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e. m.

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Auf dem in der schwarzen Farbe der Trauer gehaltenen Leineneinband stehen die Buchstaben: e. m. Sie, die das allgemein bekannte und geachtete Signum des verstorbenen Herausgebers und Chefredakteurs der „Presse" waren, legitimieren auch das vorliegende Buch als dessen geistiges Eigentum. Adam Wandruszka hat in ihm eine Auswahl aus mehr als 800 Leitaufsätzen und Glossen, die sein Chef nach 1945 veröffentlicht hat, getroffen. Eine gelungene Auswahl, wie uns scheint. Denn was einmal im Andrang der Geschäfte und in der Hast jedes Redaktionsalltages geschrieben wurde, fügt sich hier, Blatt für Blatt, Artikel auf Artikel, zu einem scharf profilierten Porträt.

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Auf dem in der schwarzen Farbe der Trauer gehaltenen Leineneinband stehen die Buchstaben: e. m. Sie, die das allgemein bekannte und geachtete Signum des verstorbenen Herausgebers und Chefredakteurs der „Presse" waren, legitimieren auch das vorliegende Buch als dessen geistiges Eigentum. Adam Wandruszka hat in ihm eine Auswahl aus mehr als 800 Leitaufsätzen und Glossen, die sein Chef nach 1945 veröffentlicht hat, getroffen. Eine gelungene Auswahl, wie uns scheint. Denn was einmal im Andrang der Geschäfte und in der Hast jedes Redaktionsalltages geschrieben wurde, fügt sich hier, Blatt für Blatt, Artikel auf Artikel, zu einem scharf profilierten Porträt.

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So geschieht das eigentlich kaum Vorstellbare: aus den Ausschnitten schon langsam vergilbender Zeitungen entsteht vor uns eine Persönlichkeit, die ohne Zweifel in einer künftigen Geschichte des österreichischen Journalismus der Zweiten Republik einen besonderen Ehrenplatz einnehmen wird. Das nicht nur nie verleugnete, sondern stets betonte Bekenntnis zum altösterreichischen Erbe, könnte es kräftiger klingen als aus dem Artikel „Eine Kerze auf ein Grab"? Aber es ging dem Verstorbenen nicht nur um das Erbe, es ging vor allem um die Zukunft. Die Artikel, die in den harten Hungerwintern der ersten Nachkriegsjahre den Oesterreichern wieder Selbstvertrauen geben wollten (und wohl auch gaben), sind Legion. Eine kühle, aber deswegen nicht leidenschaftslose Betrachtung der einzelnen Phasen der Weltpolitik wechselt mit ihnen ab. Dazwischen stehen harte, aber nobel ausgefochtene Sträuße mit den Vorkämpfern einer staatlich regulierten und reglementierten Wirtschaft. Ernst Molden verfocht hier mit Ueberzeugung und Nachdruck die liberale Position. Welch grundlegend andere Voraussetzungen sein Liberalismus aber hatte als der seiner Vorgänger in der damals „Neuen Freien Presse", das zeigt deutlich nicht zuletzt der während des letzten Katholikentages verfaßte Aufsatz „Feuer vom Kahlenberg“.

Der Journalismus ist oft die Kunst des Tages, die Berühmtheit eines Tages genannt worden. Ein beunruhigendes Wort für jeden, der sich diesem Beruf ergeben hat. Drückt es doch seinem ganzen Wirken und Schaffen den Stempel kurzen Lebens, vergeblicher Mühen und Bemühungen auf. Doch das muß nicht sein. Gerade bei der Lektüre dieser Sammlung von Zeitungsaufsätzen, geschrieben in verschiedenen Jahren und aus verschiedenen Stimmungen heraus, gewinnen wir aufs neue die Gewißheit, daß gerade die Arbeit mit der Feder über die Stunde und den Tag hinaus bleibenden Wert haben kann. Voraussetzung: daß hinter ihr eine Persönlichkeit mit Profil, Klarblick und Konzept steht

Die zweite Fahrt. Erinnerungen. Von Rudolf Kassner. Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach- Zürich. 293 Seiten, Preis 12.80 sfrs.

Nach den großen Katastrophen, 1946, ist dieses Buch in der Schweiz erschienen, Rückblick und Ausblick; und wie in unserer Zeit, nimmt es auch im Werk Kassners eine Schlüsselstellung ein. Wenn Rilke schon um 1910 das „Vorgefühl der Ordnung" rühmt, das von den Büchern Kassners ausgeht, so ist für die Allgemeinheit, heute noch, der Zugang nicht leicht. Die „Zweite Fahrt” jedoch ermöglicht Rückblick und Ausblick auch über Ziele und Erreichtes und zeigt am einfachen Sujet die weitgespannte geistige Thematik dieses Dichters und Denkers.

