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Beißende Parodie Ein besonderes Juwel bieten heuer die Nestroy-Spiele Schwechat: Johann Nestroys Posse "Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab". 1835 als Parodie auf ein schwülstiges Melodram um einen verkannten Dichter des längst vergessenen Autors Karl von Holtei entstanden, verarbeitete Nestroy in ihr auch seine Wut über das Theaterpublikum, das ihn im Vorjahr ausgebuht hatte. Mit seinem Dichter Leicht treibt er das verkitschte Bild des Künstlergenies auf die Spitze. Dieser verlässt aus Gram über seinen Misserfolg die Stadt, fristet als Straßenmusiker sein Dasein. Als er nach Jahren zurückkommt, muss er feststellen, die Wiener strömen in sein einst verspottetes Stück, weil sie glauben, er sei längst tot. Peter Grubers turbulente Inszenierung nützt Nestroys ungezügelten Ingrimm, witzig aktualisiert, für eine Diagnose heutiger Verhältnisse. Michael Scheidl zeichnet den Dichter Leicht als rauhen zynischen Charakter, der sich der komischen Tragik seiner Situation bewusst ist. Insgesamt beeindruckt das sehr spielfreudige, gut typisierte Ensemble. Unter anderem mit Bruno Reichert, Markus Heller in den Rollen selbstgefälliger Biedermänner und Susanne Urban als des Dichters unerfüllte Liebe. Annemarie Klinger Seichter Schwank Felix Dvorak und das Sommertheater. Der Meister des leichten Schwanks zeigt heuer in Berndorf Hans Schuberts "Mit besten Empfehlungen", eine volkstümliche Komödie aus den sechziger Jahren, hinübermodernisiert in das Jahr 2000. Das Stück erzählt von einem Chemiker, der durch ein Missverständnis zum Direktor in seiner Firma gemacht wird. Gefühlswirrwarr, hektische Auftritte und Abgänge, alles gelassen von Dvoraks durchwegs solidem Stammensemble (darunter Dagmar Truxa, Daniela Dvorak, Chris Lohner, Rudolf Pfister, Gideon Singer und Dvorak selbst) serviert. In kleinen Häppchen freilich. Dazu garniert Dvorak das Stück mit zahlreichen (durchwegs unnötigen) tagespolitischen Anspielungen, die dem Stück nicht gut tun. Dvorak legt sein Hauptaugenmerk auf Tempo und schnelle Pointen, um über so manche inszenatorische Schwächen hinwegzutäuschen. Sein Stil ist mehr Kabarett denn Theater. Für die Freunde der richtigen Theaterbühne ist unter diesem Gesichtspunkt "Mit besten Empfehlungen" nur bedingt zu empfehlen. Matthias Greuling Bluesige Posse In der Franzensburg in Laxenburg inszenierte wieder Jürgen Wilke den "Barbier von Sievering", eine Altwiener Posse mit Gesang von Karl Meisl. Die Geschichte um Liebe, Verwirrung, Rachsucht und Verlangen, dem "Sevilla"-Original nachempfunden, dreht sich um den Barbier Figaro Martin (Adi Hirschal), der als gerissenster Mann von Sievering kühne Pläne schmiedet, um die kreisenden Liebeswirren aufzulösen. Das Ensemble ist sattelfest, bei den gesanglichen Einlagen vernimmt man jedoch deutlich unterschiedliche Stimmqualitäten. Das tut der guten Stimmung im Stück aber keinen Abbruch. Hier regiert der mitunter derbe Kaisermühlen Blues-Schmäh, angeführt von Hirschal und der Jazz-Gitti. Aber Meisls Posse ist nun mal ein Volksstück, das sich für sommerliches Theater gut eignet. Die Pointen hat Regisseur Wilke mit einigen politischen Bezügen aufzuwerten versucht, was aber unter dem Motto "EU-Sanktionen für Sievering" weniger gut gelang. Matthias Greuling

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