Dass – verstärkt durch offene Briefe – das alte Blockdenken auflebt, wirkt gespenstisch. Ein Gastkommentar über einstige Friedensmärsche und heutige NATO-Alternativen.
Eine weltoffene ÖVP, eine weltoffene Kirche und ein weltoffenes Österreich in einem friedlich vereinten Europa: Dafür hat Erhard Busek – trotz aller Entfremdungen – bis zuletzt gekämpft. Eine Wegbegleiterin erinnert sich.
FURCHE-Urgestein und Vorreiter eines kritischen Diskurses im katholischen Milieu, das ihn mit Verachtung strafte. Am 10. April wäre Friedrich Heer 100 Jahre alt geworden.
Otto Mauer (1907–1973) schuf mit der Galerie St. Stephan ein künstlerisch-kirchliches Forum. Ihm widmete Trautl Brandstaller ihre Eröffnungsrede zu einer Gedenkschau im Kloster Pernegg.Kunst, insbesondere die bildende, hatte für Otto Mauer prophetischen Charakter. Sie war für ihn Gegenentwurf zur bestehenden Gesellschaft. Die Künstler erhob er fast in den Rang von Heiligen, von Menschen mit spiritueller Begabung, die ein neues Welt- und Menschenbild entwarfen: „Vielleicht sind die Propheten in diese Künstler abgewandert, in die Goya, Daumier, George Grosz, weil die Kirche keine
"Man kann ja nicht jede Woche eine andere Steuer abschaffen", meinte jüngst der WIFO-Leiter Karl Aiginger, als nach dem "Auslaufen" der Erbschaftssteuer die Abschaffung der Schenkungssteuer ins Auge gefasst wurde. In letzter Zeit sieht es so aus, als ob der Staat unter dem Motto "Senkung der Steuerquote" locker auf Einnahmen verzichten könnte. Aber je mehr der Staat seine Einnahmen senkt, umso weniger kann er Verpflichtungen gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern erfüllen.Die viel beschworene "Modernisierung des Wohlfahrtsstaates" muss zwar den Staat abschlanken, sie kann ihn aber
Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer, und die Einkommen des breiten Mittelstands stagnieren. Diese Aussagen sind zum Gemeinplatz geworden, der durch jede Einkommensstatistik bewiesen wird. Schuld daran ist die steuerliche Begünstigung von Vermögen und die wachsende Belastung der Arbeitseinkommen.SP-Sozialminister Erwin Buchinger spricht zurecht von einer "Asymmetrie der Steuerlast" - man könnte es auch krasse Steuerungerechtigkeit nennen - und denkt an die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Dieselben Überlegungen stellen die Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts an und
Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass der österreichische Föderalismus dringend reformbedürftig ist, dann wäre er in den letzten Wochen mehrfach erbracht worden. Der Streit um die Finanzierung von Pflegegeld und Kinderbetreuung zeigt, dass die Länder längst verlernt haben, für das Staatsganze zu denken, und nur mehr ihre eigenen kurzsichtigen und populistischen Interessen im Auge haben.Der Auftritt der Landeshauptleute bei den diversen "Gipfeln", das Bitten und Betteln von Sozialminister, Gesundheits- und Frauenministerin, das zumeist mit schnippischen Hinweisen auf den kommenden
In Österreich herrscht derzeit die Tendenz zum "Auslaufen". Die Erbschaftssteuer läuft aus, demnächst die Schenkungssteuer, die Vermögenssteuer ist schon ausgelaufen. Ausgelaufen ist auch der Presserat, jenes Organ, in dem Herausgeber und Journalistengewerkschaft darüber wachen sollten, dass ethische und professionelle Standards in der Presse eingehalten werden. Ein Organ der Selbstregulierung und Selbstkontrolle, ohne strafrechtliche Sanktionen. Da man sich über die Zusammensetzung der Gremien nicht einigen konnte, gibt es den Presserat seit 30. Juni 2002 nicht mehr.Die fehlende
Ein Buch über den Wiener Künstler Kurt Regschek.Den "wienerischsten aller fantastischen Realisten" nannte ihn Wieland Schmied. Zugleich war der 2005 verstorbene Maler Kurt Regschek auch der unbekannteste der Wiener Malergruppe, die in den ersten Nachkriegsjahren die Kunstszene dominiert hatte.Ernst Fuchs und Rudolf Hausner, Arik Brauer, Wolfgang Hutter und Anton Lehmden - sie alle bezogen ihre ersten Impulse aus einem Nachholverfahren; der französische Surrealismus, von den Nazis wie die gesamte Moderne diffamiert, sollte im befreiten Österreich austrifiziert werden. Der Meinungsforscher
Es kann nicht nur der Frauentag gewesen sein, dass neuerdings das Thema Kinderbetreuung in Deutschland und Österreich Schlagzeilen macht. Der Rückgang der Geburtenraten und fehlende Arbeitskräfte zwingen die konservativen Parteien, vom lange vertretenen konservativen Familienmodell abzugehen.Den Anfang machte die deutsche Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die das Ende der männlichen "Alphatierchen" verkündete und einen massiven Ausbau der Kinderkrippenplätze forderte. Wie sehr sie die Stimmung in der Bevölkerung traf, zeigt ihre Popularitätskurve: sie liegt auf Platz zwei
Stabilität und Realisierung großer Projekte gelten als Vorzüge einer großen Koalition. Die "großen Projekte" sucht man im Regierungsübereinkommen eher mit der Lupe, also muss es wohl die Stabilität sein, die überzeugen soll. Doch der Schein trügt. Innerhalb der Parteien zeichnen sich tiefgreifende Veränderungen ab, ideologische Differenzen und Machtkämpfe, die die äußere Stabilität in ein labiles Gleichgewicht verwandeln.Das gilt zuvorderst für die ÖVP, die die Wahlniederlage langsam zu verarbeiten beginnt. Der Streit um den angeblichen Strahlemann Grasser ist nur die Spitze
Die ÖVP braucht offenkundig noch längere Zeit, um über die Ursachen ihrer Niederlage nachzudenken, und zieht den Gang in die Opposition vor. Da andere Mehrheiten nicht herstellbar sind - aus ideologischen wie pragmatischen Gründen wird es eine rot-grün-blaue Koalition nicht geben -, bietet sich eine Minderheitsregierung an, um Neuwahlen zu vermeiden. Österreich hat diese Regierungsform in der Zweiten Republik ein einziges Mal ausprobiert, in Schweden und Dänemark wird sie seit Jahrzehnten praktiziert - die Reformen des Sozialstaats wurden dort von Minderheitsregierungen mit Zustimmung
Staatsmänner, die Wahlen eindeutig verlieren, treten zurück: Josef Klaus 1970 (bei einem Verlust von 2,3 Prozent), Bruno Kreisky 1983 (3,3 Prozent) Alois Mock 1990 (9,2 Prozent). Parteipolitiker glauben, die Macht durch Tricks und Täuschungsmanöver retten zu können. Wolfgang Schüssel hat seine Niederlage noch nicht begriffen. Der Verlust von acht Prozent ist weder durch die Schwäche des eigenen Wahlkampfes noch durch Untergriffe des Gegners zu erklären, er hat tiefere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Ursachen, deren Analyse die ÖVP-Politiker verweigern. Gut, die
"Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die noch vor zehn Jahren den Parteien der extremen Rechten zugeordnet wurden, haben heute in Europa die Parteien der Mitte erfasst. Das politische Spektrum hat sich eindeutig nach rechts verschoben." So analysierte der un-Berichterstatter über Rassismus auf der eu-Konferenz zum selben Thema letzte Woche in Wien.Besser könnte man die Entwicklung auch in Österreich gar nicht charakterisieren. Was övp-Innenministerin Liese Prokop jüngst über "45 Prozent integrationsunwillige Muslime" von sich gab, könnte auch von Jörg Haider stammen, als dieser 1993
Das BAWAG-Debakel ist noch größer als angenommen. Nicht nur die Schadenssummen wachsen, auch die Gewissheit, dass der OGB selbst direkt in die Finanzmanöver rund um die Refco-Pleite über Stiftungen involviert ist. Wie viele Leichen noch im Keller lagern, weiß derzeit niemand. Sicher ist nur, dass mit Rücktritten allein die politische Verantwortung des OGB nicht eingelöst ist. Nur eine totale personelle und inhaltliche Erneuerung, eine Neugründung (wie sie hier vor vier Wochen vorgeschlagen wurde) auf einem möglichst rasch einzuberufenden Bundeskongress kann den OGB wieder zu einer
Kommende Wahlen in Europa werden über die "neue soziale Frage" entscheiden. Das haben die deutschen Bundestagswahlen gezeigt und das werden die Wahlen in Italien und Österreich zeigen. Deutschlands Politiker haben inzwischen das sozialpolitische Vakuum entdeckt und starten derzeit einen Wettbewerb: Wer ist die sozialste Partei im Land? Angela Merkel ist dabei mutiger als die spd; sie nimmt ein Wort in den Mund, das in den politischen Debatten lange als Sozialromantik abqualifiziert wurde. Sie fordert "Gerechtigkeit" und eine Erneuerung der "sozialen Marktwirtschaft". Eine Wertediskussion
Die Pressefreiheit ist ein unantastbares Gut und ein unverzichtbarer Bestandteil der Demokratie, so verteidigen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere führende europäische Politiker die Mohammed-Karikaturen, die Ende September 2005 in einer rechtspopulistischen dänischen Zeitung erschienen sind. Dem ist nichts hinzuzufügen - außer der Hinweis, dass auch in Europa Karikaturisten nicht immer ungeschoren bleiben, wenn es sich um christliche Sujets handelt (man erinnere sich an den Streit um die Jesus-Karikaturen Gerhard Haderers). Die aufgeklärte Einstellung zur Religion in
Manche Leitartikler halten es zur Zeit für schick, die eu als politisches Projekt für tot zu erklären und sie im Kielwasser des Neoliberalismus auf eine möglichst große Freihandelszone zu reduzieren, was ein klarer Widerspruch zur Gründungsidee Europas wäre. Welche Rolle wird Österreich während seiner Ratspräsidentschaft spielen?Tritt es der us-britischen Lobby entgegen und versucht, die neuen Mitgliedsländer für die politische Union zu begeistern? Oder wird Wolfgang Schüssel am Cello Condoleezza Rice am Spinett am 27. Jänner in Salzburg nicht nur musikalisch begleiten, sondern
Für die Landtagswahlen hat Schüssels "tollkühne türkische Pirouette" (nzz) nichts gebracht. Zwar ist die Mehrheit der Österreicher gegen die Aufnahme der Türkei, wie überhaupt gegen jede Aufnahme weiterer Länder in die eu, weiß aber gleichzeitig, dass Wolfgang Schüssel im Alleingang nichts bewirken kann. Der Kanzler wiederum riskiert die Isolation in der eu und den Unwillen der usa nur allzu gern, wenn er die Kronen Zeitung für die Wahlen 2006 auf seiner Seite weiß.Dem Europa-Bewusstsein in Österreich und dem Österreich-Bild in Europa hat er mit dieser Politik einen doppelten
Die deutschen Wahlen werden spannender als erwartet. Wiesen noch vor zwei Wochen alle Meinungsumfragen auf einen klaren Sieg der cdu/csu und eine eindeutige Mehrheit für eine Koalition der Christdemokraten mit der fdp hin, so ist nach den letzten Umfragen ein Kopf an Kopf-Rennen zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Rot-Grün zu erwarten.Der Stimmungswandel hat mehrere Ursachen: Zunächst wirkte Schröders Ankündigung von Neuwahlen nach der schweren Niederlage in Nordrhein-Westfalen wie eine glatte Kapitulation vor den flüchtenden spd-Wählern. Der Satz Schröders aus dem Jahr 1998, man könne ihn
Der Frage, ob demokratische Werte noch zu retten sind und was "Zivilgesellschaft" überhaupt bedeutet, ging man auf der achten "Globeart"-Tagung in Pernegg nach.Nur zwanzig Kilometer sind es bis zur tschechischen Grenze, wenn man, von Wien kommend, das idyllisch gelegene ehemalige Damenstift Pernegg erreicht. Heuer fand hier bereits zum achten Mal die "Globart"-Akademie statt. An die Grenze, die Europa bis 1989 getrennt hatte, erinnerte Ernst Ulrich von Weizsäcker, der renommierte deutsche Sozialforscher, in seiner Eröffnungsrede: "Seit 1990, seit dem Fall des Eisernen Vorhanges, hat der
Der deutsche Wahlkampf schwappt nach Österreich über. Die prognostizierten zehn bis zwölf Prozent für die neue linke Partei werfen die Frage auf, ob auch in Österreich Platz für eine neue Gruppierung wäre. Wozu noch kommt, dass hiesige Protestwähler ihr traditionelles Sammelbecken dank Selbstzerfleischung von fpö/bzö verloren haben. Bis jetzt hat sich Protest in Österreich immer am rechten Rand formiert. Gerhard Hirschmann lässt in der Steiermark einen ersten Versuchsballon für eine neue rechte Partei steigen. Dass es zu mehr als regionaler Querulatorik reicht, bleibt ebenso zu
Sieht man von den Schweden ab, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg ihr Arrangement mit dem Kapitalismus gefunden und immer auf gesellschaftliche Solidarität gesetzt haben, so fehlen den Sozialdemokraten in ganz Europa seit 1989 Visionen und internationale Perspektiven. Ob Wirtschaftswachstum oder Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, ob Zukunft der eu oder Kapitalismusdebatte, ob Globalisierung oder neuer Protektionismus, die Sozialdemokraten stecken überall in einer tiefen Identitätskrise.Am heftigsten zeigt sich diese Krise in Deutschland. Die dortige Abspaltung einer linken Fraktion und ihre
Der Streit ums Geld ist , wie in jeder Ehe, nur ein Symptom, nicht die Ursache der Krise. Dass die Briten an ihrem "Rabatt", die Franzosen an der hohen Agrarförderung festhalten, liegt nicht nur an nationalem Egoismus, sondern an der offenen Frage, wie es mit der eu insgesamt politisch weitergeht. Hatte man in Brüssel bislang geglaubt, Erweiterung und Vertiefung gleichzeitig betreiben zu können, so hat Tony Blair klar gemacht, dass seine Regierung, wie immer im Kielwasser der usa, nur eine Freihandelszone, keine politische Union will.Wer aber eine politische Union will, kann sich nicht um
1977 explodierte das Frachtschiff "Lucona" im Indischen Ozean. Sein"großer Coup" wurde Udo Proksch allerdings zum Verhängnis. Mitverantwortung trägt aber auch die Politik, zu der er beste Kontakte hatte.
