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THEODOR HEUSS / WACKERER SCHWABE

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Am 31. Jänner feierte die Deutsche Bundesrepublik den 75. Geburtstag ihres „Ersten Bürgers”. Theodor Heuss hat sich diesen Ehrennamen in mehrfacher Weise erworben. Er ist geschichtlich der Erste Bürger auf dem Stuhl des Staatspräsidenten, und er ist zugleich ein Phänomen, das die Deutschen von 1848 erträumten: ein Gebildeter, ein Humanist, ein „Professor” auf dem höchsten Ehrensitz der Nation. Theodor Heuss hat sich das Verdienst erworben, dem jungen deutschen Staatsgebilde, eben der Bundesrepublik, international ein hohes Maß demokratischer, freiheitlicher Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Zuletzt haben seine Staatsbesuche in Amerika, Kanada und England unter schwierigen Verhältnissen diese seine Leistung zur Schau gestellt: Da erschien, unter den kritischen Augen eines oft mißgünstigen Publikums ein weltgültiger Deutscheri ein Mann mit Format, mit Geist, ja mit einem selbstkritischen, wahrhaft entwaffnenden Humor.

Zähigkeit und Geduld haben den Lebensweg des tapferen Schwaben bestimmt. Man beginnt am besten mit dem Hinweis auf sein Abitur: der Sohn des Tiefbaudirektors der Stadt Heilbronn, Ludwig Heuss, schreibt am Tage seiner „Matura”, wie wir in Oesterreich sagen würden, die Leitartikel für beide Heilbromer Zeitungen. Der geistige Stern seiner Jugend ist Friedrich Naumann, der Liberale mit dem christlichen und sozialen Gewissen und den eigenwilligen nationalen

Träumen. Theodor Heuss promoviert in München bei dem aus Wien kommenden Lujo Brentano über den „Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn”. Dem Wein ist Heuss immer- treu geblieben. Dem Wein und der Wahrheit. Den, nach eigenem Geständnis zu einem „Bohemien”-Leben neigenden, hochbegabten jungen Mann, bindet eine außerordentliche Frau ins bürgerliche Leben: 1908 traut Albert Schweitzer Elly Knapp in St. Nicolai in Straßburg mit Theodor

Heuss. Bis zu ihrem Tode, 1952, ist diese große Frau der treueste Gefährte ihres Mannes geblieben. In den schweren Jahren des Dritten Reiches trug sie nicht wenig zum Erhalt der Familie bei, indem sie Werbesprüche für große Firmen entwarf. — Heuss, seit 1905 Journalist, begann 1918 in Berlin seine politische Arbeit in der Deutschdemokratischen Partei (später: Staatspartei). Der Stadtverordnete in Berlin und dann Reichstagsabgeordnete warnt 1931 in seinem Buch .,Hitlers Weg” (acht Auflagen in einem Jahr). Die Jahre erzwungener Muße lassen ein bedeutendes schriftstellerisches Werk reifen, das heute über zwölf Bände umfaßt. 1945 wird Heuss Kultusminister in Württemberg, dann in den Parlamentarischen Rat berufen. 1949 wird er zum erstenmal zum Bundespräsidenten gewählt. Als großer Mahner und Warner, als ein Mann des Maßes und der Mitte, immer um Ausgleich bemüht, hat er sich in diesen zehn Jahren das Vertrauen seines Volkes und der freien Welt im reichen Maße erworben. Den Oesterreicher, der sich in vielem mit Theodor Heuss verbunden weiß, interessiert auch die einzige Niederlage, die Theodor Heuss in diesen Jahren seiner Präsidentschaft offen hinnehmen mußte: Heuss versuchte, durch ein Dekret, die Nationalhymne Rudolf Alexander Schröders an die Stelle des Deutschlandliedes zu setzen. Und ist da gescheitert .„

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