Allmacht der Vernunft

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"Die Zauberflöte" an der Wiener Volksoper: Flöte ohne Zauber.

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"Die Zauberflöte" an der Wiener Volksoper: Flöte ohne Zauber.

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Eine "Zauberflöte", die einem angst und bange macht, hatte letzen Samstag in der Wiener Volksoper Premiere. Nicht, weil Regisseur Robert Carsen statt Zauber die reine Vernunft walten läßt; nicht weil die Reifung des Prinzen Tamino in Patrick Kinmonths kühlem, aufs Äußerste reduzierten Bühnenbild erzählt wird; denn diese Inszenierung ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber sie ist in sich durchaus stimmig. Bedenklich ist vielmehr das Szenario einer totalitären Sekte protestantischen Zuschnitts, das nicht im mindesten in Frage gestellt wird.

In der Volksoper gehören auch die Königin der Nacht und ihre Damen - drei lüsterne Nonnen - zu Sarastros Gefolge. Selbst durch das Böse wirkt also die Weisheit - ein Gedankenansatz, der Willkür und Interpretationshoheit der Sektenoberen Tür und Tor öffnet. Bar jeglichen Realitätssinns läßt Carsen die totalitäre Organisation am Ende die Selbstauflösung vollziehen: Das Liebespaar Tamino-Pamina, aber auch die normalerweise von der Erkenntnis Ausgeschlossenen - das Vogelhändlerpaar Papageno/Papagena und Monostratos, der hier als heuchlerischer Priester auftritt - werden in die Gemeinschaft aufgenommen und alle zusammen erkennen am Ende den Sekten-Hokuspokus als unsinnig und werfen sozusagen die Leiter weg, nachdem sie auf ihr hinaufgestiegen sind. Ein beeindruckendes Bild, wenn sich alle die weißen Gewänder vom Leib reißen - aber sehr blauäugig.

Die Inszenierung hat auch ihre Längen: Längen, die von Mozarts Musik nicht unbedingt verkürzt werden, da man Asher Fisch schon besser dirigieren hörte: Den ersten Eindruck, den er mit der lauen, an seltsamen Lautstärkeschwankungen kränkelnden Ouvertüre hinterläßt, vermag er später nicht mehr restlos wettzumachen. Insgesamt ist ein gutes Sängerensemble am Werk, angeführt von Erika Miklosa, die eine elegante, treffsichere Königin der Nacht abgibt. Am unteren Ende der Wertung steht Mathias Zachariassen, ein recht ordentlicher Allerweltstenor, der allerdings als Tamino jegliche lyrische Ader vermissen läßt.

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