Misstraut den Experten!

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BEIGEWUM entlarvt eine Reihe von "Mythen der Ökonomie" als (bewusste) Verschleierung von Interessenskonflikten.

Die Welt ist ungerecht: Die einen backen den Kuchen, die anderen essen ihn - der Gescheite lebt vom Dummen und der Dumme von seiner Arbeit. Und wenn sich der Staat nicht ständig einmischen würde, würde in der Wirtschaft alles wie am Schnürchen laufen. Aber so sind die Steuern zu hoch, und die Arbeit ist zu teuer. Man muss den Firmen anständige Zuckerl bieten, damit sie nicht abwandern. Denn wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut. Oder sind diese "Argumente" etwa nichts anderes als moderne Mythen, die unter dem Mantel "wirtschaftlicher Notwendigkeit" nur der Verschleierung von Interessenskonflikten dienen?

Wirtschaftliche Mechanismen sind keine Naturgesetze. Sie basieren zum Teil auf Mathematik und bewegen sich ansonsten im Rahmen von Gesetzen, Verträgen und Konventionen, also einem vom Menschen aufgestellten Regelwerk - auch wenn sie zuweilen eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Der beigewum (Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen), eine Gruppe von Sozialwissenschaftlern, die versuchen, die Ergebnisse kritischer Forschung in die öffentliche Debatte einzubringen, spürt nun einer Reihe von "Mythen der Ökonomie" nach, die von so genannten Experten in Umlauf gebracht wurden. Der Band möchte eine "Anleitung zur geistigen Selbstverteidigung in Wirtschaftsfragen" bereitstellen und die Autoritätsgläubigkeit den öffentlich rezipierten Wirtschaftsfachleuten gegenüber untergraben - zugunsten kritischer Wachsamkeit. Denn die oft im Zuge politischer Debatten zitierten Expertenmeinungen sind nicht immer objektiv. Auf den ersten Blick stichhaltige Argumente lassen sich für die gegensätzlichsten Standpunkte formulieren, und Statistik lügt zuweilen.

Neben den eingangs erwähnten werden gängige Mythen demontiert wie : "Löhne werden nach Leistung gezahlt" (der Marktwert von Arbeit hängt keineswegs nur von der Leistung ab),"Staatliches Kindergeld bringt mehr Kinder" (die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind viel wichtiger) oder "Privatisierung macht öffentliche Dienstleistungen besser" (die Praxis hat oft das Gegenteil bewiesen, und selbst die Vorzeigebranche Telekommunikation profitierte vor allem von - von der Privatisierung unabhängigen - technischen Neuerungen). Gegliedert nach den vier Bereichen Staat, Arbeit, Unternehmen und Gesellschaft reagiert der beigewum auf Gemeinplätze aus medialer Öffentlichkeit und Stammtischdiskussionen und plädiert dafür, sich zuallererst dem einen Mythos zu widersetzen, der alle anderen untermauert: "Wirtschaftspolitik sollte den Experten überlassen werden."

MYTHEN DER ÖKONOMIE

Anleitung zur geistigen Selbstverteidigung in Wirtschaftsfragen

Hrsg:Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (BEIGEWUM), VSA-Verlag, Hamburg 2005 166 Seiten, brosch., e 14,20

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