Metaphern aus Bronze

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Klassiker der modernen Bildhauerei: "British sculpture" im Park von Schloß Ambras, Tirol.

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Klassiker der modernen Bildhauerei: "British sculpture" im Park von Schloß Ambras, Tirol.

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Endlich wieder einmal heraus aus der Stadtluft hinein in die Frische eines Parks und dann genüßlich von einem skulpturalen Kunstwerk zum andern schlendern! Das bieten jetzt und noch ein volles Jahr die romantischen Anlagen des Ambraser Hochschlosses bei Innsbruck. Dort, wo einst Erzherzog Ferdinand II., Landesfürst von Tirol, und seine schöne, bürgerliche Gemahlin Philippine Welserin verliebt lustwandelten, begleitet uns nun unter altehrwürdigen Platanen eine Reihe von zeitgenössischen englischen Skulpturen.

Denn in Zusammenarbeit mit dem Yorkshire Sculpture Park, England, hat die Galeristin Elisabeth Thoman-Oberhofer (Kunstraum Innsbruck) heuer - seit 1996 zum zweiten Mal - im Schloßpark Ambras ein Projekt von großer Resonanz entwickelt: Verschiedenste Großplastiken und Skulpturengruppen bevölkern die Parkanlagen, ruhen halbversteckt im schattigen Gehölz, säumen die Wege oder lagern - überragt vom Ambraser Hochschloß - auf weiten Wiesenflächen.

Nicht ohne Absicht hat man britische Arbeiten ausgewählt, wurde doch die Entwicklung der Bildhauerei im 20. Jahrhundert wesentlich von Künstlern und Künstlerinnen Großbritanniens geprägt. Besonders die skulpturale Kunst in der Landschaft erhielt ihre bedeutendsten Impulse durch Bildhauer wie Henry Moore oder Barbara Hepworth, die zu den Klassikern der modernen Skulpturgeschichte zählen. Die Ausstellung "British sculpture" im Schloßpark Ambras zieht einen rückblickenden Bogen, der von den Pionieren der modernen Landschaftsbildhauerei ausgeht und bis in die neunziger Jahre heraufreicht. In einer Symbiose von Kunst und Natur konfrontiert sie - im wechselnden Spiel der Tages- und Jahreszeiten - die zeitgenössischen Ausdrucksformen der Bildhauerei mit der beeindruckenden Renaissancearchitektur des Hochschlosses von Ambras.

In Henry Moores kompositorischem Spiel mit Masse und Aushöhlung ("Zurückgelehnte Figur", 1960) wird der Hohlraum zur selbständigen Form - zu einer Metapher, die sich vor dem Schloßgebäude ausbreitet. In ständig wechselnden Ansichten weist sie auf Geborgenheit, aber auch auf Verborgenes im weiblich-kreativen Sein hin.

Der "Sommertanz" (1972) von Barbara Hepworth hingegen spricht eine abstrakte Sprache, deren streng vereinfachte Rundformen einen überraschend poetischen Gehalt aufweisen.

Michael Sandles "Frau für Heidelberg", 1987, wiederum wirkt wie eine konstruktivistische Großplastik, die eine Kernform von schier mathematischer Präzision umschließt.

Kantig in bronzener Blockhaftigkeit erstarrt, ähneln ihr die sitzenden "Jungen Mädchen" (1987) von Lynn Chadwick. Ihre Antlitze auf das Hochschloß gerichtet, erscheinen diese Figuren zu einer Demonstration von Ausgesetztheit und Abkapselung erkaltet zu sein. Die Gruppe um Kenneth Armitage beschäftigt sich ebenfalls gerne mit der menschlichen Figur. Die "Figur, auf dem Rücken liegend" (1961) wirkt durch das Liniengerüst der aufgereckten Gliedmaßen extrem bewegt. Ebenfalls auf starke, fast melodische Bewegtheit zielen innere und äußere Form des "Liedes für Adele IX" (1997) von Tim Scott. Sie verbinden sich zu einem Geflecht vibrierender Schwingungen von beinahe symbolisch-poetischer Auslegung.

Ebenfalls auf einer großen Wiesenfläche vor dem Hochschloß aufgerichtet, erinnert William Turnbulls "Großes Pferd" (1990) an ein Totem. Es zwingt die skulpturale Vorstellung zur Einfachheit, Klarheit und einer eigenwilligen Darstellung von Primitivität. Anthony Caro und Phillip King sind ehemalige Assistenten von Moore, schlagen später aber völlig neue Wege ein und trachten, Skulptur und Architektur in eigenwilliger Sprache zu vereinen. (A. Caro: "Sänfte", 1987/91; Phillip King: "Ruf", 1967).

Die plastische Masse des "Großen Hasen" (1989/90) von Barry Flanagan erhebt sich ebenfalls vor der Kulisse des Schlosses und wird dabei zum Träger expressiver Energie, in der das Skizzenhaft-Karikierende vorherrscht und in auffallendem Gegensatz zum "Großen Pferd" steht.

Insgesamt sind es 27, in Auffassung und Technik sehr unterschiedliche, skulpturale Werke, die im Schloßpark von Ambras Kunst und Natur ästhetisch vereinen.

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