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FREDERICK C. ENGELMANN / FORSCHUNGSAUFTRAG KOALITION

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Die Probleme der Zusammenarbeit zweier ungefähr gleichgroßer Parteien, wie sie die österreichische Koalition darstellt, sind Gegenstand der Untersuchungen des kanadischen Universitätsprofessors Frederick C. Engelmann. Die Überraschung ist groß, als sich im Gespräch mit dem Forscher herausstellt, daß der junge Professor mit dem bubenhaf-ten Gesicht gebürtiger Wiener ist. Friedrich Karl Engelmann, geboren am 10. Juli 1921 in Wien, bereitete sich gerade auf die Matura am Döb-linger Gymnasium vor, als ihn die Ereignisse des März 1938 zwangen, zu seiner in Kalifornien lebenden Schwester zu übersiedeln, wo er das Mittelschulstudium beendete. Das Hochschulstudium am Los-Angeles-Zweig der University of California wurde mit der Graduation 1943 abgeschlossen, dann folgten drei ]ahre Dienst in der US-Army, wo der Wiener den Rang eines Oberleutnants erreichte.

Im November 1945 kam Ober-leutnant Engelmann dienstlich vier Tage in seine Vaterstadt zurück: das dunkle, finstere Wien des Dritten Mannes, der Vier im Jeep, das Wien der Bombenruinen . .. alles das hinterließ in ihm tiefe Eindrücke.

Nach der Entlassung aus dem Heeresdienst ging der Reserveoffizier noch einmal auf die Universität, diesmal bezog er die berühmte Yale-University. Thema der 1954 fertiggestellten Doktorarbeit war die Mitarbeit von Nicht-Berufpolitikem bei der kanadischen Agrarsozialistischen Partei.

Bereits seit 1950 führte Engelmann einen Lehrauftrag an einem College, der Alfred-University im Westen New Yorks, aus, das, wie er lächelnd gesteht, sonst vor allem wegen seiner keramischen Schule berühmt ist. 1960 wird Frederick C. Engelmann. der sich inzwischen auf dem Gebiet der „political Science“ — einer Mischung aus Staats- und Gesellschaftswissenschaften, die es bei uns nicht gibt — einen Namen gemacht hat, an das Department of Political Economy der University of Alberta nach Cal-gary berufen. Die eigentliche Auseinandersetzung mit Problemen der österreichischen Innenpolitik begann mit einem Rockefeller-Stipendium, das mit einer Forschungsarbeit über das Thema „Österreichische Koalition im Hinblick auf die österreichische Demokratie“ verbunden war.

Professor Engelmann nahm während seines Aufenthaltes 1959/60 mit allen Stellen Kontakt auf, die seiner Arbeit nützlich sein könnten, auch mit den Exponenten der verschiedenen Richtungen innerhalb der Parteien. Eine Vorstudie zu seinem großen Werk erschien in der „American Political Science Review“ unter dem Titel „Feilschen um das Gleichgewicht“. Thema des Artikels, der in den Vereinigten Staaten einiges Aufsehen erregte, waren die Regierungsverhandlungen nach den Parlamentswahlen 1959.

Der jüngste Aufenthalt des Wissenschaftlers in Wien hatte den Zweck, die letzten innenpolitischen Auseinandersetzungen an Ort und Stelle zu untersuchen und so das Forschungsvorhaben einem Ende zuzuführen.

Die ungewöhnliche Sicherheit, mit der das österreichische Volk an der Zusammenarbeit der beiden Großparteien festhält, wird also jetzt auch wissenschaftlich untersucht. Daß es gerade ein Landsmann ist, der sich mit diesem Problem beschäftigt ist für Österreich besonders erfreulich.

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