Slowenien zählt zu jenen Nachbarländern, die zu Österreich besonders freundschaftliche Beziehungen pflegen. Ungelöste Fragen wie die der Ortstafeln in Kärnten oder Vermögensentschädigungen konnten diese Beziehungen bislang nicht wirklich stören. Irritiert wurden sie erst kürzlich, als sich Nationalratspräsident Andreas Khol weigerte, mit slowenischen Parlamentariern über den Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrags, der die Rechte der slowenischen Minderheit statuiert, zu diskutieren. Begründung Khols: Slowenien sei nicht offizielle Schutzmacht der Kärntner Slowenen, da es
Am 7. Dezember wird die nächste PISA-Studie, ein europaweiter Vergleich der Bildungsstandards, vorliegen, und alles deutet darauf hin, dass Österreich nicht im Spitzenfeld landet. Die zuständige Ministerin sieht schon jetzt keinen Grund zur "nationalen Depression", die Opposition fordert ihren Rücktritt. Dieses traditionelle Polit-Hick-Hack erstickt jede ernsthafte Debatte im Keim.Schon bei der Gründung der Republik war die Schule ein so heiß umkämpftes Terrain, dass Christlich-Soziale und Sozialdemokraten für Schulgesetze eine Zweidrittelmehrheit vorsahen und damit jede grundlegende
Sage noch einer, die europäischen Institutionen seien nicht lernfähig. Die Ablehnung des italienischen Kommissars Rocco Buttiglione, der für Innen- und Justizpolitik der EU-Kommission vorgesehen war, durch das europäische Parlament und der Rückzieher von Kommissionspräsident Barroso ist ein Meilenstein für die Weiterentwicklung der politischen Union.Die Äußerungen des Italieners, der außerdem noch Berater des Papstes ist, zu den Fragen Homosexualität und Frauenberufstätigkeit wurden zunächst ja von der Fraktion der Konservativen im Parlament als "durchaus tolerabel innerhalb der
"Die Mythen, die es wert sind, weitererzählt zu werden" - dieses Motto für das Jubiläumsjahr 2005 schlug Konrad Paul Liessmann bei einem der "philosophischen Mittagessen" des Bundeskanzlers vor.Österreich als traditionelles Asylland mit internationaler Reputation gehört für Wolfgang Schüssel nicht zu den erzählenswerten Mythen. Im Gegenteil: Österreich, das in der Zeit des Kalten Kriegs Tausende Ungarn, Tschechen und Polen aufgenommen hat, soll laut Kanzler-Ansage "sein Asylrecht verschärfen" und möglichst wenige Asylwerber aufnehmen - wobei Asylwerber in einem Atemzug mit
Christoph Matznetter ist Respekt zu zollen. Mit der Präsentation seines Wirtschaftsprogramms hat er erstmals versucht, einen wirtschaftspolitischen Paradigmenwechsel zur Diskussion zu stellen. Auch wenn der Zeitpunkt - einen Tag vor der Sondersitzung des Parlaments in Sachen Karl-Heinz Grasser - keine taktische und die Präsentation keine kommunikatorische Meisterleistung war, bleibt der Diskussionsanstoß verdienstvoll.Die meisten Zeitungen haben den Vorstoß Matznetters mit der Etikettierung "Steinzeitsozialismus", "Dann lieber Schwarz-Blau" in Grund und Boden verdammt, ohne auf die
Das musste ja kommen. In einer Zeit, in der die Kirche - nicht nur in Österreich, sondern weltweit - geschüttelt wird von Skandalen um Kinderpornografie und Homosexualität unter Missbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen, behandelt die Glaubenskongregation die Rolle der Frau und die Frauenbewegung. Ein(e) antiklerikale(r) Schelm(in), wer Böses dabei denkt, etwa ein Ablenkungsmanöver vermutet.Statt ein grundlegendes Dokument zu Sexualität und neuem Frauenverständnis vorzulegen, polemisiert Rom gegen die Frauenbewegung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft - unter Rückgriff auf
Die ersten Wahlen in der erweiterten Europäischen Union der 25 - und nicht einmal die Hälfte der Wähler (44 Prozent) nehmen daran teil. Sind die Europäer nicht europareif, sind sie europamüde oder ist die Wählerabstinenz das Zeichen einer tieferen Krise? Zunächst ist die geringe Wahlbeteiligung wohl primär ein Zeichen für die unterentwickelte Demokratie der EU. Das Parlament hat bisher nur geringe Entscheidungskompetenzen gehabt; die großen Fragen, die allgemeine Ausrichtung der Politik und die Verteilung des Geldes, wurden anderswo, im Rat und in der Kommission, entschieden. Die
Mit einer ihrer üblichen Kampagnen ist es der größten Tageszeitung des Landes bei der EU-Wahl gelungen, die öffentliche Meinung von den wichtigen politischen Themen abzulenken. An einem historischen Wendepunkt des europäischen Integrationsprozesses beschäftigt sich Österreich mit "Spesenrittertum" im EU-Parlament und mit dem Beitritt der Türkei zur EU.Zu den Appellen an die Neidgenossenschaft und der Beschwörung einer "türkischen Gefahr" kommen nationale Parolen wie "Österreich stark vertreten" - als ob es im Europäischen Parlament um die Vertretung nationaler Interessen ginge und
Das "Waffenstillstandsangebot" der El Kaida ist zurecht auf empörte Ablehnung gestoßen. Mit terroristischen Mörderbanden kann die zivilisierte Welt nicht in Verhandlungen eintreten. Dennoch muss die Frage gestellt werden, welche Alternativen es zur Politik der USA im Irak und der Israels gegenüber den Palästinensern gibt. Zwischen falschen Friedensangeboten und falschen Kriegsstrategien muss Europa einen "dritten Weg" suchen. Wichtigstes Ziel ist die Einschaltung der UNO. Noch wichtiger scheint der Dialog mit dem Islam, auf theoretischer und praktischer Ebene.Es gibt Gesprächszirkel -
Februar 2000 - die schwarz-blaue Regierung wird angelobt und Heinz Fischer schreibt minutiös an seinem Tagebuch zur politischen Wende.Wäre Heinz Fischer schon vor Jahresende zum Präsidentschaftskandidaten der SPÖ gekürt worden, seine Bilanz über die "Wende" hätte nicht ausgewogener, zurückhaltender, objektiver ausfallen können als in seinem Buch "Wende Zeiten". Böse Zungen behaupten ja, er habe auch schon den ersten Band seiner politischen Erinnerungen, "Reflexionen", im Hinblick auf seine Präsidentschaftskandidatur geschrieben, anders sei die quasi-offiziöse Darstellung und die
Die VOEST macht's möglich: Das neoliberale Dogma des Alles-und-um-jeden-Preis-Privatisierens gerät ins Wanken. Die Wähler in Oberösterreich signalisierten der schwarz-blauen Koalition in Wien, aber auch ihrem Landeshauptmann, dass das Dogma vom notwendigen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft, aber auch aus Gesundheit, Bildung, Pensionssystem, Kultur und langfristig allen öffentlichen Dienstleistungen nicht mehr länger unkritisch hingenommen wird.Natürlich werden Leitartikler des Neoliberalismus zur Rechten wie zur Linken wieder in erhöhter Stimmlage predigen, dass hier
Friedrich Heer, der mit seinem "Gespräch der Feinde" vor allen anderen für den Dialog der Kulturen und Ideologien plädierte, saß zwischen allen Stühlen.Erinnerung an einen ungeliebten Propheten.A ls Friedrich Heer für das westliche Europa schon längst ein großer konservativer Kulturhistoriker war, anerkannt von Martin Buber bis Arnold Toynbee, galt er in Österreich noch immer als "Kryptokommunist" und gefährlicher Verführer der akademischen Jugend. So verbiestert - restaurativ war das intellektuelle Klima in den späten 50er und frühen 60er Jahren in Wien, dass Heer eine
Kinder, Kinder!Wird in Österreich - endlich - einmal eine Grundsatzdiskussion begonnen, bilden sich mit Sicherheit falsche Fronten. Natürlich war Elisabeth Gehrers Jugendbeschimpfung von realer Jugendproblematik so weit entfernt wie Handarbeitslehrerinnen von moderner Informationstechnologie. Aber ebenso simpel gestrickt waren die Argumente der Opposition. Die "Frauen zurück an den Herd"-Keule kennen wir schon aus der Kindergeld-Debatte, wo sie ebenso falsch war wie bei der aktuellen Wertediskussion.Denn bei aller Simplifizierung steckt ein realer Kern in der Gehrer-Argumentation: Der
Alfred Gusenbauer hat jüngst erklärt, dass er die Ausgrenzungspolitik gegenüber Haider für einen strategischen Fehler halte. Auch wenn man dieser Ansicht zustimmt, ist sie doch gründlicherer Diskussion wert. Sie desavouiert ja nicht nur Franz Vranitzky, sie desavouiert die ganze Sozialdemokratie, die die FPÖ seit l986 zur faschistischen Gefahr dämonisiert hat.Sachliche Übereinstimmun- gen jetzt als Grund für den Strategiewechsel anzuführen, wirkt wenig glaubwürdig; solche hätte es in der Vergangenheit bei etlichen Haiderschen Reformvorschlägen gegeben. Und dass sich die FPÖ
