Österreich ist eine Steueroase

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Karin Küblböck, Mitarbeiterin der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) und Attac-Gründungsmitglied, spricht sich für die Schließung von Steueroasen aus.

Die Furche: Welchen Anteil haben die Steueroasen an der aktuellen Finanzkrise?

Karin Küblböck: Am konkreten Ausbruch der Krise haben sie keinen entscheidenden Anteil, da dies sehr stark eine Kreditkrise ist, die von den Banken ausging. Aber insgesamt spielen die Steueroasen eine wesentliche und negative Rolle in der Entwicklung dieser Art Kapitalmärkte, wie wir sie heute kennen. Unter anderem dadurch, dass sie Hedge-Fonds, die vollkommen unreguliert sehr hohe Risken eingehen, Unterschlupf gewähren.

Die Furche: Was könnte unternommen werden, um diese Offshore- und Onshore Finanzplätze zu regulieren?

Küblböck: Es wäre möglich, EU-weite Regelungen für Fonds zu finden, die in den Mitgliedsländern aktiv sind. Da denke ich an einheitliche Melde- und Steuervorschriften sowie an Offenlegungspflichten in Bezug auf die Anlagestrategie. Gleichzeitig könnte man die Kreditaufnahme durch Fonds einschränken oder verbieten. So wäre es diesen Instituten nicht mehr möglich, einen sogenannten Hebeleffekt (Leverage-Effekt) auszunutzen und auf Pump Geld zu veranlagen.

Die Furche: Damit hat man aber die Steueroasen noch nicht geschlossen.

Küblböck: Nein. Die meisten Steueroasen befinden sich im Hoheitsgebiet von Industrieländern und könnten relativ einfach geschlossen werden, die restlichen könnten über Sanktionen oder Strafgebühren dazu gebracht werden.

Die Furche: Ist nicht auch Österreich in einer gewissen Weise eine Steueroase?

Küblböck: Österreich hat einige Charakteristika einer Steueroase: Einerseits hat Österreich ein einzigartig strenges Bankgeheimnis, das es in dieser Form nur noch in Luxemburg und Belgien gibt. Nur die Bank kennt den Kontoinhaber und muss keine Informationen an die Steuerbehörden weitergeben. Somit ist es schwieriger, Steuerhinterziehungen auf die Schliche zu kommen. Hinzukommt, dass Österreich bei der Besteuerung von Vermögen das Schlusslicht unter den OECD-Staaten ist. Nur 0,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes stammen aus der Besteuerung von Besitz und Vermögen. Auch die Privatstiftungen besitzen weitgehende Steuerprivilegien.

Die Furche: Tragen die Wohlhabenden nicht dazu bei, dass es uns allen besser geht?

Küblböck: Ich sehe nicht, wie die Stiftungen Österreich zugutekommen sollen, außer sie würden Steuern zahlen (nicht entnommene Stiftungserträge werden derzeit mit 12,5 Prozent besteuert, ein Sparer zahlt 25 Prozent Kapitalertragssteuer; Anm.). Nur der Umstand, dass Reiche im Land wohnen, bringt gar nichts, denn gerade diese tragen immer weniger zur Gemeinwesensfinanzierung bei, die Verteilung von Einkommen und Vermögen wird auch in Österreich immer ungerechter.

Steuern

In Österreich geben unter anderem Steuerbegünstigungen für Privatstiftungen dem Land das Antlitz einer Steueroase. Attac und andere NGOs fordern, dass nicht die Reichen, sondern der Mittelstand und untere Einkommensschichten entlastet werden sollen, da die Konsumausgaben nicht proportional mit dem Einkommen steigen.

Das Gespräch führte Thomas Meickl

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