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Friedliche Koexisten

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Nach intensiver propagandistischer Vorbereitung, an der sich der indische Regierungschef durch scharfe Angriffe gegen Portugal persönlich beteiligt hatte, überfielen Ende Juli vorigen Jahres bewaffnete indische Banden die von indischem Gebiet umschlossenen portugiesischen Enklaven Dadrä und Nagar-Aveli, überwältigten nach kurzem, blutigem Kampf die schwachen portugiesischen Polizeikräfte und hißten die Flagge der indischen Union. Die in New Delhi überreichten Proteste der portugiesischen Regierung blieben ebenso fruchtlos wie ihr Ersuchen, den Durchmarsch portugiesischer Truppen über indischen Boden zwecks Wiederherstellung von Recht und Gesetz oder wenigstens eine Untersuchung des Geschehenen durch eine internationale Kommission zu gestatten. Hohe indische Beamte haben die Administration der beiden Enklaven übernommen, was nicht verhindert hat oder es erklärt, daß die Verwaltung in völliges Chaos geraten ist, daß Unsicherheit und Terror herrschen und bittere Not die Bevölkerung bedrängt.

Inzwischen hat die Kampagne zur „Befreiung“ Goas und der benachbarten portugiesischen Territorien ihren Fortgang genommen, in Presse und Rundfunk, in Reden und Versammlungen, durch verstärktes, wenn auch vergebliches Bemühen, die in Indien lebenden Goaner zur Teilnahme an antiportugiesischen Demonstrationen zu zwingen; und überdies durch sich häufende Gewaltakte indischer Freischärler, die immer wieder, und oft unter Waffengebrauch, Einbrüche in portugiesisches Gebiet verüben. Nicht genug damit: Obzwar Indien schon jetzt eine praktisch lückenlose Blockade der goanischen Küstenstriche von Damao und Diu an der Landgrenze aufrechterhält, so daß die Versorgung der dortigen Bevölkerung nur noch auf dem Seewege erfolgen kann, soferne der Monsun nicht auch diese Möglichkeit ausschließt, hat Ministerpräsident Nehru in der vorvergangenen Woche mit der Anwendung noch schärferer wirtschaftlicher Sanktionen gedroht. Inder, so erklärte er in diesem Zusammenhang, hätten durchaus das Recht, in Goa einzudringen, und er bewundere den Mut derer, die dies unternähmen. Im übrigen werde er seine Politik in der Frage Goa der jeweils gegebenen Situation anpassen.

Ominöse Worte und mehr als befremdlich aus dem Munde eines Mannes, der als Vorkämpfer des Gedankens friedlicher Koexistenz betrachtet werden will und im ersten der fünf Punkte, die er selbst als Grundlage zwischenstaatlichen Zusammenlebens proklamiert hat, die gegenseitige Achtung des Besitzstandes und der Souveränität verlangt.

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