6786975-1970_17_14.jpg
Digital In Arbeit

Schein und Sein

Werbung
Werbung
Werbung

„Im Wirklichen ist alles Große und Edle enthalten, es ist nicht auf die Niedrigkeiten der Seele und des Leibes beschränkt.“ An diesen Satz von Jean de la Varende über den Realismus Flauberts muß man unwillkürlich in der Ausstellung der Zeichnungen von Alfred Hrdlicka in der Galerie auf der Stubenbastei denken, da in ihnen die Martyriolo-gie des Fleischlichen, die Wut und Lust am Häßlichen nun auch um den Themenkreis des Sexuellen, der Pornographie, erweitert wurde. Hrdlicka exzelliert nach wie vor im naturalistischen Detail, mit dem er dem Schrecklichen Glaubwürdigkeit zu verleihen sucht, kann aber seine Formvorstellung nur selten über die Ganzheit einer Gestalt ausdehnen, da er dem ihr innewohnenden Materialismus seines „Naturalismus“ zum Opfer fällt.

Das Räumliche seiner Szenen versucht er durch Addition und Überschneidungen zu lösen, wobei kritische Stellen immer mehr durch Dunkelheiten verdeckt und damit großzügig negiert werden. Überhaupt ist in den Zeichnungen der letzten Zeit anscheinend durch die Forcierung des „genialisch“ Fragmentarischen ein deutlicher Desintegrationsprozeß sichtbar, der ein Krisenzeichen darstellt.

In der Galerie „Autodidakt“ zeigt Adolf Luchner Bilder und Graphiken, wobei sich unter den Bildern „Das Dorf und zwei Stilleben, unter den Graphiken das Aquarell „Stadt am Berg“ behaupten. Die Bilder zeigen einen deutlichen Weg vom Expressiven zu einer sich langsam entwickelnden formalen Strenge, in deren dekorativem Gefüge, bei reicherer sich zu optischem Grau hin orientierenden Farbigkeit, die Darstellung der Objekte an die Grenze des Ungegenständlichen getragen wird. Die anscheinend an Fronius orientierte Graphik ist von dieser Entwicklung noch nicht beeinflußt worden.

In der Künstlerhausgalerie zeigen die Graphiken von Helmut Kies mehr bemühten Fleiß als Gestaltungskraft. Die Bilder überschreiten in ihrer Farbigkeit und der um Bedeutung bemühten Sentimentalität geschmackliche Grenzen. Herbert Schwarz' „Plastiken“ sind dubioses Kunstgewerbe.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung