Aus ästhetischen Gründen schrieb er keine einzige Zeile, wie er in dem kurzen Essay „In eigener Sache“ zugab. Nach der ersten Freude über die eigenen Möglichkeiten, den ersten dichterischen Hervorbringungen, stellte er sich die existentielle Frage, für wen er schreibe, und weiter, ob er mit seinem Tun zur Erhellung des Lebenssinnes beitragen könne. Ohne Kierkegaard gelesen zu haben wußte er um die drei Möglichkeiten der Existenz: die ästhetische, die ethische und die religiöse. Nur bestand die Grundfrage für ihn nicht in irgendeiner Alternative, sondern — und hierin erwies er
Die Futurologen des Tübinger Wickert-Institutes erklären in einem „Report 85“, daß die düstere Stress-Zeit des XX. Jahrhunderts nur eine Episode der Weltentwicklung gewesen sei, vorübergehend wie Eiszeit oder Steinzeit, denn bis zum Jahrhundertwende werde man die Wirtschaft krisenfest regulieren, den durchschnittlichen Intelligenzquotienten steigern und als eine der wichtigsten Industrien die „Bildungsindustrie“ aufbauen können. Vergessen wurde bei solcher Voraussicht nur, daß viele Folgen der düsteren Stress- Zeit irreversibel bleiben, zum Beispiel die Zertrümmerung des
1924 schreibt Hofmannsthal über Kassners Werk: „Alles trägt das Gepräge einer höchst seltenen, von einem heroischen Glanz umwitterten Persönlichkeit“; ebenso 1929, kurz vor seinem eigenen Tode: „Eine spätere, wenngleich nicht ferne Zeit wird mit Staunen feststellen, daß von unserer nach neuen Inhalten und neuen Formen so begierigen Zeit so neue Inhalte in so neuen Formen unbeachtet bleiben konnten.“ 1966 schreibt ein japanischer Germanist aus Tokio: „Ich übersetzte Kassners ,Das physiognomische Weltbild“, das meine Sehweise tief beeinflußte. Mein Hauptinteresse liegt auf
Carl J. Burckhardt, der Schweller Gelehrte, Diplomat und Schriftsteller, hielt am 19. Mai Uber Einladung der Oesterreichischen Kulturvereinigung und des Forums des Burgtheaters im Akademietheater eine Rede über Friedrich Schiller,Ein großer Europäer und Freund Oesterreichs sprach in der Geburtsstunde einer neuen Existenz unseres Landes über den europäischen Begriff der Freiheit zu uns. Kaum ein anderer hätte mehr Befugnis dazu als dieser Humanist aus Basel, das ähnlich über dem Zusammenfluß mächtiger Blutströme Wache hält wie Wien. In Basel berühren romanische und germanische Welt
Aus dem erschütterten Weltgefühl des Expressionismus, jener „Menschheitsdämmerung’, in der Werfel sang: „Fremde sind wir auf der Erde alle”, aus einer Generation, die den scheinbar gesicherten Immanenz- und Fortschrittsraum des 19. Jahrhunderts verlassen mußte, um in die Höllen des ersten Weltkrieges zu stürzen, aus dieser von neuen, bisher unbekannten Schrecken geblendeten Jugend von 1918 kommt der österreichische Dichter, Maler und Volksbildner Rudolf Henz.„Alles Atmen ist Angst", so erklang damals auch seine Stimme, ekstatisch sucherisch, verzweifelt anklagend. In einem
Auf dem in der schwarzen Farbe der Trauer gehaltenen Leineneinband stehen die Buchstaben: e. m. Sie, die das allgemein bekannte und geachtete Signum des verstorbenen Herausgebers und Chefredakteurs der „Presse" waren, legitimieren auch das vorliegende Buch als dessen geistiges Eigentum. Adam Wandruszka hat in ihm eine Auswahl aus mehr als 800 Leitaufsätzen und Glossen, die sein Chef nach 1945 veröffentlicht hat, getroffen. Eine gelungene Auswahl, wie uns scheint. Denn was einmal im Andrang der Geschäfte und in der Hast jedes Redaktionsalltages geschrieben wurde, fügt sich hier, Blatt für Blatt, Artikel auf Artikel, zu einem scharf profilierten Porträt.