politische bildung - © Foto: iStock/ Yoeml

Die politische Erziehung des Menschen

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Der Mord am französischen Geschichtelehrer Samuel Paty durch einen 18-jährigen Dschihadisten hat viele Fragen aufgeworfen - auch jene über die Aufgaben und Grenzen von Schule bei der politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen. Ein Gastkommentar.

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Der Mord am französischen Geschichtelehrer Samuel Paty durch einen 18-jährigen Dschihadisten hat viele Fragen aufgeworfen - auch jene über die Aufgaben und Grenzen von Schule bei der politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen. Ein Gastkommentar.

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Wenn die Menschen Übergewicht haben, wenn sie Lesemuffel sind und ihren Plastikmüll im Stadtpark hinterlassen, kurzum, wenn in der Gesellschaft Problemstellen wahrgenommen werden, dann hören wir oft den halb besorgt, halb vorwurfsvoll intonierten Satz: Da muss sich doch die Schule darum kümmern! Erziehung gilt spätestens seit der Aufklärung als Schlüssel zur besseren Welt. Und wenn man auch allzu ehrgeizige Erwartungen in die Erziehbarkeit des Menschengeschlechts auf ein realistisches Maß herunterfahren muss, grundsätzlich falsch ist das Konzept natürlich nicht.

Läuft im politischen Leben etwas nicht nach Wunsch, also praktisch immer, dann schallt der Ruf nach mehr und besserer politischer Bildung durch das Land. Auch die Schule soll sich um die Demokratie kümmern! Gewiss, das soll sie. Der französische Geschichtelehrer Samuel Paty hat sich darum gekümmert, aber ein junger Gotteskrieger, bei dem Demokratieerziehung offensichtlich nicht stattgefunden hat oder gescheitert ist, hat ihm gerade das nicht verziehen. Die bösen Folgen sind bekannt.

Die Forderung nach politischer Bildung ist nicht neu und auch kein Exklusivkonzept westlicher Demokratien. Das Anliegen gibt es seit der Antike. Sokrates, der den Menschen kritisches Denken beibringen wollte, wurde vorgeworfen, er verderbe die Jugend. Die sophistischen Rhetoriklehrer hingegen, die den jungen Männern beibrachten, wie man sich auf dem Areopag als manipulatives Schlitzohr behauptet, lebten ganz gut von ihrer Kompetenz in Sachen politisch-rhetorische Bildung. Die Fürstenspiegel, vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert fester Bestandteil der europäischen Literatur, waren teils moralphilosophische Abhandlungen und höfische Anstandsbücher, teils Lehrbücher der politischen Klugheit. In autoritär geführten Monarchien war den Fürstenerziehern bewusst, dass von der Persönlichkeit des Herrschers oft Wohl und Wehe des ganzen Landes abhängen. Die Erfolgsgeschichte der Fürstenerziehung bietet zwar auch nur ein durchwachsenes Bild, aber welche Geschichte pädagogischer Erfolge böte ein makelloses?

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