Das Jahrzehnt des Großen Bruders

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„Big Brother“ das war – anno 1949 und danach – eine Orwell’sche Horrorvision von der totalen Überwachung des Bürgers durch den Staat. Es gibt ja mehr als ein Indiz dafür, dass der im Roman „1984“ beschrieben Alptraum längst Realität ist. Zumindest nähert sich das Überwachungsbedürfnis des Staates (oft genug getarnt als dringender Wunsch der Bevölkerung) dem asymptotisch an.

Gleichzeitig führte das Fernsehen den Horror ad absurdum, indem es eine Gruppe Freiwilliger in ein Haus sperrte und diese Schar per Kamera beobachtete, Zähneputzen und Koitus inklusive, und das p. t. Publikum konnte daran fußfrei teilhaben. Natürlich was die ganze Sache nichts für eine gehobene Zuseherschaft, und so kann das Sendeformat – auch was die Belegschaft der diversen Big-Brother-Häuser betrifft – als TV weit abseits des Bildungsbürgertums apostrophiert werden.

Ein kleiner zeitgeschichtlicher Rückblick: Da gab es doch anno 2000 in der ersten deutschen „Big Brother“-Staffel eine gewissen Zlatko Trpkovsky, einen arbeitslosen Kfz-Mechaniker mit Migrationshintergrund, der noch nie etwas von Shakespeare gehört haben wollte und auch sonst mit ausgeprägter Allgemeinunbildung aufwartete. Monatelang wurde Zlatko dann als Ober-Prolo durchs deutsche Feuilleton und zu Harald Schmidt gereicht, bis er wieder von der Bildfläche (und in seinen angestammten Beruf) verschwand.

In Deutschland hat des die Show mittlerweile neun Staffeln gebracht, die zu Ende gegangenen Nuller-Jahre können mit Fug und Recht als „Big Brother“-Jahrzehnt firmieren (die erste Sendung gab es 1999 in den Niederlanden). Der Reiz des Skandals ist zwar längst vorbei, aber auch 2010 wird es weitergehen.

Nicht nur in Deutschland. Im Vereinigten Königreich hat man sich überhaupt etwas Besonderes einfallen lassen – und sucht nun Irakkriegs-Veteranen, die einen Körperteil (Fuß, Arm) im Krieg verloren haben, als Teilnehmer für Big Brother 2010.

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