise des Personenkreises, der in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen ist. Eine weitere Ursache ist das Nicht- erkennen oder das Verdrängen der Unfallgefährdung. Die Furcht besteht lediglich in den von Medien berichteten Gefahren wie spektakuläre Autooder tödliche Sportunfälle, oder größere Katastrophen,obwohl in Wirklichkeit die häufigsten Unfälle im Haushalt passieren.

DIEFURCHE: Was halten Sie von einem Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Unfall-versicherung?

KARNER: Die Anregung, einen Arbeitnehmerbeitrag einzuführen, wurde bislang damit begründet, daß die Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung unter anderem durch den Behandlungsaufwand für Freizeitunfälle untragbar hoch seien, und die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung derzeit ausschließlich vom Arbeitgeber getragen werden. Diese Argumentation wird unserer Auffassung nach weder in wirtschaftlicher noch in rechtlicher Hinsicht gerecht. Die wirtschaftliche Ent- wicklung im Gesundheitswesen hat gezeigt, daß aufgrund des Kostendrucks die Erschließung zusätzlicher Finanzierungsquellen zu keiner Ent-spannung führt. Auch ein zusätzlicher Arbeitnehmerbeitrag wird dieses Schicksal erleiden.

In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, daß auf den Umfang aus der Haftung des Dienstgebers für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten folgenden Schadenersatzansprüchen die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung anzurechnen sind. Folgerichtig ist es daher der Dienstgeber, welcher die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu entrichten hat. Diese strikte Korrespondenz von Rechten und Pflichten würde durch die Einführung eines Dienstgeberbeitrages gestört. Die Betrauung der AUVA mit zusätzlichen Aufgaben würde nur dazu führen, daß schon bisher die durch die gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung zu erbringenden Leistungen eine Umverteilung erfahren, was zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen wird.

Dietrich Karner ist

Präsident des Verbandes der Vtrsicherungsuntemehmen.

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