Österreich braucht Medienrat

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In Österreich herrscht derzeit die Tendenz zum "Auslaufen". Die Erbschaftssteuer läuft aus, demnächst die Schenkungssteuer, die Vermögenssteuer ist schon ausgelaufen. Ausgelaufen ist auch der Presserat, jenes Organ, in dem Herausgeber und Journalistengewerkschaft darüber wachen sollten, dass ethische und professionelle Standards in der Presse eingehalten werden. Ein Organ der Selbstregulierung und Selbstkontrolle, ohne strafrechtliche Sanktionen. Da man sich über die Zusammensetzung der Gremien nicht einigen konnte, gibt es den Presserat seit 30. Juni 2002 nicht mehr.

Die fehlende moralische Selbstregulierung zeitigt bedenkliche Auswüchse. Jüngste Beispiele des moralischen Niedergangs: eine Kolumne in der Kronen Zeitung, die die Kandidatin der Grünen für die Volksanwaltschaft, Terezija Stoisits, in unerträglicher Weise anschüttet; in derselben Zeitung die Hetze gegen den Kuraufenthalt des früheren BAWAG-Generaldirektors Helmut Elsner, aber auch die Äußerung eines Arztkollegen über die Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, sie möge sich am besten "ein Kondom über den Kopf stülpen".

Solche Verluderung der medialen Sitten ist ein Zeichen allgemeiner Verluderung der politischen Sitten. Dass Politiker den Mut haben, gegen diesen Trend aufzutreten, ist wenig wahrscheinlich. Daher ist die Wiederbelebung des Presserates mehr als notwendig. Das Argument, dass gerade eine der hauptbetroffenen Zeitungen sich über Urteile des Presserates schon immer hinweggesetzt hat, zählt nicht. Im Gegenteil: ein neuer Presserat, am besten in der Form eines Medienrates, der auch die elektronischen Medien einbezieht, wäre ein wichtiger Faktor für die Revitalisierung der Demokratie. Sonst bleibt die Forderung nach Zivilgesellschaft nur leeres Geschwätz.

Die Autorin war ORF-Journalistin und Dokumentarfilmerin.

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