Ein einzigartiges Abschiedsgeschenk für das jüngste Publikum

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Für sein letztes Jahr als Staatsoperndirektor hat sich Ioan Holender etwas Besonderes einfallen lassen: Er bat Iván Eröd, einen der profiliertesten österreichischen Komponisten der Gegenwart, Erich Kästners Kinderklassiker „Pünktchen und Anton“ zu vertonen und übernahm gleich selbst die Rolle des Herrn Pogge, an der er sichtlich Spaß hatte.

In einer Zeit, in der passiver Musikonsum das aktive Musizieren weitgehend verdrängt hat, kann man nicht früh genug beginnen, mit maßgeschneiderten Produktionen das musikalische Interesse von Kindern zu wecken. Genau dieses Konzept verfolgt seit Jahren auch Ioan Holender, der dafür ein eigenes Kinderopernzelt auf der Dachterrasse der Wiener Staatsoper hat errichten lassen. Besonderes ließ er sich für sein letztes Direktionsjahr einfallen: Er hat mit Iván Eröd einen der profiliertesten österreichischen Komponisten der Gegenwart eingeladen, Erich Kästners Kinderklassiker „Pünktchen und Anton“ zu vertonen. Eröd, dessen Œuvre bisher zwei Opern, „Die Seidenraupen“ und „Orpheus ex machina“, umfasst, hat sich damit ein neues Genre erarbeitet: die Kinderoper.

Thomas Höft hat Kästners Geschichte, eine Parabel der Hoffnung, dass Arm und Reich schließlich zusammenfinden, so gerafft, dass Eröds Musiktheater exakt eine Stunde dauert. Dabei sind die Personen so klar gezeichnet, dass auch Kindern die spezifische Moral dieses Sujets unmittelbar deutlich wird. Eröd hat sich dazu eine Musik einfallen lassen, die, bewusst tonal konzipiert, gleichermaßen von eingängigen Melodien wie zündenden Rhythmen lebt, die explizit unterhalten will und zudem versteht, die unterschiedlichen Charaktere der einzelnen Protagonisten unmissverständlich zu umreißen.

Gelungenes Werk, geglückte Inszenierung

Was von der Regie Matthias von Stegmanns unterstützt wird. Dass er mit dem engen Raum – er inszenierte hier bereits „Wagners Nibelungenring für Kinder“ – Erfahrung hat, merkt man. Ebenso seine Fähigkeit, mit einigen wenigen Requisiten (Ausstattung: Walter Schütze) die unterschiedlichen Stationen der Handlung selbstverständlich zu suggerieren und niemals Brüche entstehen zu lassen. Solches färbt auf die Spielfreude der Darsteller ab. Daniela Fally kann sich als quirrliges Pünktchen ebenso entfalten wie Roxana Constantinescu als der stets um seine kranke Mutter besorgte, von kindlicher Liebe zu Pünktchen erfüllte Anton. Simina Ivan gibt dem verhangenen Fräulein Andacht ebenso die rechte Kontur wie Sophie Marilley Antons kranker, erstaunlich stimmstarker Mutter, der Frau Gast. Rollendeckend Alexander Kaimbacher (Robert der Teufel) und Christoph Nechvatal (Kellner, Passant, Polizist). Hans Peter Kammerer ist ein gerissener Klepperbein, Donna Ellen eine alle Turbulenzen gewieft auflösende, glaubhafte dicke Berta.

Ildikó Raimondi präsentiert sich selbstbewusst als reiche Frau Poppe, die ihren Mann zu einem Opernabend überreden muss. Er ist davon alles andere als begeistert. „Sag, muss das wirklich sein?“, fragt er seine mondäne Gattin. „Und schon wieder Oper! Dorthin, wo die Leute schrein! Nur nicht wieder Oper! Das ist ganz gemein!“, versucht er dagegen zu argumentieren. Was ihm nichts nützt und in diesem Fall auch noch eine besondere Pointe ist: Herr Pogge ist niemand anderer als Direktor Holender, der seine musikalische Karriere bekanntlich als Sänger begonnen hat. Er zeigt an dieser neuen Herausforderung sichtlich Spaß. Ebenso das unter Friedrich Pfeiffer mit musikantischem Elan aufspielende Bühnenorchester der Wiener Staatsoper.

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