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Die Katholische Aktion Österreich hat sich die Arbeit an einem europäischen Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger Europas vorgenommen. Ziel ist, dass Christinnen und Christen die Chancen und Herausforderungen der Europäischen Integration annehmen und mitgestalten. Durch eine eigene Diskussionsplattform im Internet soll der Dialog mit prominenten Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft und von Christen untereinander gefördert werden. An der Diskussion teilnehmen kann jeder/jede unter der Adresse www.kaoe.at

Einen Markt lieben?

von Franz Fischler

Den Frieden in Europa dauerhaft sichern: das war die Idee, die die Gründerväter des modernen Europa, Robert Schuman und Jean Monet angetrieben hat. Zunächst geschah das durch wirtschaftliche Integration. Allerdings hat schon Jacques Delors festgestellt, dass man sich in einen Binnenmarkt nicht verlieben kann. Er forderte daher zurecht dass man "Europa eine Seele einhauchen" müsse. Diese europäische Seele muss meiner Meinung nach von Toleranz und Solidarität geprägt sein.

Neben den gemeinsamen politischen Institutionen ist es gerade die Solidarität der reicheren EU-Regionen mit den ärmeren, die das Erfolgsmodell EU ausmacht. Durch die Umverteilung in Form von Regionalunterstützungen und Geldern zur ländlichen Entwicklung hilft sie seit vielen Jahren mit, benachteiligte Regionen zu entwickeln, dort Arbeitsplätze zu schaffen und damit den sozialen Frieden zu sichern. Aber nicht nur in den EU-Ländern selbst versuchen wir den christlichen Wert der Solidarität täglich umzusetzen, auch in der Entwicklungszusammenarbeit geht die EU mit gutem Beispiel voran und ist der mit Abstand größte Geber von Entwicklungshilfegeldern.

Neben der gelebten Solidarität ist die Subsidiarität ein wichtiges Element. Die Eigenständigkeit der Regionen, das Erleben von Europa in meiner eigenen Gemeinde, das Erkennen, dass Europa nicht im fernen Brüssel, sondern nur im eigenen Haus ein Erfolg werden kann, ist sehr wichtig. Solidarität und Toleranz, Subsidiarität und die auf ihr aufbauende regionale Entwicklung sind jene christlichen Werte, die den Erfolg von Europa in Zukunft sichern werden.

Der Autor ist EU-Kommissar für Landwirtschaft und Fischerei.

Angetrieben vom Geist

von maximilian Aichern

Die heutige Welt - in mancher Hinsicht zu einem riesigen Dorf zusammengewachsen - braucht den Geist der gemeinsamen Verantwortung, braucht echte Kommunikation, braucht ein weltweites Gemeinwohl, das niemanden ausschließt. Die Christen, berührt und angetrieben vom zusammenführenden Gottesgeist, müssen in besonderer Weise für einen Geist sorgen, der Mauern und Grenzen, der wirtschaftliche und soziale Trennwände, der Sprachen und Denkweisen überwindet.

Wir halten deshalb die Bemühungen um ein echtes, die Eigenwerte und Kulturen ehrfurchtsvoll achtendes gemeinsames Europa für sehr wichtig und engagieren uns als Christen vor allem darin, dass nicht wirtschaftliche Ziele, sondern die Menschen in ihrer gesamten Lebensqualität im Mittelpunkt dieses Zusammenschlusses stehen. Der Geist der Gemeinschaft zeigt sich in vielen weiteren Bereichen - als Geist der Solidarität zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen, zwischen Aktiven und Noch-nicht- bzw. Nicht-mehr-Aktiven, als Geist der guten Nachbarschaft, die Brücken über Einsamkeit und Hilflosigkeit zu schlagen vermag, als Geist der Versöhnung, wo Krisen im Leben des einzelnen wie von Gemeinschaften aufzuarbeiten sind.

Der Autor ist Linzer Diözesanbischof.

Kopf, nicht Geldbörsel

von Peter Mitterbauer

Die Erweiterung der EU ist eine Jahrhundertchance für die Kandidatenländer aber vor allem auch für Österreich. Ein größeres gemeinsames Europa bedeutet Mehrwert für uns alle.

Der Zugewinn durch die Erweiterung geht über ökonomische Faktoren - wie zusätzliches Wachstum und Wohlstand für Österreich und die Beitrittsländer - weit hinaus: Mehr Europa bedeutet auch mehr Kultur, mehr Frieden, mehr soziale Sicherheit. Ein größeres Europa wird weltpolitisch und auch in Fragen der Globalisierung mehr mitzusprechen haben.

Die Industriellenvereinigung ist eine jener - leider zu wenigen - Institutionen, die sich als klarer Befürworter in Fragen EU-Erweiterung versteht. Wir meinen, dass "Europa im Kopf und nicht im Geldbörsel beginnt". Es ist uns daher wichtig, zu einer Verbesserung der Stimmungslage und zu mehr "europäischem Bewusstein" in der Bevölkerung beizutragen.

Wir tun das auf zweifache Weise: Mit unserer neuen Kampagne "Europa wächst zusammen" möchten wir der Bevölkerung klare Informationen liefern, die Vorteile und Chancen der Erweiterung betonen und Ängste abbauen. Wir unterstützen - wie auch die Katholische Aktion Österreich - das Netzwerk "Stimmen für Europa", das sich an der Basis für mehr Europa- und Erweiterungsbewusstsein einsetzt.

Der Autor ist Präsident der Industriellenvereinigung.

aKirche/Staat

von Barbara Coudenhove-Kalergi

Ich wünsche mir den Beitrag der Katholischen Kirche vor allem auf den Gebieten soziale Gerechtigkeit und Überwindung nationaler Vorurteile, nicht aber - wie bei den bisherigen UN-Konferenzen über Bevölkerung, Frauen und Kinder - auf dem Gebiet der Fortpflanzungsethik und Sexualmoral. Hier sollte es bei der europäischen Tradition der strikten Trennung von Kirche und Staat bleiben.

Die Autorin ist Journalistin.

In die Mitte rücken

von Benita Ferrero-Waldner

Wir erleben derzeit einen atemberaubenden Wandel in Europa und in der Welt. Wir haben nach diesem Jahrhundert der Teilung und der großen Kriege die historische Chance, die Einheit Europas friedlich zu vollenden. Eine Vision zeichnet sich ab: Ein Europa, in dem alle Völker ihren Platz haben. Ein Europa des Friedens und der guten Nachbarschaften. Ein Europa der freien Bürgergesellschaften und des Wohlstandes. Ein Europa, das sich den Herausforderungen der Globalisierung stellt und seine Chancen in der Welt ergreift.

Dieses Europa zu verwirklichen, ist gerade für uns Österreicher, deren Wurzeln oft weit jenseits der heutigen Grenzen unseres Landes liegen, eine moralische Pflicht. Wir sollten Europa heute als gemeinsames Erbe begreifen, und dazu gehört Vielfalt: Vielfalt der Sprachen, Gebräuche und Lebensformen. In der Vielfalt unseres Kontinents liegt zugleich seine Stärke. Österreichs Aufgabe im Europa des 21. Jahrhunderts besteht für mich darin, ein offenes Europa zu schaffen - keine Festung! Österreichs Zukunft liegt in einem Europa, dessen Grenzen zu Linien der Begegnung werden, in dem Offenheit und gute Nachbarschaft selbstverständlich sind und in dem wir die "Grenzen in unseren Köpfen" überwunden haben. Damit erhalten wir im 21. Jahrhundert die Chance, unsere Heimat zu erhalten und eine größere zu gewinnen.

Wir sollten uns dessen bewusst sein, dass nur Freiheit und Toleranz die Welt sicherer machen. Diese müssen gegenüber allen Andersdenkenden gelten. Die Europäische Union hat sich als die wichtigste friedensstiftende Organisation in Europa erwiesen. Das war die Hoffnung, die am Beginn des europäischen Integrationsprozesses stand, und diese Hoffnung hat die EU nicht enttäuscht. Durch ihre Erweiterung wirkt diese Friedensdividende auch auf jene Hälfte Europas, die allzu lange durch einen Eisernen Vorhang von uns getrennt war. Österreich wird mit der Erweiterung der EU endlich genau dort zu liegen kommen, wo uns unsere Bundeshymne einordnet, nämlich im Herzen Europas: "Liegst dem Erdteil Du inmitten." Dabei ist es für Österreich wichtig, im Herzen Europas letztendlich eine eigenständige, starke Politik zu betreiben und den Pulsschlag Europas mitzubestimmen - ohne dabei aber Nachbarn zu verletzten, mit denen wir eine gemeinsame Zukunft haben.

Die Autorin ist die Außenministerin Österreichs.

Vorbehalte abbauen

von Christian Friesl

Fünfzehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wird die Option eingelöst, dass ein von historischen Trennlinien befreites und von Zusammengehörigkeit beseeltes neues Europa Gestalt annimmt. Schon ein bloßer Blick auf den Globus macht deutlich: Mit der ersten Etappe der Einbindung vormals kommunistischer Staaten wächst zusammen, was zusammengehört.

Eine erweiterte Europäische Union ist der beste Garant für Frieden in Europa. Die Friedenszone wird demnächst auf Länder ausgedehnt, von denen Österreich noch vor kurzem streng getrennt war. Die mittelosteuropäischen Länder waren immer ein aktiver Teil Europas. Die derzeitigen EU-Ostgrenzen sind ein Ergebnis der Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Erweiterung erhöht die sicherheitspolitische Bedeutung Europas in der Welt. Europa als ein solider politischer, wirtschaftlicher und kultureller Raum wird generell auf der weltpolitischen Bühne und auch in Fragen der Globalisierung stärkeres Gewicht haben.

Mit diesen und anderen guten Gründen für ein erweitertes Europa gilt es für ein "europäisches Bewusstsein" in der österreichischen Bevölkerung zu werben. Für meinen Geschmack ist Europa derzeit viel zu sehr Gegenstand parteipolitischen Hickhacks, immer wieder werden EU-Skepsis und Ängste geschürt anstatt die Vorteile und Chancen der Integration zu kommunizieren. Europa muss in den Kopf und in die Herzen der Menschen!

Warum macht sich die Katholische Aktion Österreich ein integriertes Europa so sehr zu ihrem Anliegen? Weil wir als Bewegung engagierter LaienchristInnen davon überzeugt sind, dass ein vereintes Europa Jahrhunderte alte Barrieren und Vorbehalte abbauen kann und ein dem Christentum zutiefst fremdes nationalistisches Denken überwinden hilft - zum Wohl aller.

Der Autor ist Präsident der Katholischen Aktion Österreich.

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