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ERNST A. PLISCHKE / ANLIEGEN ARCHITEKTUR

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„Heute, glaube ich, bedarf es wieder eines Konzeptes“, sagte der neue Rektor an der Akademie der bildenden Künste in Wien, Ernst A. Plischke, anläßlich seiner Inaugurationsrede, und berührte damit den wundesten Punkt des heutigen Bauens. Plischkes Denken, das immer um die zentralen Begriffe wie Struktur, organisches Bauen, um die Abkehr von einem nackten Vtili-tarismus und um die Verfeinerung der architektonischen Sprache in der Differenziertheit der Mittel kreist, sieht die Möglichkeit einer Entwicklung „in der Einheit zwischen einem räumlichen Konzept einerseits und einer Bauplastik anderseits', wobei die Qualitäten einer solchen vollentwickelten Architektur sowohl in der Spannung zwischen Raumkonzept und Funktion als auch zwischen der Vision einer Bauplastik und der Konstruktion liegen.

Professor Ernst A. Plischke, 1903 in Klosterneuburg geboren, blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Seine Arbeit gehört zur Hälfte jenem Teil unserer Architekturgeschichte an, der heute immer mehr die Regeneration unseres „architektonischen Bewußtseins“ beeinflußt. Plischke war Schüler an der Akademie bei Peter Behrens, wandte sich aber bald dem engeren Kreis um Josef Frank zu. Fasziniert von den Arbeiten Le Corbusiers und vor allem der Stijl-Gruppe in Holland, kam er in Österreich zu einer sehr extremen, klaren, zur Differenzierung und Transparenz neigenden Bauauffassung, die ihm bis heute eine Sonderstellung einräumt. Von einem längeren Amerika-Aufenthalt zurückgekehrt, baut er am Beginn der dreißiger Jahre das legendäre Haus am Attersee, und, neben kleineren Bauten, die Arbeitsämter von Liesing, Gmünd und Am-stetten. Außer dem Haus am Attersee und dem Beitrag zur Werkbundsiedlung, sind heute alle Bauten Plischkes aus jener Zeit zerstört oder verstümmelt.

1935 erhält Ernst A. Plischke den großen österreichischen Staatspreis. Im Frühjahr 1939 verläßt er mit seiner Familie Österreich, um in Neuseeland mühsam eine neue Existenz aufzubauen. Er geht zunächst in den Staatsdienst und erreicht die Stellung eines „Community Planner to the Government“, also die eines Stadtplaners. In dieser Zeit entstehen die Planungen für zwei Trabantenstädte (Naenae und Tamiki) und eine Anzahl von Wohn- und Einfamilienhäusern. 1948 verläßt Plischke diese Stellung, um sich wieder ganz der

Tätigkeit eines freien Architekten zu widmen. In dieser Praxis werden Kirchen, Verwaltungsbauten und Fabriken gebaut, und wieder eine Reihe individueller, jeder Routine und Schablone abholder Privathäuser.

Dann erreichte Prof. Plischke der Ruf nach Wien, dem er vor zwei Jahren wohl mit gemischten Gefühlen gefolgt ist. Der Kontakt mit Österreich war neben der Korrespondenz mit wenigen Freunden sicher nicht allzu stark gewesen. Der „Preis der Stadt Wien“ (1961) stellte die erste offizielle Verbindung her.

Vor zwei Jahren hat nun Ernst A. Plischke die Meisterschule für Architektur als Nachfolger von Clemens Holzmeister an der Akademie am Schillerplatz übernommen. Seine intensive Tätigkeit galt fast ausschließlich der Schule. Die Wahl zum Rektor wird diesen Tätigkeitsbereich noch erweitern und sicher auch erschweren. Natürlich bleibt zum Schluß die Frage, ob Professor Plischke wieder etwas bauen wird. Vorbereitungen sollen im Gange sein. Man schweigt aber noch darüber.

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