Wer Frauen sucht: Ich finde Sie!

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Die Quereinsteigerin Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP) steigt nach acht Jahren Politik wieder aus. Ein resümierendes Interview zum Abschied.

Politisch engagiert war Katharina Cortolezis-Schlager schon als Studentin. Doch erst 2005 machte die Unternehmensberaterin Politik zum Beruf, wurde Wiener VP-Stadträtin für Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft und 2010 Wissenschaftssprecherin der Bundespartei. Kürzlich hat sie ihren Rückzug bekanntgegeben. Im FURCHE-Gespräch zieht die 53-Jährige Bilanz.

Die Furche: Was würden Sie sagen: Ist Politik nur das "Bohren harter Bretter“, wie Max Weber sagt - oder ist sie schlimmer?

Katharina Cortolezis-Schlager: Nein, Politik ist eine sehr schöne Aufgabe. Bei allen Projekten, die ich mir vorgenommen habe, ist es zumindest gelungen, erste Erfolge zu erzielen - wenn auch nicht immer so schnell wie erhofft. Aber ich bin hartnäckig.

Die Furche: Vorige Woche hat die Regierung endlich ihr Konzept zur Sprachförderung präsentiert (vgl. Kommentar Seite 7), wobei sich nun die Schulen selber aussuchen können, ob sie Kinder mit Deutsch-Defiziten separat in Vorschulklassen oder im Klassenverband unterrichten. Sind Sie zufrieden?

Cortolezis-Schlager: Diese Flexibilität der Schulen halte ich für überfällig. Umso mehr, als wir seit der "Perspektivengruppe“ unter Josef Pröll, in der ich das Kapitel Bildung geleitet habe, versuchen, nicht mehr über Erlässe oder Inputs zu steuern, sondern die Ergebnisse anzuschauen. Mit der kompetenzorientierten Reifeprüfung, den Bildungsstandards und nun der Schuleingangsphase können wir evaluieren, was die Schüler können. Wie die Schulen dorthin kommen, soll ihnen überlassen sein.

Die Furche: Um das zu schaffen, brauchen sie aber entsprechende Mittel - die es etwa für die Sprachförderung nicht gibt…

Cortolezis-Schlager: Das Schulbudget wurde bei der Senkung der Klassenschülerzahl enorm aufgestockt - mit geringer, messbarer Wirkung. Wir müssen das vorhandene Geld wirkungsvoller einsetzen und sicherstellen, dass es direkt an den Schulen ankommt. Derzeit ist das System ineffizient.

Die Furche: Apropos: Der Germanist Hans-Jürgen Krumm hat in der letztwöchigen FURCHE gemeint, separate Vorschulklassen, in denen etwa 15 Kinder mit Deutsch-Defiziten von nur einer Lehrerin unterrichtet würden, seien "hinausgeworfenes Geld“ …

Cortolezis-Schlager: Dass mehrere Kinder mit anderen Muttersprachen gemeinsam Deutsch lernen, ist das Prinzip jedes Fremdsprachenunterrichts. Natürlich ist es leichter, wenn die Wohnpolitik vorsieht, dass Migrantenkinder am Spielplatz vermehrt mit deutschsprachigen Kindern zusammentreffen. Aber auch im Englischunterricht sitzen viele Kinder ohne entsprechende Vorkenntnisse in einer Klasse - und es funktioniert.

Die Furche: Kommen wir zum "Meilenstein“ ihrer Arbeit als ÖVP-Wissenschaftssprecherin, wie Sie selbst gesagt haben: die neue, gemeinsame Lehrerausbildung. Wäre es nicht endlich an der Zeit gewesen, auch die Elementarpädagogik mit hineinzunehmen?

Cortolezis-Schlager: Wir haben derzeit noch zu wenig habilitierte Elementarpädagoginnen, um eine universitäre Ausbildung gesetzlich vorschreiben zu können. Was wir aber verbessern müssen, ist die Durchlässigkeit: Eine Absolventin einer Bundesanstalt für Kindergartenpädagogik soll mit einem Jahr Bonus in eine Pädagogische Hochschule einsteigen können. Hier muss man die Curricula weiterentwickeln.