Seit nunmehr fast zehn Jahren suggerieren uns die Weisen aus Brüssel, dass Politik aus Sparen besteht. Dahinter steht das Leitbild vom Rückzug des Staates, der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und damit der Abbau des Sozialstaatsmodells.Zuzugeben ist, dass dieser Sozialstaat in manchen Bereichen zu Fehlentwicklungen geführt hat: Privilegien, Doppelbezüge, Missbrauch von Sozialleistungen müssen abgestellt werden. Aber die Grundsätze des europäischen Modells wollen wir nicht aufgeben. Deshalb halten wir am Prinzip der Solidarität zwischen den Generationen fest, d. h. am
Dass Wolfgang Schüssel sich Jörg Haider beugen und widerwillig die Einladung des Bundespräsidenten zu einem Runden Tisch akzeptieren muss, entbehrt nicht der politischen Ironie. Schüssel hatte geglaubt, mit der Pensionsreform vier Fliegen auf einen Schlag zu treffen: mit einem Gewaltstreich seine Reform vor dem Sommer durchziehen, damit seinen Finanzminister vor einem Desaster retten, möglichst unbemerkt Abfangjäger ankaufen und den Gewerkschaften, wie einst Maggie Thatcher, den Todesstreich versetzen. Schüssel als tapferes Schneiderlein, allerdings ohne Wundergürtel.Wer die notwendige
Am 16. April in Athen fand jenes lange erwartete Ereignis statt, das heute immer öfter die "Wiedervereinigung Europas" und nur mehr selten, wie ursprünglich, "Osterweiterung der EU" genannt wird. Aber die Euphorie ist nicht ungetrübt. Der Irak-Krieg hat gezeigt, mit welch geringem Aufwand die USA es schafften, einen Keil zwischen das "alte" und das "neue Europa" zu treiben.Die schönen Reden, wonach sich Europa auf gemeinsame Traditionen gründet - Antike, Judentum und Christentum, Aufklärung -, werden nicht genügen, um eine neue Teilung in Europa zu verhindern. Auch die Bildung neuer
Der voraussichtliche Alleingang von George W. Bush im Irak, unterstützt nur vom treuesten Verbündeten Tony Blair, wird etliche Kommentatoren wieder zur üblichen Schelte der UNO motivieren. Überbürokratisiert und unterfinanziert, könne sie die 1945 von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs festgelegte Aufgabe der internationalen Friedenssicherung nicht erfüllen.Die Wahrheit sieht anders aus. Die UNO ist nicht durch ihre Bürokratie geschwächt, sondern durch den Zerfall der Nachkriegsordnung im Jahr 1989. Der Wegfall der Sowjetunion verführte die USA zur "Arroganz der Macht", wie
Wolfgang Schüssel, der begabteste Taktiker der österreichischen Politszene, hat sich selbst ausgetrickst. Den größten Trumpf, die schwarz-grüne Karte, konnte er nicht ausspielen. Die publicityträchtige Chance einer Europa-Premiere wurde damit vertan. Die ÖVP hatte geglaubt, dass es die Grünen billig geben würden: ein bisschen Klimaschutz, ein bisschen Migrationspolitik, ein bisschen Ökosteuern. Das war selbst dem regierungswilligen Van der Bellen zu wenig. In der Wirtschafts- und Sozialpolitik (Stichwort Pensionsreform und Ankurbelung der Beschäftigung durch öffentliche
Wolfgang Schüssel, der begabteste Taktiker der österreichischen Politszene, hat sich selbst ausgetrickst. Den größten Trumpf, die schwarz-grüne Karte, konnte er nicht ausspielen. Die publicityträchtige Chance einer Europa-Premiere wurde damit vertan. Die ÖVP hatte geglaubt, dass es die Grünen billig geben würden: ein bisschen Klimaschutz, ein bisschen Migrationspolitik, ein bisschen Ökosteuern. Das war selbst dem regierungswilligen Van der Bellen zu wenig. In der Wirtschafts- und Sozialpolitik (Stichwort Pensionsreform und Ankurbelung der Beschäftigung durch öffentliche
Je lauter das Kriegsgerassel rund um den Irak wird, umso stiller werden Österreichs Politiker. Bei nahenden Kriegen, so die Erfahrung, steigt der Kurswert der Neutralität; deren Vulgärvariante heißt: "Heraushalten aus allen Konflikten - nur nicht Stellung nehmen!"Sowohl rationale Analyse als auch moralische Bewertung werden offenkundig in allen Parteien als Gefährdung der Neutralität gewertet. Wer den drohenden Krieg verurteilt, kommt hierzulande außerdem schnell in den Geruch des "Antiamerikanismus", eine für politische und publizistische Karrieren geradezu tödliche Gefahr. Die
"Von Österreich wird auf Grund seiner geografischen Lage im Mittelpunkt des Geschehens, aus dem das neue Europa entsteht, wie auch auf Grund seiner geschichtlichen Erfahrung ein besonderer Beitrag zum gesamteuropäischen Einigungsprozess erwartet." So formulierte die EU-Kommission 1994 ihre Erwartungen an das neue Mitgliedsland.Beim Gipfel in Kopenhagen hat Österreich eine eher klägliche Rolle gespielt. Statt das in vielen Bereichen positive Engagement für den Wiederaufbau von Demokratie und Marktwirtschaft in Mittel- und Osteuropa in den Vordergrund zu stellen, ließen sich Schüssel und
Für jede Opposition sind die aktuellen Schlamassel von Schwarz-Blau (Gaugg, Stadler, Steuerreform) ein gefundenes Fressen. Die einst führende SPÖ kann daraus allerdings kaum Kapital schlagen. Sie stagniert seit Monaten in den Umfragen. Und daran ist nicht nur Gusenbauers "fehlendes Charisma" (Helmut Zilk) und das immer noch nicht ans Licht tretende Schattenkabinett schuld. Die Gründe liegen tiefer: Die SPÖ hält Schwarz-Blau noch immer für einen Betriebsunfall, der mit Antifa-Parolen zu reparieren ist. Sie glaubt weiterhin, an die Ära Vranitzky-Klima anknüpfen zu können, ohne die
Während unter der dänischen Präsidentschaft die Verhandlungen mit zehn kommenden EU-Staaten in die letzte Runde gehen, ist es in Österreich verdächtig ruhig geworden. Die "Österreich-Plattform", im April 2001 gegründet, um die "Osterweiterung" in der Bevölkerung zu propagieren, hat nach zwei Veranstaltungen kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben. Sie wurde offenkundig stillgelegt, um den Sprengstoff zwischen Schwarz und Blau nicht vorzeitig, will heißen nicht vor dem Wahlkampf, explodieren zu lassen.Die FPÖ macht ja kein Hehl daraus, dass sie ihren Wahlkampf mit
Ein neues Gespenst geht um in Europa. Der Rechtspopulismus hat in fast allen europäischen Ländern massiven Auftrieb - und so gut wie überall zulasten der Sozialdemokraten. "Wer ist schuld an dieser Entwicklung?" fragen sich allerorten die Kommentatoren.Am einfachsten machen es sich die, die den Anstieg rechtspopulistischer Wähler auf die "nichtbewältigte Vergangenheit" schieben (besonders beliebtes Modell in Österreich). Das zweite Erklärungsmuster arbeitet mit der Korruptionsanfälligkeit der traditionellen Eliten, das dritte mit der Ideenlosigkeit der herkömmlichen Parteien, die
Der 11.September 2001 hätte für den israelisch-palästinensischen Konflikt eine Wende bedeuten können. George Bush hatte unter dem Schock des Twintower-Einsturzes die rasche Errichtung eines palästinensischen Staates gefordert, um zumindest in dieser Region dem Terror den Boden zu entziehen. Doch Israels Präsident Sharon widersetzte sich der Forderung und versuchte die Amerikaner vom Krieg gegen den Terror zu überzeugen.Die Selbstmordattentate der palästinensischen Terrororganisationen konnten durch den Krieg nicht gestoppt werden, im Gegenteil, ihre Häufigkeit forderte immer mehr
Österreich, das mit seinen 730.000 offiziell registrierten Ausländern eine der höchsten Zuwanderungsquoten in Europa aufweist, hat nach einer aktuellen eu-Untersuchung bis jetzt die geringsten Anstrengungen zur Integration unternommen. Nach wie vor wollen die regierenden Parteien nicht zur Kenntnis nehmen, dass Österreich zum Einwanderungsland geworden ist. Der vorliegende Gesetzesentwurf für einen "Integrationsvertrag" wird an dieser Position Österreichs als "Schlusslicht der Integration" kaum etwas ändern.Dass verpflichtende Deutschkurse für Ausländer eingeführt werden, ist noch
Zur Mitte der Regierungszeit hat die FPÖ angekündigt, die Osterweiterung der EU zum kommenden Wahlkampfthema zu machen. Ein glatter Bruch des Koalitionsabkommens, in dessen Präambel das Bekenntnis beider Regierungsparteien zur Osterweiterung festgeschrieben wurde. Eine Politik, die von der Kronen Zeitung durch permanente Kampagnen unterstützt wird - Temelín war der Anfang, die Serie zur Vertreibung der Sudetendeutschen die konsequente Fortsetzung. Um weitere Anti-EU-Themen braucht einem nicht bange zu sein - schon moniert der Finanzminister die zu hohen Kosten, auch AVNOJ-Dekrete und
Kennen Sie die Herren Achatz, Windholz und Kabas? Die drei FPÖ-Obmänner von Oberösterreich, Niederösterreich und Wien sind die Organisatoren des Anti-Temelín-Volksbegehrens, das eigentlich ein Anti-Tschechien-Volksbegehren ist?Die direkte Demokratie wird hier in mehrfacher Weise missbraucht: Die FPÖ bedient sich des Themas Umweltschutz, um ihre schwindenden Wähler in einem Zwischenwahlkampf zu mobilisieren. Die Kronen Zeitung übernimmt die Patronanz des blauen Begehrens und inszeniert, nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel, die größte Kampagne seit der "Schlacht um Hainburg".
