Der harte Kampf um den Online-Musikmarkt

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Keine gerechte Verteilung der Einnahmen, zu viele Gratisangebote und illegales Herunterladen - das sind die zentralen Probleme des Online-Musikmarktes. Obwohl Musik wohl noch nie so vielen Menschen zugänglich war wie heute, ist der Umsatz der österreichischen Musikwirtschaft seit Jahren rückläufig. Die Künstler selbst erhalten wegen der vielen unlizenzierten Gratisangebote für ihre Werke oft sehr wenig bis gar nichts.

Bislang gab es keine EU-weiten Regelungen für Online-Musikanbieter wie Itunes, Spotify oder Napster. Laut Beschluss des Europäischen Parlaments soll es jetzt genau diesen Anbietern ermög-licht werden, mit nur einer Lizenz für den gesamten EU-Raum Musik zu verkaufen. Als "richtigen und wichtigen Schritt, der schon viel früher hätte getätigt werden sollen“, sieht Internet-Rechtsexperte Matthias Kettemann diesen Beschluss. Doch was bedeutet das konkret für die Nutzer, die Musiker und die Verwertungsgesellschaften? Am Beschluss des Europäischen Parlaments scheiden sich die Geister.

Mehr Anbieter, Angebot und Geld?

"Durch den neuen Beschluss könnte es womöglich zu einer Dynamisierung des Marktes und zu einer Vergrößerung des Musikangebots in Europa kommen“, meint Kettemann. Eine wesentliche Veränderung für die Urheber sieht er in der Chance der Musiker, auch eine Verwertungsgesellschaft in einem anderen EU-Land zu wählen. "Eine österreichische Künstlerin könnte sagen, die italienische Verwertungsgesellschaft bietet mir bessere Konditionen, also wechsle ich dort hin.“ Verwertungsgesellschaften wie die österreichische AKM (Verwertungsgesellschaft für Autoren, Komponisten und Musikverleger) müssten daher flexibler werden und den Künstlern entgegenkommen. Die bisherigen Monopole der großen Verwertungsgesellschaften würden zurückgedrängt werden.

Ganz anders sieht das Peter Paul Skrepek, Präsident der österreichischen Musikergewerkschaft: "Die Intention dahinter ist, dass die billigste Verwertungsgesellschaft dann für ganz Europa die Rechte vergibt. Das wollen wir auf gar keinen Fall. Es ist immer noch besser, die Verwaltungsgesellschaft im eigenen Land zu kritisieren und zu reformieren, als eine, die zentral irgendwo sitzt und nicht angreifbar ist.“ Aus Sicht der Musikergewerkschaft besteht auch kein Bedarf an weiteren Online-Musikanbietern: "Spotify und Konsorten zahlen ja Bettelbeträge dafür, dass sie mit uns viel Geld verdienen. Es ist eine vollkommene Illusion zu glauben, dass wir durch mehr Online-Anbieter auch mehr Geld bekommen würden“, so Skrepek.

Einen Vorteil für die Konsumenten sehen die Entscheidungsträger im EU-Parlament durch den erleichterten Erwerb von Lizenzen. "Angebot und Konsum von Musikdownload werden so erleichtert“, erklärt der EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer (SPÖ). Zudem soll sich dadurch das Angebot vergrößern. Europäer müssten nämlich bis jetzt viel länger auf Neuangebote warten. Weidenholzer, der maßgeblich an der Debatte im Parlament beteiligt war, spricht von einem Gewinn für die Musiker. "Ich freue mich, das Recht auf alternative Lizenzen im EU-Gesetzgebungsprozess eingebracht und nun auch durchgesetzt zu haben. Die Urheber erhalten so das Recht, selbst über die Lizenzierung ihrer Werke zu bestimmen.“ Mit alternativen Lizenzen ist in diesem Fall vor allem die Creative Commons-Lizenz gemeint, die dem Nutzer vergütungsfrei erlaubt, das Werk zu vervielfältigen, zu bearbeiten und öffentlich zu verbreiten.

Eine Richtlinie für die Zukunft?

Die Creative Commons-Lizenz bietet also Musikern die Möglichkeit, ihre Werke für die öffentliche Nutzung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Mit dem Resultat, dass Musiker ihre Songs zunehmend online verbreiten, jedoch ohne ein Einkommen daraus zu erzielen. Skrepek sieht in der Creative Commons-Lizenz eine weltfremde Betrachtungsweise: "Es ist kein Vorteil, etwas zu verschenken, von dem man eigentlich leben sollte.“

Eine Studie des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft zeigt, dass 2012 bereits 2,4 Millionen Österreicher online Musik konsumierten - jedoch ohne dafür zu bezahlen. Doch was tun, um der gängigen Gratiskultur des Internets entgegenzuwirken? Internetexperte Kettemann sieht hier auch die Verwertungsgesellschaften in der Verantwortung: "Wenn die Verwertungsgesellschaften nutzerfreundlicher werden und durch attraktivere europaweite Lizenzen ein dynamischeres legales Online-Musikgeschäft fördern, wird dies bestimmt auch zu einer Reduktion von illegalen Downloads führen.“

Musikergewerkschafter Skrepek hingegen sieht die Zukunft der Musikbranche nicht im Internet: "Die regionale Musikkultur sollte gefördert werden und die Musiker sollten in der Lage sein, unter möglichst gleichen Bedingungen miteinander in Wettbewerb zu treten. Das ist eine Aufgabe, die eine Wettbewerbskommission in der EU nicht wahrnimmt, sie versagt hier vollkommen.“

Die vielen offenen Fragen am Musikmarkt werden sich aber nicht durch diese eine neue EU-Richtlinie beantworten lassen. Die Verordnung kann nur der erste Schritt in Richtung einer Internetregulierung sein. In Zukunft wird es noch viele Schritte brauchen, um vernünftige Regeln für das Online-Musikgeschäft zu entwickeln.

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