Die Furche: Entwicklungsbedarf gibt es auch bei der Frauenförderung, die Ihnen am Herzen liegt: Laut einer aktuellen AK-Studie sind nur 38 Prozent der Mütter zwei Jahre nach der Geburt ihres Kindes berufstätig und die Lohnfalle schnappt gnadenlos zu …

Cortolezis-Schlager: An der Qualifikation kann das nicht liegen: Heute haben mehr Frauen als Männer ein Hochschulstudium.

Die Furche: Könnte es nicht sein, dass Frauen einfach das Falsche studieren?

Cortolezis-Schlager: Das macht nur einen Teil der Schere aus. Der große Unterschied beginnt bei den Gehaltsverhandlungen. Es sollte deshalb nicht nur Teil der Ausbildung sein, sich Kompetenzen anzueignen, sondern auch, dafür etwas zu verlangen.

Die Furche: Sie glauben wirklich, dass man selbstbewusstes Auftreten lernen kann?

Cortolezis-Schlager: Ja, und es würde den Mädchen und Frauen gut tun, das mehr zu trainieren. Ich sehe auch als Unternehmensberaterin und an mir selber als Politikerin, dass man oft so begeistert von der Sache ist, dass man vergisst, auf die eigene Position und auf Machtpositionen zu schauen.

Die Furche: Ihre eigenen Aufstiegsmöglichkeiten in der ÖVP waren mangels Fixmandats für die Nationalratwahl begrenzt. Nun kehren Sie der Politik den Rücken - wie auch Ridi Steibl und Christine Marek. Vermännlicht die Volkspartei?

Cortolezis-Schlager: Die Frage ist, welche Entwicklungsperspektiven Frauen sehen. Ich glaube, dass in der ÖVP flächendeckend jenes Prinzip umgesetzt werden sollte, das ich als Bezirksparteiobfrau der Leopoldstadt zu leben versuche, wo die Hälfte des Vorstands mit Frauen besetzt worden sind.

Die Furche: Sie sind für Quoten?

Cortolezis-Schlager: Wer immer behauptet, es gebe nicht genügend Frauen, um wichtige Positionen zu besetzen, dem kann ich nur antworten: Ich finde sie, weltweit.

Die Furche: Es ist also nicht so, dass Frauen oft von sich aus nicht in Führungspositionen drängen, weil sie die Vereinbarkeit von Kind und Karriere als Lüge empfinden?

Cortolezis-Schlager: Das ist oft eine billige Ausrede. Aber das Phänomen, dass sich Frauen überfordert fühlen, gibt es natürlich. Hier ist an den Rahmenbedingungen zu arbeiten. Es führt etwa kein Weg daran vorbei, dass es an jedem Schulstandort ein bis zwei ganztägige Klassen geben muss.

Die Furche: Aber gerade die ÖVP prescht punkto Ganztagsschule nicht gerade vor …

Cortolezis-Schlager: Es muss einfach die Wahlmöglichkeit geben.

Die Furche: Apropos Wahl: Manche würden in Sebastian Kurz den besseren, weil charismatischeren ÖVP-Spitzenkandidaten sehen. Sie selbst haben vor einem Jahr gesagt, Kurz spiele "nach außen hin den Super-Demokraten, und nach innen ist er der Diktator, der Abgeordnete mundtot machen will.“

Cortolezis-Schlager: Ich habe damals im Klub eine kritische Äußerung zu seinem medialen Vorstoß über die Wahlrechtsreform getan und daraufhin hat er den Landesparteiobmann informiert. Doch das ist mittlerweile ausgeräumt. Und punkto charismatisch: Ich glaube, dass Michael Spindelegger sehr wohl Charisma hat. Jeder hat ein individuelles Charisma.

Die Furche: Sie selbst wollen nun wieder in die Wirtschaft gehen. Dem Charisma von ÖVP-Revoluzzer und "NEOS“-Gründer Matthias Strolz konnten Sie nicht erliegen?

Cortolezis-Schlager: Nein, es geht mir nicht darum, eine neue Gruppierung aufzubauen, sondern in der Volkspartei, in der ich immer Zuhause war, meinen Beitrag zu leisten. Wenn ich mir die vielen bedauernden Reaktionen auf meinen Abschied anschaue, dann habe ich offenbar einen Fußabdruck hinterlassen - und nun hoffe ich, dass andere diesen Weg weitergehen.

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