Keine Spur von "der Lieb und Tugend Eigentum“

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Mit Mozarts erstmals hier im Originalklang musizierter "Zauberflöte“ eröffneten die Salzburger Festspiele ihren Opernreigen. Trotz Nikolaus Harnoncourt am Pult eine Enttäuschung.

Die ‚Zauberflöte‘ ist eines der großen Rätselwerke unserer Natur und wird es immer bleiben“, zitiert Nikolaus Harnoncourt im Programmbuch den diesjährigen Eröffnungsredner der Salzburger Festspiele, Peter von Matt. Eine Feststellung, an der diese Neuproduktion nichts geändert hat. Immer noch gilt Mozarts letzte Oper als ideales Einstiegswerk für junge Opernfreunde. Diesen Ansatz wollte das Produktionsteam ebensowenig wie an eine Tradition anknüpfen, die mit der Oper, so Regisseur Jens-Daniel Herzog, eine Verdammung oder Glorifizierung der Französischen Revolution versucht. Für ihn ist die "Zauberflöte“ "eine Spielanordnung, in der zeitlose Prinzipien von Menschsein thematisiert werden“. Als Beispiel führt er die Antagonisten Königin der Nacht und Sarastro an.

Die Königin der Nacht rauft mit Sarastro

Beide stehen auch im Zentrum des Schlussbilds. Freilich in einer Art, die mehr Fragen aufwirft als Antworten liefert. Nachdem die beiden zueinandergefunden habenden Paare Tamino und Pamina sowie Papageno und Papagena jeweils mit einem Kinderwagen die Bühne verlassen haben, beginnen die sternflammende Königin und ihr Widersacher Sarastro einen Kampf auf dem Boden. Ausgang ungewiss, jedenfalls für die Zuseher, denn rechtzeitig zum Schlussakkord geht das Licht aus.

Was Jens-Daniel Herzog mit diesen Bildern sagen, welche Botschaft er damit vermitteln will? Dies bleibt ebenso rätselhaft wie so vieles davor. Schließlich wird man im Laufe dieses nach und nach an Spannung verlierenden, bald langatmigen Abends mit Internats- und Spitalsatmosphäre konfrontiert, erscheinen die Priester als Ärzte respektive Seelenforscher, hängt Pamina am Infusionsstrang, werden Assoziationen zum Freimaurertum und zur Traumwelt Sigmund Freuds hergestellt. Sarastro, hier eine Art Oberpsychiater, trägt den siebenfachen Sonnenkreis verkabelt. Kritik an der Abhängigkeit des Menschen von der Technik? Ein Versuch, das Sujet mit Formen gegenwärtiger Technologie zu verbinden, sogar zu versöhnen?

Wenigstens die Idee, das Stück vor einer Verdoppelung der Arkaden der Felsenreitschule spielen zu lassen, hat etwas für sich. Sie werden in der Folge zu einem sich immer wieder anders präsentierenden Labyrinth, ein, wenn so angedacht, pointierter Hinweis auf die in diesen Tagen gezeigte gleichnamige Fortsetzung der "Zauberflöte“ durch Peter von Winter, in dem sich die Qualen der Protagonisten wie die Feuer- und Wasserprobe plakativ zeigen lassen. Auch wenn man dafür die Geharnischten nicht unbedingt in feuerfeste Astronautenanzüge hätte stecken müssen.

Auch musikalisch enttäuscht diese erste Musiktheaterpremiere der neuen Ära Pereira. Dass Harnoncourt andere als die üblichen Tempi - hier an der Spitze seines auf ihn eingeschworenen Concentus musicus, was so manche Wackelkontakte nicht ausschloss - wählen würde, war vorherzusehen. Nicht allein die meist angestrebte Epik führt rasch zu einer Eintönigkeit - so manche delikate Farbabstufungen zwischen den rauer als gewohnt klingenden Streichern und den romantischer tönenden Bläsern vermögen dies nicht völlig wettzumachen. Mindestens ebenso ist es sein Faible für andauernde Temporückungen und Generalpausen, die das musikalische Geschehen wiederholt ins Stocken geraten lassen, meist mühsame Neuanläufe bedingen.

Keine allererste Sängerriege

Ob sich ein solches Konzept mit allerersten Sängern besser hätte realisieren lassen? Bernard Richter ist ein vor allem lautstarker Tamino, Georg Zeppenfeld ein untadelig artikulierender Sarastro, Mandy Fredrich eine nur halbwegs koloraturenbrillante Königin der Nacht, Rudolf Schasching ein hörbar angestrengter Manostatos (wie er, dem Mozart’schen Original folgend, hier heißt), Elisabeth Schwarz eine farblose Papagena. Markus Werba versteht sich, wenn auch gesanglich nur partiell überzeugend, als Papageno unaufgeregt auf den wienerischenTonfall. Sie alle überragt die differenziert gestaltende Julia Kleiter als wirklich festspielwürdige Pamina.

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2., 4., 6., 11., 13., 17., 19. August

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