Immer schon war der ORF ein Brennglas, in dem sich das politische Kräftespiel des Landes konzentriert. Jede massive politische Veränderung, ob ÖVP-Alleinregierung oder Kreisky-Ära, wurde von einem Umbau des ORF begleitet. Die bei jedem neuen Gesetz angekündigte "Entpolitisierung" des ORF führte bisher zu nichts anderem als zu einer Anpassung der Machtverhältnisse im ORF an jene außerhalb des ORF.Die schwarz-blaue Koalition steht daher wegen eines neuen Gesetzes noch nicht unter Putschverdacht, auch wenn noch jedes ORF-Gesetz als Putschversuch dargestellt wurde. Es gibt gute Gründe,
Das publizistische Trommelfeuer, das die Kronen Zeitung derzeit für ein Veto gegen den EU-Beitritt Tschechiens startet, sollte alle Demokraten alarmieren. Hier wird nicht nur berechtigterweise vor den Gefahren eines grenznahen Atomkraftwerks gewarnt, hier wird die österreichische Politik auf einen gefährlichen, isolationistischen Kurs eingeschworen.Dass die FPÖ in totalem Gleichklang mit Cato und Co agiert, nimmt nicht weiter wunder; Jörg Haider war von Anfang an, seit 1986, der politische Ziehsohn Hans Dichands. Die Krone-Unterstützung für das Anti-Temelín-Volksbegehren in
Der Krieg, den Amerikaner und Briten in Afghanistan führen, ist in jener Sackgasse gelandet, die militärische Experten prophezeit haben. Die Taliban erweisen sich als zähe Gegner, die Amerikaner produzieren die erwarteten Kollateralschäden, sprich hunderte zivile Tote, potenzielle Hoffnungsträger werden von den Taliban kaltblütig liquidiert. Der nahende Winter droht zu einem Massensterben von Frauen, Kindern und Alten zu führen.Die westlichen Verbündeten der USA schweigen in Loyalität. Wer Alternativen zum Krieg fordert, gerät in den Verdacht des "Verrats" und der Komplizenschaft mit
Der Friedensnobelpreis für die UNO und Generalsekretär Kofi Annan könnte ein Zeichen der Hoffnung sein: der Hoffnung, dass die UNO in der seit 40 Jahren wahrscheinlich gefährlichsten Krise einen dritten Weltkrieg verhindert.Einige Anzeichen sprechen dafür, dass die USA ihre Verachtung der UNO aufgeben. Die Nachzahlung ihrer Mitgliedsbeiträge, die Suche einer Koalition mit Russland und China, die Einbindung sogenannter "Schurkenstaaten", die Versuche, die Militärschläge gegen Afghanistan völkerrechtlich zu legitimieren, machen Hoffnung, dass aus der momentanen Krise kein Weltenbrand
Wer erinnert sich noch an die "neue Weltordnung", die George Bush, der Vater des heutigen US-Präsidenten, im Golfkrieg herbeibomben wollte? Statt einer neuen Weltordnung entstand seit 1991 eine "neue Weltunordnung", die sich durch das immer weitere Auseinanderklaffen der Schere zwischen reichen und armen Ländern auszeichnet.Führende wirtschaftliche und politische Zirkel hatten in den Jahren seit dem Zusammenbruch des Kommunismus die Idee vertreten, Liberalisierung und Globalisierung könnten jede Form von Entwicklungshilfe und Entwicklungszusammenarbeit überflüssig machen. Die
Der "schwarze Dienstag", der 11. September, hat die Welt verändert. Mit dem Terroranschlag von Manhattan droht die westliche Welt in tiefe Konfusion zu geraten. "Es ist Zeit, dass wir den ersten Krieg des 21. Jahrhunderts gewinnen", kündigte US -Präsident Bush an und ließ sich vom Senat zu "notwendigen und geeigneten Maßnahmen" ermächtigen, um gegen den internationalen Terrorismus vorzugehen. Die Nato gab eine Beistandserklärung ab. 84 Prozent der Amerikaner plädieren für einen militärischen Vergeltungsschlag. "Verbal sind die USA auf Kriegskurs" verlautete das Erste deutsche
Dass die FPÖ rechtzeitig vor Beginn der ÖGB-Urabstimmung ihre Postgewerkschaftsbombe gezündet hat, war zu erwarten. Zu gut passen die dortigen Missstände ins FPÖ-Feindbild "Gewerkschaft". Ein schlimmerer Feind der Gewerkschaft als die FPÖ ist nur der ÖGB selbst. Bis heute hat er nichts von den Dimensionen der Krise verstanden, in die er seit den Achtzigern geschlittert ist. Eine Krise, die nicht mit der jetzigen Regierung zusammenhängt, sondern mit den wirtschaftlichen und politischen Umbrüchen in Europa und weltweit."New Economy" und neue Arbeitswelt, Neoliberalismus, Globalisierung
Der Vorstoß Christoph Chorherrs, die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen, hat ein Thema von europäischer Tragweite auf die Tagesordnung der Innenpolitik gebracht. Allerdings droht es derzeit im kleinkarierten Parteien-Hick-Hack gleich wieder unterzugehen. Zunächst verwendet der Wiener Grünenchef ein unsinniges Argument gegen das derzeitige Pflichtheer: Das Heer mag keine "Schule der Demokratie" sein, es als "demokratiepolitische Katastrophe" zu bezeichnen, ist schlichte Polemik.Die SPÖ reagiert auf Chorherrs Vorschlag mit einer Reduktion der Wehrpflicht auf fünf Monate, womit sie die
Wieder einmal startet die FPÖ ein Volksbegehren. Diesmal wollen die Landesparteien von Wien, Niederösterreich und Oberösterreich mit einem Volksbegehren die Bundesregierung zwingen, den Beitritt Tschechiens zu blockieren, falls Temelín nicht stillgelegt wird. Gleichzeitig kündigt Jörg Haider an, es werde keine Osterweiterung geben, wenn Brüssel die bestehende Grenzlandförderung nicht "ausreichend" aufstockte. Und schließlich ist auch noch Susanne Riess-Passers Androhung einer Volksbefragung über die Beitrittskandidaten in Erinnerung.Unter dem Deckmantel der direkten Demokratie hat
Der Sticker "SOS Demokratie", den die sozialistische Fraktion im Parlament trug, macht sich gut im Fernsehen. Aktionismus verlangen die Medien, keine Konzepte, meint die SPÖ, und betreibt weiterhin Fundamentalopposition.Aktionismus pur war auch die Demonstration des ÖGB, der ursprünglich sogar mit Generalstreik gedroht hatte. Hans Sallmutter im roten Hemd und Klassenkämpfer-Pose ist ebenso unglaubwürdig wie Anton Benyas rührseliges "Wir kommen wieder" (die Parole der verbotenen Sozialisten im Ständestaat), als ob derzeit der Austrofaschismus an der Macht wäre.Auch dass Sallmutter
Irland als vormals ärmstes der EU-Länder hat von der EU am meisten profitiert, mehr noch als Spanien, Portugal und Griechenland. Man sollte meinen, die Iren seien aus diesen Gründen begeisterte Europäer, die die rasche Erweiterung der EU begrüßen. Die Volksabstimmung am 7. Juni hat das Gegenteil bewiesen.Der nationale Egoismus ist auf dem Vormarsch - nicht nur in Irland. Nationale Egoismen prägten schon das Machtgerangel zwischen Frankreich und Deutschland, das den Vertrag von Nizza, die Basis für die Osterweiterung der EU, zum Flickwerk werden ließ.Während das integrierte Westeuropa
