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Prüfstein Angola

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In keinem Gebiete war der wirtschaftliche, politische und soziale Unterschied zwischen den europäischen und den überseeischen Gebieten so klein wie im portugiesischen Reiche. Man mag dem heutigen politischen System Portugals noch so kritisch gegenüberstehen, man muß ihm zugeben, daß es daran nichts geändert hat, und noch mehr, daß sein Schutz der wesentlichen Menschenrechte in allen Teilen des Reiches sich immer noch vorteilhaft von dem der meisten selbständig gewordenen Länder unterscheidet. Und zwar nicht erst in der Ära der Entkolonisierung seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, sondern seit vier Jährhunderten.

Das beste Symptom der Gleichstellung ist das Cofiubium. Schon der Vizekönig Alfonso de Albuquerque (1453— 1515) gab Portugiesen, die einheimische Frauen heirateten, eine Ausstattung. Marquis de Pombai verfügte unter Josef I. am 4. April 1755: „Heirat meiner Untertanen mit Indianern darf keine Herabsetzung bedeuten. Im Gegenteil, ist ihnen meine königliche Huld gesichert; sie sollen im Lande ihrer Niederlassung nach ihrem Range sogar bevorzugt werden.“

Mit Dekret vom 2. April 1961 wurde das auf Portugiesisch-Indien und mit dem 29. Mai 1961 auf Angola, Mocambique, St. Thome & Principe und Goa, damals die Hauptstadt des Ostreiches, ausgedehnt.

Gleiche Rechte für weiß und farbig

Die portugiesische Verfassung vom 1. August 1935, die ohne Unterschied in den überseeischen Gewässern gilt, verfügt in Art. I, 5: „Der portugiesische Staat ist eine einheitliche, korporative Republik, die auf der Gleichheit aller ihrer Bürger vor dem Gesetz, freiem Zutritt aller Klassen zu den Wohltaten der Zivilisation und der Teilnahme aller Bestandteile der Nation an Verwaltung und Gesetzgebung beruht.“ Diese Bestimmung steht aber keineswegs, wie viele Verfassungsbestimmungen zwischen Kamtschatka und dem Feuerland, nur auf dem Papier. Der farbige Bürger Portugals in Angola, Goa oder Macao hatte und hat nach seiner Bildung genau dieselben Rechte wie der weiße.

Dieser Zustand war ungestört, verbunden mit einer steten Hebung der Wirtschaft und Bildung der Neger. Auf so ungeheuren Gebieten wie Angola oder Mocambique konnte sie in unzugänglichen Dörfern nur langsam fortschreiten, während sie in deren Städten, ebenso wie in Goa und Macao, schon zu vollkommener Angleichung geführt hatte. Es gibt kein anderes afrikanisches Land, das an der Entwicklung des Mutterlandes — oder wie die Portugiesen sagen, des europäischen Teiles des Reichs — so teilgenommen hätte wie Angola. In den Generalversammlungen der Aktiengesellschaften waren weiße und schwarze Aktionäre zu sehen, in den Banken gab es mehr schwarze als weiße Einleger, es gab mehr schwarze als weiße Farmer, mehr schwarze als weiße Soldaten in der Armee, die schließlich zum Schutze der von Mörderbanden bedrohten weißen und schwarzen Farmer eingesetzt werden mußte. •

Die große Wende

Der Zustand änderte sich erst, als die Propaganda der Antikolonialisten im Rahmen der UNO ausbrach und von zwei Drittel ihrer Mitglieder geschürt wurde. Die Anklage Ghanas vor dem Internationalen Arbeitsamt, wegen angeblicher Verletzung der Arbeitsfreiheit in Angola brach zwar nach Untersuchung durch eine unparteiische Kommission zusammen, aber die Angriffe gegen Portugal hörten nicht auf. Diese Stimmung mündete schließlich in die Piraterie der Santa Maria, die in Verletzung aller völkerrechtlicher Regeln ungeahndet blieb. Dann trieb die Propaganda eine Schar von 8000 Ango-lesen in den Kongo, von wo sie unter Führung kommunistisch geschulter Neger aus fremden Gebieten, mit den UNO-Truppen im Kongo gestohlenen oder abgekauften Waffen in ihre Heimat einfielen, um dort, nach dem eigenen Geständnis ihrer Führer, einen „brudermörderischen Kampf“ zur Erlangung der Herrschaft zu veranstalten. Ihr Terror richtete sich noch mehr gegen die Neger als gegen die Weißen. Mit dem viehischesten Erpressungsmitteln wurden Neger in ihren Dienst gezwungen, bis ihre Zahl auf 25.000 anschwoll, mit der sie wahllos schwarze und weiße Farmen, überfielen. .

