Vereint und neu geteilt

Werbung
Werbung
Werbung

Am 16. April in Athen fand jenes lange erwartete Ereignis statt, das heute immer öfter die "Wiedervereinigung Europas" und nur mehr selten, wie ursprünglich, "Osterweiterung der EU" genannt wird. Aber die Euphorie ist nicht ungetrübt. Der Irak-Krieg hat gezeigt, mit welch geringem Aufwand die USA es schafften, einen Keil zwischen das "alte" und das "neue Europa" zu treiben.

Die schönen Reden, wonach sich Europa auf gemeinsame Traditionen gründet - Antike, Judentum und Christentum, Aufklärung -, werden nicht genügen, um eine neue Teilung in Europa zu verhindern. Auch die Bildung neuer "Achsen" wird den Einigungsprozess nicht vorantreiben, sondern eher erschweren. Bis jetzt hat die EU nur als Markt funktioniert: ein Markt, von dem der Westen mehr profitiert hat als der Osten; ein Markt, der bei den "neuen Europäern" zwar zehn Prozent "neue Reiche", aber noch viel mehr "neue Arme" produziert hat.

Wenn Europa politisch zusammenwachsen soll, muss nicht nur über gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik geredet, sondern auch über die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Vorstellungen entschieden werden. Behält die EU das nach 1945 aufgebaute Modell des sozialen Wohlfahrtsstaates bei - oder wird dieses Modell den amerikanischen Vorstellungen des von allen sozialen Schranken befreiten Kapitalismus geopfert? Entwickelt Europa neue Wege der Konfliktregelung - oder geht es den militärischen Weg der USA?

Wenn dieses so lange geteilte Europa zusammenwachsen soll, braucht es mehr als die Methoden der traditionellen Außenpolitik, es braucht verstärkte Diskussionen, gemeinsame Gesprächsforen, einen intensiven europäischen Dialog auf vielen Ebenen der Bürgergesellschaft.

Die Autorin war ORF-Journ listin und Dokumentarfilmerin.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung