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Das gestürzte Zehntel

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Von zehn Österreichern hat durchschnittlich einer pro Jahr einen Unfall, der im Krankenhaus oder ambulatorisch behandelt werden muß — oder, wenn man es anders nimmt, jeder Österreicher muß damit rechnen, daß er im Durchschnitt alle zehn Jahre einmal einen Unfall hat. Das gab Direktor Franz Vogler anläßlich eines Pressekolloquiums, das eine Kampagne für die Unfallversicherung auf privater Basis eüileiten sollte, zu verstehen. Was die Zahl der Unfälle aber betrifft, gibt man sich bei den heimischen Versiche-rungsimstituten keineswegs optimistisch.

Im Gegenteil, alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die Unfall gefahren unseres technischen Zeitalters in nächster Zeit sich keinesfalls verringern, sondern weiterhin erhöhen. Diese Situation unterstreicht die Bedeutung der Unfallversicherung, der gesetzlichen wie in erster Linie auch der privaten. Ein ausreichender Versicherungsschutz ist für den einzelnen ebenso bedeutsam wie für seine Familienangehörigen; er ist eine sozialpolitische Notwendigkeit ersten Ranges.

1966 mußten sich rund 135.000 Österreicher nach Unfällen verschiedener Art in Krankenhäusern behandeln lassen. Davon ereilte 42.000 das Mißgeschick auf ihren Arbeitsplätzen oder auf dem Weg von und zu ihnen. In 93.000 Fällen — das ist weit mehr als das Doppelte — ereigneten sich die Unfälle außerhalb des Arbeitsplatzes, im außerberuflichen Straßenverkehr, im Haushalt, :n den Bergen oder auf den Sportplätzen.

Die Zahl der nach Arbeitsunfällen ambulatorisch Behandelten ist mit rund 170.000 viermal so groß, wie die Anzahl der im Krankenhaus behandelten Personen. Nimmt man dieses Verhältnis auch bei den NichtArbeitsunfällen an — eine exakte Statistik darüber existiert derzeit nicht —, so kommt man auf schätzungsweise 370.000 Personen, die sich nach Unfällen außerhalb des Arbeitsplatzes in ambulatorische Behandlung begeben mußten. Zusammen ergibt das 540.000 ambulatorisch behandelte Patienten. Zählt man noch die 135.000 im Krankenhaus Behandelten dazu, so kommt man auf 675.000 Personen, also auf fast ein Zehntel der gesamten österreichischen Bevölkerung. Das war 1966. Auch 1967 dürfte nach den bisher vorliegenden Teiimeldungen ähnlich, sehr wahrscheinlich aber schlechter verlaufen sein.

Gegen derartige Unfallgefahren aber sind die Österreicher nach Auskunft des Versicherungsverbandes nur unzureichend geschützt.

• So sind nur rund drei Millionen bei Sozialversicherern unfallversichert; 4,2 Millionen sind das nicht.

• Außerdem deckt die gesetzliche Unfallversicherung nur Unfälle, die sich auf dem Arbeitsplatz oder auf dem Weg von und zu ihm ereignen. Die Zahl der Unfälle außerhalb des Aibeitsplatzes ist aber, wie gezeigt, weitaus größer.

• Auch liegt es in der Natur der Sache, daß die gesetzliche Unfallversicherung — wie die Sozialversicherung überhaupt — nur eine Grund-Versorgung sichern kann. Sind der Sozialversicherte oder seine Hinterbliebenen nach einem schweren Unfall nur auf die Leistungen der Sozialversicherung angewiesen, so kann in den meisten FäMen der gewohnte Lebensstandard nicht aufrecht erhalten werden.

Gerade aus diesen Gründen aber sei es erforderlich, den Versicherungsschutz gegen Unfälle auf privater Basis zu intensivieren. Die Versicherungswirtschaft gibt dabei nicht nur Schutz vor den Folgen von Unfällen innerhalb und außerhalb des Berufes, sondern so wirbt man bei den Versicherungsanstalten, es könnte vielmehr auch daizu beigetragen werden*, daß der Lebensstandard des Verunglückten beziehungsweise seiner Angehörigen nicht zu drastisch albsinkt.

Da man aber mit der Gefahr allein noch nicht die Kunden werben kann, verweisen Österreichs Versicherer auch darauf, daß die Prämien als Sonderausgaben bis zu einer gewissen Höhe von der Einkommens- bzw. Lohnsteuer abgesetzt werden können. Hauptzweck der Kampagne soll es sein, darüber aufzuklären, wie vielseitig eine private Unfallversicherung verwendbar ist. So kann der Interessent eine Unfallversicherung abschließen:

• Für den Fall des Todes; die vereinbarte Versicherungssumme kann jedem beliebigen Bezugsberechtigten zugedacht werden.

• Für den Fall der dauernden Inva-lididät; die Versicherungssumme kann nach Belieben, z. B. zum Aufbau einer neuen Existenz, verwendet werden.

• Für Taggeld;

• für den Ersatz der Heilkosten;

• für SpitalsgeM;

• für den Ersatz der Bergungskosten.

In diesem Sinne will Direktor Vogler auch die private Unfallversicherung nicht als einzige Absicherung bei Unfällen verstanden wissen, sondern räumt ihr teilweise nur Ergänzungsfunktionen zur gesetzlichen Unfallsversicherung ein, die dazu beitragen soll, daß auch die Familie entsprechend abgesichert ist.

Eines allerdings gibt Vogler zu, eine Versicherung gegen Unfälle gibt es nicht, sehr wohl sei es alber möglich, durch Versicherung dem Verunglückten und seiner Familie ganz oder wenigstens teilweise die finanziellen Sorgen abzunehmen.

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