Zweite Fahrt, ein Ausdruck Platons, bedeutet den seefahrenden Griechen, wörtlich, Fahrt mit dem Ruder statt mit dem Segel. Bedeutet dem von Kindheit an gelähmten Autor Leben aus Bewußtheit und Mühe, aus dem Willen, nicht nach dem Wind. Bedeutet ihm darüber hinaus Leben des Menschen nach dem „Fall", seitdem es „Fülle und Wesen" nicht mehr ohne „Gegnerschaft, Gegenströmung, Hindernis” gibt. Der auf zweiter Fahrt befindliche Mensch wird in seinen großen Bezügen zum Dasein erkundet; mit Hilfe des von Kassner zu seismographischer Feinheit entwickelten Instrumentes, oder besser: Organs der „Einbildungskraft", die aus Wirklichem, Angeschautem — Geist zu dechiffrieren vermag. An der eigenen Kindheit im altösferreichischen Mähren wird das Verhältnis des Menschen zur magisch-mächtigen Umwelt der Natur entschlüsselt, zu Festen und Spielen, zu Vater und Mutter, Gefährten und Freunden. Zuletzt werden die Koordinaten gezogen zur Welt des Heidentums als der des Ruhmes und der Welt des Gottmenschen als der des Gewissens. Der Mensch als Beobachter, als Grenzwächter des Ideellen — Hauptthema der früheren Werke Kassners — gelangt auf seiner zweiten Fahrt bis nach Golgatha. Wo dann freilich das

„Ruder" versagt, die Bewußtheit Göttliches und Menschliches trennt wie ein Lanzenstoß und — Nachfolge eintreten müßte, Metanoia, Umkehr, Glauben, Liebe, das große Thema der letzten, christologisch zentrierten Bücher dieses im österreichischen Geistesleben sehr einsamen, erschreckend und beglückend pionierhaften Denkers, der Pascal, Kierkegaard, aber auch den Poeten und Humoristen Lawrence Sterne seine „hohen Ahnen" nennt.

Dante und die Philosophie. Von Etienne Gilson. Verlag Herder, Freiburg 1953.

Der Hauptertrag dieses starken und von keinem Mediävisten zu übersehenden Werkes ist der Nachweis, daß Daflte durchaus kein linientreuer Thomist gewesen ist; obgleich er den Aquinaten ungemein schätzte und poetisch kanonisierte, lange bevor er es noch kirchlich war. Das Buch ist zu einem guten Teil eine Polemik gegen Mandonnets „Dante le thėologien", Paris 1935, dessen Dante- Bild allerdings kein Kennet der Materie ohne sehr bedeutende Einwände hinnehmen wird. Mandonnets stilistisch betörendes Dante-Buch darf immerhin das Verdienst in Anspruch nehmen, die zünftige Dante-Forschung dazu verhalten haben, nicht bloß die Philosophie des großen Dichters unter die Lupe zu nehmen, sondern auch der Eigenartigkeit seiner Theologie gebührende Beachtung zu schenken. Eben diese bildet das Fundament seiner Gesellschaftstheorie, von der aus allein die magische Welt der Divina Commedia legitim betreten werden kann. Eine Erkenntnis, der sich auch Gilson nicht verschlossen hat. Wenn sein 1939 in Paris erschienenes Werk noch heute,

14 Jahre später, einer deutschen Uebersetzung bedurfte, so spricht diese deutlicher als alles andere für seine Qualitäten. Für eine Neuauflage sei in der sonst trefflichen Uebersetzung die öfter sinnstörende Verwechslung von Geistlich mit Geistig (im 3. Kapitel) zur Korrektur angemerkt.

Altägypten. Drei Jahrtausende Kunstschaffen am Nil. Ein Blick auf Altägyptens hohe Kunst. Von E. Komorzynski. H.-Bauer-Verlag, Wien. 123 Seiten. Preis 38 S.

Der Autor hatte bereits in der „Oesterreichischen Lehrerzeitung" durch eine Reihe von Aufsätzen eine Darstellung der ägyptischen Kunstschätze des Kunsthistorischen Museums in Wien gegeben. Die vorliegende Schrift, durch 51 ausgezeichnete Abbildungen erläutert, will eine für weitere Kreise bestimmte Einführung in die Geschichte der ägyptischen Kunst bieten. Diese Absicht ist in hohem Maße gelungen, und gerade die warme, aus innerer Anteilnahme kommende Sprache vermag für die Eigenart dieser Kunst empfänglich zu machen. Es darf dabei nicht vergessen werden, daß Komorzynski sich auf die Kunst beschränkt, wenn auch eine Zeittafel die leichtere Orientierung ermöglicht, Gesellschaft und Kultur daher nicht sein Thema sind. Das Fehlen eines ausführlichen wissenschaftlichen Katalogs der Wiener ägyptischen Sammlung ist durch diese Schrift in vorbildlicher Weise überbrückt, die Sammlung selbst dadurch wirklich für das breite Publikum erschlossen worden.

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