Kurzfristig hatte man ihn schon abgeschrieben. Aber Silvio Berlusconi ist an die Macht zurückgekehrt. Der Eigentümer von drei Fernsehkanälen, der Aktieninhaber mehrerer Verlagsgruppen, der außerdem an mehreren Bank-, Finanz- und Bauunternehmen die Mehrheit hält, hat mit seiner "Forza Italia" eine neue Art von rechtspopulistischer Partei geschaffen. Gleichzeitig will er das politische System reformieren: Er sieht sich als eine Art Napoleon, der die "Revolution" beenden will. Gemeint sind damit in Italien die Kommunisten und überhaupt alles, was noch als "links" firmiert wie zum Beispiel
Jeder sechste Österreicher ist außerhalb der heutigen Grenzen Österreichs geboren. Und fast 10 Prozent der heute hier Lebenden sind nach der Staatsbürgerschaft Ausländer. Österreich ist seit 1945 zum Einwanderungsland geworden. Dies zuzugeben, ist noch immer ein Tabu. Nur fallweise wird dieses Tabu durchbrochen.Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts prognostizierte einen Bedarf an 165.000 zusätzlichen Arbeitskräften bis 2005, der nur zum Teil durch sozialpolitische Maßnahmen im Inland gedeckt werden kann. Zumindest 35.000 Arbeitskräfte müssten aus dem Ausland geholt werden.
Österreich hat sich also - wie in der EU fast schon üblich - gemeinsam mit Deutschland durchgesetzt: Es darf längere Übergangsfristen für die Freigabe des Arbeitsmarktes beschließen als die gesamte übrige EU. Angesichts seiner geographischen Nähe zu den Beitrittsländern ist dies zwar verständlich. Dennoch ist es das Gegenteil dessen, was die offizielle Politik 1989 angekündigt hatte. Österreich, so hatte es damals geheißen, werde die Andockstelle und der hilfreiche Partner für die Nachbarn sein, um ihnen einen raschen Beitritt zur EU zu ermöglichen. Seither wurde Österreich vom
Wenn die FPÖ weiterhin eine erfolgreiche politische Kraft sein will, muss sie wieder eine Politik mit Herz machen", so Jörg Haiders Kommentar zur Wahlniederlage in Wien, der dritten Niederlage bei Landtagswahlen seit dem Einstieg der Partei in die schwarz-blaue Koalition. Optimisten meinen zwar, die Wahlniederlage sei auf Haiders antisemitische Ausrutscher und die darauffolgende Mobilisierung der Sozialisten zurückzuführen. Die Wahrheit dürfte weniger freundlich ausschauen.Der "Gemeindebau", Symbol aller positiven Traditionen der Sozialdemokratie, wohl aber auch ihres Niedergangs in den
Jörg Haiders Aschermittwochrede sorgt weiterhin für Aufregungen. Natürlich war diese Rede eine kalkulierte Spekulation auf den gar nicht so latenten Antisemitismus, den es in Österreich, wie übrigens in den meisten europäischen Ländern, noch immer gibt. Der Rülpser aus dem Bierzelt droht nicht nur die positive Lösung der Zwangsarbeiterentschädigung und der Restitution "arisierten" Vermögens zu überdecken, er war offenkundig geradezu darauf angelegt, anhand dieses Themas den antisemitischen Bodensatz aufzukochen.Wolfgang Schüssel wäre gut beraten gewesen, auf diese Zusammenhänge
Ein neues Rundfunkgesetz, das den ORF reformieren und Privatfernsehen zulassen soll, steht auf der Agenda der Koalition. Das macht die potenziellen Betreiber eines privaten Fernsehkanals offensichtlich so nervös, dass sie sogar die einstmals linke Forderung nach einem "Bürgerfernsehen" übernehmen und mit einem Volksbegehren drohen, falls ihnen nicht der erste Fernsehkanal überlassen wird.Dies war ja der ursprüngliche, von der SPÖ unterstützte, von Generalintendant Zeiler strukturell umgesetzte Plan: der erste ORF-Kanal wird kommerziell programmiert, um ihn für eine Übernahme durch die
Hans Sallmutter wird vom ÖGB zur Symbolfigur hochstilisiert, deren Absetzung den "Machtrausch" der schwarz-blauen Koalition demonstriert. Man droht mit "Mobilisierung", gar mit Streik, was allerdings einen Großteil der Arbeitnehmer kalt lässt - erinnert man sich doch daran, dass der ÖGB in weit gravierenderen Fragen - bei Sparpaketen oder Betriebsschließungen in der vergangenen Ära seinen "starken Arm" stets ruhen ließ.Statt für den Langzeit- und Multifunktionär Sallmutter in die Schlacht zu ziehen, täte der ÖGB besser daran, sich auf die wirklichen Absichten der FPÖ zu
Das Burgenland, lange Zeit als wirtschaftlicher und politischer Nachzügler verschrien, könnte durch die jüngsten Wahlen zum Vorreiter einer neuen politischen Konstellation werden. Das überraschende Wahlergebnis hat nicht nur alle Prognosen der Meinungsforscher über den Haufen geworfen, sondern auch das Augenmaß der Wähler bewiesen. Die Burgenländer haben weder die Vorverlegung der Wahlen, noch die überzogene Skandalisierungspolitik von ÖVP und FPÖ honoriert. Die kriminellen Machenschaften rund um die Bank Burgenland wurden nicht der Politik, sondern individuellen Gaunern
Wolfgang Schüssels Interview mit der Jerusalem Post hat für Aufregung gesorgt. Die Aussage, Österreich sei das erste Opfer Hitlers gewesen, sei sich aber auch seiner moralischen Verantwortung bewusst, wurde dem Kanzler als "Rückfall in die alte Lebenslüge" und "Rückschritt hinter die Erklärung Vranitzkys im israelischen Parlament" vorgeworfen.Die Empörung von roten und grünen Politikern beweist, dass Österreich trotz aller zeitgeschichtlichen Forschung, öffentlichen Debatten und TV-Sendungen kein gemeinsames Geschichtsverständnis, keine parteiübergreifende Sicht des Untergangs der
Polizei und Justiz sind die Schlüsselstellen des Rechtsstaates, wo sich Menschen- und Bürgerrechte zu bewähren haben oder wo sie versagen. Beide Systeme sind unter der neuen Regierung ins Gerede gekommen. Das bedeutet zwar keine Staatskrise, aber doch eine schwere Krise von Polizei und Justiz, die nicht zu vernachlässigen ist.Aus der Psychologie des Rechtsextremismus wissen wir, dass "Verrat" und "Treue" zu den Schlüsselbegriffen dieser Ideologie gehören. Wo immer Kritik auftaucht, ist der Kritiker ein Verräter und Nestbeschmutzer. Wo immer einer eine abweichende Meinung vertritt, muss
Jede Demokratie misst sich an der rechtlichen und faktischen Situation ihrer Minderheiten. In diesem Sinn war und ist die Lage der Kärntner Slowenen (aber natürlich auch die der burgenländischen Kroaten oder der Moslems) ein Gradmesser für den Zustand der österreichischen Demokratie.Der Kärntner Landeshauptmann trägt für diese Situation besondere Verantwortung, obwohl die rechtliche Regelung der Minderheitenfragen Bundes- und nicht Landessache ist. Die faktische Situation - das Klima im Land, das Ansehen und die Behandlung der Minderheit, der Geist, in dem Gesetze umgesetzt werden -