Ihr Programm ließ sich den Worten gefangener Führer entnehmen, die nicht portugiesisch, sondern französisch einvernommen werden mußten, weil sie aus den nördlichen Ländern stammten. „Vor allem töten wir alle weißen Männer, dann nehmen wir ihre Frauen, ihre Autos und ihre Banken. Dann ist alles in Ordnung. Wenn wir Geld brauchen, können wir immer in die Banken gehen. Dort braucht man nur ein Papier unterschreiben und bekommt soviel Geld, wie man will. So wie es die Weißen machen.“ Daß man zuerst etwas in die Bank hineingeben müsse, ehe man etwas herausholen kann, schien unbegreiflich, ein weißer Schwindel. Wie sie sich die Regierung nach der Übernahme vorstellen? „Wenn wir alles haben, was wir brauchen, brauchen wir keine Regierung mehrl“ Einer der erpreßten Neger wurde gefragt, warum er den Missionär umgebracht hatte, der ihn doch portugiesisch reden, lesen, schreiben gelehrt habe. „Ich habe ihn sehr geliebt, aber getötet, weil es mir befohlen wurde.“ Warum er sich den Terroristen angeschlossen habe? „Weil ich sonst mit meiner Familie ermordet worden wäre.“ Ob er sich nicht gefürchtet habe, von Verteidigern erschossen zu werden? „Der Zauberdoktor hat uns gesagt, daß durch seinen Zauber die Kugeln alle zu Wasser würden.“

Die „Hilfe“ der UNO

Portugal mußte eine kleine Armee mobilisieren, um ihre weißen und schwarzen Bürger gegen diesen Terror zu schützen. Hat ihm die UNO dabei vielleicht geholfen? Hat sie, wie zur Eroberung Katangas, Truppen verschiedener Nationen zu Hilfe geschickt, diesmal um friedliche Menschen aller Farben vor Vernichtung und Marter zu schützen, die Zerstörung der Frucht jahrzehntelanger Arbeit zu hemmen? Verpflichtet nicht Art. I ihrer Satzung: „Internationalen Frieden und Sicherheit zu erhalten und zu diesem Zwecke wirksame, geheime Maßregeln für die Vorbeugung und die Beseitigung von Bedrohungen des Friedens und für die Unterdrückung von Angriffshand-lungen und anderen Friedensbrüchen zu treffen“? Zugehörigkeit zur UNO hat wenig Sinn, wenn ein Mitglied, wenn schon nicht auf Verhinderung, so doch wenigstens auf Hilfe gegen einen un-provozierten Angriff aus fremdem Gebiete rechnen kann. Gewiß, die UNO haben sich schon dieser Verpflichtung verschlossen, als sie zusahen, wie aus Tunis und Marokko Krieg gegen Algier geführt wurde, wie man von Syrien in israelisches Gebiet schoß, wie Indien Goa eroberte, wie Indonesien Truppen nach Neuguinea sandte und jetzt nach Brunei einschmuggeln will — aber was haben sie im Falle von Angola getan?

Die Generalversammlung hat Portugal aufgefordert, „seine repressiven Maßregeln in Angola einzustellen“! •sDas', heißt, es- soll seinessBevöIkeruirg' den Mordbanden ausliefetss ms ttricfo

Das läßt sich nicht einmal mit dem verklärenden und verfälschenden Schlagwort des „Antikoloriialismus“' rechtfertigen. Ein Land, das sich von den Vorwürfen gegen den Kolonialismus frei gehalten hat, soll dem grausamsten Chaos ausgeliefert werden. An diesem Prüfstein zeigt sich, daß der angebliche Kampf gegen weiße Unterdrückung in Wirklichkeit ein Kampf für die Beherrschung von Menschen ohne Unterschied der Farbe durch Gruppen, die außen farbig und innen rot sein müssen, ist.

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