Hollywood-Musik aus Wien

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Eine Ausstellung zum 50. Todestag des Komponisten Erich Wolfgang Korngold.

Das klingt ja wie Filmmusik! Dieses abschätzige Urteil fällt gerne, wenn von Erich Wolfgang Korngold die Rede ist. Dabei ist es genau umgekehrt: Korngolds spätromantische, von Giacomo Puccini beeinflusste musikalische Sprache wurde zum Klang Hollywoods. Der österreichische Komponist war es, der im Alleingang jenen symphonischen Stil schuf, der noch heute in der Filmmusik gang und gäbe ist: opulente Instrumentierung, opernhafter Aufbau, Verwendung von Leitmotiven. Auch wenn Korngold von 1921 bis 1933 der im E-Musik-Bereich meistgespielte deutschsprachige Gegenwartskomponist war, bleibt sein größtes Verdienst die Erschaffung des klassischen "Hollywood Sounds".

Aus Anlass des heuer begangenen 50. Todestages widmet das Jüdische Museum Wien Erich Wolfgang Korngold und seinem Vater eine Ausstellung. Die Biografie von Erich Wolfgang nämlich ist schwer von der Julius Korngolds zu trennen; der ungeheuer einflussreiche und gefürchtete Musikkritiker der "Neuen Freien Presse" prägte die Laufbahn seines Sohnes maßgeblich, wenngleich anders als von ihm gewünscht. Des Vaters Hass auf alles Moderne in der Musik, der Franz Schreker, Richard Strauss und viele Avantgardisten aus Wien vertrieb, machte dem Sohn zu schaffen. Zum einen kompromittierte Julius seinen Sohn, indem er sich unverhohlen für ihn einsetzte, zum anderen verriss er gnadenlos alle gemäßigt modernen Komponisten - und damit indirekt Erich Wolfgangs Musik. Dass sich Korngold junior mit größtem Erfolg zuerst Operettenarrangements und schließlich der Filmmusik zuwandte, ist als Abgrenzungsversuch vom beruflich wie privat dominanten Vater zu verstehen.

Es war eine seltsame Laune des Schicksals: Ausgerechnet der unerbittliche Gegner jeglicher Abkehr von der Tonalität wurde zum Vater eines Wunderkindes, das im Alter von zwölf Jahren mit Kompositionen an den Grenzen zur Atonalität Furore machte. Auf Empfehlung namhafter Musiker ließ der Vater den Sohn gewähren, und mit der 1921 uraufgeführten, enorm erfolgreichen Oper "Die tote Stadt" landete Erich Wolfgang einen Riesenhit. Doch nur sieben Jahre später wurde "Das Wunder der Heliane" als reaktionär und irrelevant abgelehnt, obgleich dieses Werk heute als Korngolds beste Oper gilt - Ernst Kreneks Monate zuvor uraufgeführte, freche Jazzoper "Jonny spielt auf" ließ den Spätromantiker Korngold plötzlich alt aussehen.

Erich Wolfgangs Gang nach Hollywood 1934 rettete letztlich seiner Familie, einschließlich dem Vater, das Leben, denn er war jüdischer Abstammung. Mit den Soundtracks zu den Filmen "Captain Blood" (1935) und "The Adventures of Robin Hood" (1938) setzte Korngold Meilensteine, das Liebesthema im Piratenfilm "The Sea Hawk" (1940) wurde von Kritikern auf eine Stufe mit Isoldes Liebestod aus Richard Wagners "Tristan und Isolde" gestellt.

Doch als Korngold versuchte, nach 1945 wieder als "ernster" Komponist in Europa Fuß zu fassen, galt seine Musik bestenfalls als veraltet. Es erging ihm wie allen von den Nationalsozialisten vertriebenen Exponenten der gemäßigten Moderne: Maßgeblichen Vertretern des Kulturbetriebs galten sie nach wie vor als "entartet", auch wenn dieser Nazi-Begriff natürlich nicht mehr verwendet wurde, während die musikalische Avantgarde all jene verteufelte, die sich nicht zur Gänze von der Tonalität abgewandt hatten. Möglicherweise musste Korngold auch für die einstigen Umtriebe seines Vaters büßen.

"Die Korngolds - Klischee, Kritik und Komposition" ist folglich auch die vierte Schau der Ausstellungsreihe "Musik des Aufbruchs" über die mehr oder weniger vergessenen Komponisten der Zwischenkriegszeit. Dass Erich Wolfgang Korngold, der mit Österreich abgeschlossen hatte und 1957 im Alter von 60 Jahren in den USA starb, zu den weniger Vergessenen gehört, hat er vor allem seiner Pionierleistung auf dem Gebiet der Filmmusik zu verdanken.

Die Korngolds

Klischee, Kritik und Komposition

Jüdisches Museum Wien

Dorotheergasse 11, 1010 Wien

www.jmw.at

Bis 18. 5. 2008 So-Fr 10-18 Uhr

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