Der Bericht der Weisen macht's möglich: Österreich ändert seine Strategie gegenüber seinen Nachbarn in Mittel- und Südosteuropa. Agierte Österreich seit 1994 eher als Anhängsel der deutschen Außenpolitik, so beginnt sich seit den EU-Sanktionen Österreich endlich von Deutschland abzukoppeln. Mit der Erkenntnis, dass das neue Duumvirat Deutschland und Frankreich Österreich aus "Kerneuropa" hinauszudrängen droht, wechselt die Regierung ihren Kurs: weg von der Deutschland-Fixierung hin zu einer autonomen Rolle gegenüber den Nachbarn.Falsche Zungenschläge Richtung Tschechien und
Der Bericht der Weisen macht's möglich: Österreich ändert seine Strategie gegenüber seinen Nachbarn in Mittel- und Südosteuropa. Agierte Österreich seit 1994 eher als Anhängsel der deutschen Außenpolitik, so beginnt sich seit den EU-Sanktionen Österreich endlich von Deutschland abzukoppeln. Mit der Erkenntnis, dass das neue Duumvirat Deutschland und Frankreich Österreich aus "Kerneuropa" hinauszudrängen droht, wechselt die Regierung ihren Kurs: weg von der Deutschland-Fixierung hin zu einer autonomen Rolle gegenüber den Nachbarn.Falsche Zungenschläge Richtung Tschechien und
Die Gewalt von rechts, wie sie die jüngsten Vorfälle in Deutschland zeigen, alarmiert Europa. Dass Österreich diese beunruhigenden Entwicklungen primär dazu benutzt, um die internationale Aufmerksamkeit von sich auf andere zu lenken, ist ein weiteres Symptom dafür, dass dieses Land nicht nur seine Vergangenheit, sondern auch seine Gegenwart verdrängt.Zur Gegenwart gehört die Tatsache der Migration, die allen europäischen Ländern zu schaffen macht (man erinnere sich an die Menschenjagden in Spanien oder Italien). Sie wird in diesem sich einigenden Europa solange zunehmen, solange sich
Der Verkauf der Bank Austria an die bayrische Hypo-Vereinsbank hat massive symbolische Bedeutung. Österreich gibt seine größte Bank auf, die auf dem osteuropäischen Markt gut etabliert war, und verzichtet freiwillig darauf, in seinen Nachbarländern eine finanz- und wirtschaftspolitische Rolle zu spielen. Dass nicht nur über Arbeitsplätze, sondern auch über österreichische Exportförderung in München entschieden wird, ist noch gar nicht ins öffenliche Bewusstsein eingedrungen.Wer erinnert sich noch an die Argumente von 1997, als die Bank Austria die CA handstreichartig übernahm? Die
Wolfgang Schüssel hat in Brüssel erklärt, Österreich werde keine Veto-Politik betreiben und bekenne sich weiter zur Osterweiterung der EU. Dies ist - immerhin - eine eindeutige Abgrenzung von der FPÖ, für eine klare Positionierung Österreichs innerhalb der EU reicht dieses Minimalbekenntnis aber nicht aus.Man erinnere sich an 1994, als Thomas Klestil noch offensiv erklärte, Östereich verstehe sich als "Andockstelle" für die neuen Bewerber und werde seine Nachbarn kräftig unterstützen. Auch damals war die Osterweiterung zwar kein populäres Anliegen, aber ein paar Politiker hatten
Die Volksbefragung, Jörg Haiders "Königsidee", um die proeuropäische Stimmung im Land in eine Anti-EU-Stimmung umzudrehen, wird zum Prüfstein für Wolfgang Schüssels Führungskapazität. Die Vernünftigen im Land haben längst vor der Abhaltung einer Volksbefragung gewarnt, etliche dieser Vernünftigen finden sich noch immer in den Reihen der ÖVP - wie Erhard Busek, Christoph Leitl oder Heinrich Neisser.Wenn Politik laut Max Weber "ein starkes, langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich" ist, dann ist die Volksbefragung das Gegenteil von Politik: Hier
Die Regierung ist offenkundig noch immer entschlossen, die Volksbefragung, eine Idee Haiders, zum Thema EU-Maßnahmen durchzuführen. Dass Schüssel von ihr nicht ablässt, lässt in Sachen Autonomie der ÖVP tief blicken.Was soll eine Volksbefragung bringen? Natürlich sind die Maßnahmen der 14 eine "grundsätzliche Frage", in der das Volk mit Ja oder Nein entscheiden soll, wie es die Verfassung verlangt. Allerdings sind sie kein Thema, für das das österreichische Parlament zuständig ist, also ist auch die Volksbefragung höchstwahrscheinlich unzulässig.Zur juristischen Problematik kommt
Rücktritte, Parteiausschlüsse, Finanzprobleme und Intrigen - das ist üblicherweise der Anfang vom Ende einer Partei. Was das Liberale Forum in Wien derzeit seinen Wählern präsentiert, ist ein ziemlich kleinkariertes Trauerspiel. Die Auflösung des LIF ist traurig für die Demokratie, die von der Vielfalt der Meinungen lebt, und ernüchternd für alle, die Heide Schmidt vor sieben Jahren publizistische Rosen streuten - wohl auch in der Hoffnung, Jörg Haiders Aufstieg zu bremsen. Diese Hoffnung, die ihr Mentor Heinz Fischer in sie gesetzt hatte, hat Heide Schmidt bei aller Eloquenz und
Mit dem Slogan "Österreich - das Herz Europas" erzielte die große Koalition vor sechs Jahren ihren größten politischen Erfolg - eine Zweidrittelmehrheit für den EU-Beitritt. Seit diesem Referendum ist das "Herz Europas" von Rhythmusstörungen befallen.Die Verhängung der "Sanktionen der 14" hat Österreichs Politik aus dem Takt gebracht. Auch die jüngste Idee der Regierung, die EU mit einem Ultimatum unter Druck zu setzen und dann noch eine Volksbefragung anzukündigen, zeugt weder von außenpolitischem noch innenpolitischem Gespür. Die EU lässt sich nicht erpressen, und eine
Alfred Gusenbauers Erklärung im Parlament "Klarheit über die Vergangenheit - Basis für die Zukunft" ist nur scheinbar durch den neuerlich aufgerollten "Fall Gross" veranlaßt. Der wahre Auslöser ist die internationale Debatte um Österreichs Rolle in der NS-Zeit, die wir Jörg Haider und der Regierungsbeteiligung der FPÖ "verdanken".Der designierte SP-Vorsitzende Gusenbauer gedenkt offensichtlich Franz Vranitzkys Strategie der Ausgrenzung fortzusetzen, die Jörg Haider 20 Prozent Stimmenzuwachs binnen dreizehn Jahren verschaffte. Vranitzkys oft zitierte Erklärung im Parlament 1991 über
Wir müssen die öffentliche Meinung in unseren Ländern und in den Staaten, die sich um die Mitgliedschaft bemühen, beruhigen, sonst wird sich hundertmal wiederholen, was in Österreich geschehen ist", meinte jüngst Romano Prodi und warnte davor, daß Haiders Politik gegen die EU-Osterweiterung in ganz Europa Schule machen könnte.Die Angst vor rechtspopulistischen Parteien, die den europäischen Integrationsprozeß ins Wanken bringen und wieder die nationalistische Karte spielen, ist berechtigt. Sie ist auch der reale Kern hinter den ansonsten fragwürdigen EU-Sanktionen gegen Österreich.
Wer das Land kurz verlassen hat, erkennt Österreich kaum wieder. Polarisierung und Vereinfachung auf allen Seiten: "faschistische" Regierung gegen "kommunistische" Demonstranten, "Widerstand" gegen "Bürgerblock", der Krieg der Worte eskaliert, als wär's ein Stück vom Übertreibungskünstler Thomas Bernhard.Eine Regierung, die so tut, als genügte eine Charmeoffensive, um aus dem außenpolitischen Desaster herauszukommen und eine Opposition, die sich hinter Demonstranten verschanzt und klammheimlich über den Österreich-Boykott in Brüssel freut. Während es vor kurzem vor lauter Konsens
Nichts könnte den mentalen und moralischen Zustand der SPÖ deutlicher machen als drei Meldungen der letzten Tage: am Tag der Regierungserklärung der schwarzblauen Koalition weilt der Ex-Kanzler auf Urlaub, sein Geschäftsführer hat sich zu Frank Stronach, dem Gewerkschaftsfreund, verabschiedet, sein Pressesprecher zur "Kronen Zeitung".Die durch den Klima-Rückzug losgetretene Personaldebatte ersetzt die viel notwendigere Debatte über die Ursachen der laufenden Stimmenverluste. Seit Beginn der Ära Vranitzky hat die SPÖ fast ein Drittel ihrer Wähler verloren, ohne die dahinter stehenden
Die blau-schwarze Koalition hat schon vor ihrer formellen Ernennung mehr Staub aufgewirbelt als Waldheims Wahl 1986. Die massive Kritik einzelner Politiker der EU sollte in Österreich nicht leichtfertig vom Tisch gewischt werden. Eine Reaktion "Jetzt erst recht, was geht uns die EU an" wäre das Dümmste, was Österreich derzeit tun könnte. Die EU ist mehr als eine Wirtschaftsgemeinschaft, sie war von Anfang an eine Wertegemeinschaft, die Demokratie, Freiheit und Menschenrechte auf ihr Panier geschrieben hat.Die harten Worte gegenüber Österreich sind dennoch überzogen. Österreich ist
Österreich ist eine heimliche Monarchie. In der Hofburg sitzt der Regent und regiert mit der "Krone". Der Ersatzkaiser bestimmt die Regierungsform und läßt den Wähler so lange wählen, bis das "richtige", sprich ihm genehme, Wahlresultat herauskommt.Dieses Bild der österreichischen Politikwirklichkeit wirkt nur auf den ersten Blick als Karikatur, ein zweiter Blick auf die Verfassung zeigt, daß dem Bundespräsidenten tatsächlich weitreichende Kompetenzen zustehen, entsprechend dem autoritären Geist, der 1929 herrschte. Nach 1945 agierten die Bundespräsidenten eher zurückhaltend. Das
Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus". Der Artikel 1 der Bundesverfassung spricht nur vom Recht, nicht von der Macht. Die Macht, das war den Schöpfern der Verfassung klar, bleibt bei der Regierung. Volksbegehren und Volksabstimmung sind bis heute unterentwickelt, der Bürger, der Citoyen, kommt in der Verfassung überhaupt nicht vor. Der Bürger darf nur alle vier Jahre in einer Zelle sein Kreuzl machen.Der Bürger von heute ist aber ein anderer als der zu Kelsens Zeiten: Aktiver, gebildeter, mündiger, will er seine Macht nicht mehr zur Gänze an "die da
Zwei Monate nach den Wahlen sind die Entscheidungsträger der Republik so klug wie am Abend des 3. Oktober. Der Reigen der Sondierungsgespräche hat klar gemacht, daß ÖVP und FPÖ einander bei wichtigen Themen näherstehen als ÖVP und SPÖ. Das haben die Wähler auch schon vor der Wahl gewußt. Die FPÖ bekennt sich neuerdings zur Osterweiterung der EU und Haider entschuldigt sich - endlich - für Äußerungen zur NS-Ära, "die ihm zugeschrieben wurden" (Hintertürchen läßt er sich immer offen). Solche Haltungsänderungen wären allerdings vor der Wahl glaubwürdiger gewesen. Dasselbe
Schwer deutbar" sei der Wille des Wählers nach dem Wahlergebnis vom 3. Oktober, meinte der Bundespräsident. Ich denke, der Bundespräsident irrt. Die Botschaft der jüngsten Nationalratswahl ist durchaus nicht schwer zu entziffern.1. Der Wähler hat der SPÖ eine kräftige Abreibung verpaßt. Wenn die SPÖ diese Abreibung nicht versteht, das heißt, wenn sie sich weder auf die Oppositionsbank begibt, noch ihre führenden Köpfe auswechselt und über ihren politischen Kurs eine Debatte beginnt, wird das Ende dieser Partei fürchterlich sein.2. Die ÖVP wurde vom Wähler mit Nachsicht und
Ursprünglich war's ja nur ein Wahlkampfgag. Um von der Substanzlosigkeit der sonstigen Parolen abzulenken und den Absturz der SPÖ in letzter Minute abzubremsen, wurde das "Kabinett der besten Köpfe" erfunden. Derzeit könnte sich die Idee noch als Ausweg aus dem Regierungsdilemma erweisen.Die Idee ist auch sonst nicht ohne Reiz. Sie bestätigt zum einen, daß die SPÖ keineswegs "beste Köpfe" in Regierung und Parlament geschickt hat (ein Eingeständnis, das dem Noch-Bundesgeschäftsführer eher wider Willen entschlüpft sein dürfte). Die positive Aufnahme der Idee in der Öffentlichkeit
Seit 3. Oktober verfügt Österreich über drei annähernd gleich große Parteien. Damit sind alle Strategien der Ausgrenzung, und des Nicht-einmal-Ignorierens gescheitert. Wer den 13-jährigen Aufstieg einer rechtskonservativen Partei mit Vogel-Strauß-Politik beantwortet, wer die Haider-Themen nicht offensiv aufgreift, sondern seine Forderungen sukzessive erfüllt, weckt beim Wähler den Wunsch, vom Schmiedl zum Schmied zu wechseln.Ein Wechsel, der umso leichter fällt, je inhaltsleerer sich die rot-schwarze Koalition präsentiert. Seit den beiden Sparpaketen und einer halbherzigen
Über Initiative der Grünen soll das Parlament kurz vor Schluß dieser Legislaturperiode verurteilten Deserteuren der deutschen Wehrmacht Gerechtigkeit widerfahren lassen. Der Vorschlag, eine parlamentarische Kommission zur Rehabilitierung von Deserteuren einzurichten, hat in Österreich seltsame Reaktionen ausgelöst. "Bestürzt" zeigt sich der Präsident des Kameradschaftsbundes, Otto Keimel, der sich nicht scheut, regelmäßig am "Ulrichsbergtreffen" in Kärnten aufzutreten. Daß er sich von dortigen Auslassungen Jörg Haiders distanzierte, wurde nicht bekannt, hingegen fürchtet er jetzt,
Was blieb von 1989?" - unter diesem Titel zog eine hochkarätig besetzte internationale Konferenz, veranstaltet vom Institut für die Wissenschaft vom Menschen, in Wien Bilanz. "Nach dem Idealismus der samtenen Revolution herrscht nun wölfische Habgier", formulierte Adam Michnik, Mitbegründer der "Solidarno's'c" und heute Chefredakteur von Polens größter Tageszeitung. Die Chance, das seit Jalta zweigeteilte Europa wieder zusammenzuführen, war vor zehn Jahren Anlaß zu Optimismus und Euphorie. Im Hochgefühl der "samtenen Revolution" wurden die Zeiträume für die Transformation