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Gegen die ORF-RTL-Produktion "Der Bachelor" laufen Feministinnen und Politikerinnen aller Couleurs seit Wochen Sturm. Nun hat auch der ORF-Publikumsrat die Einstellung dieses TV-Formats empfohlen. Wie frauen- oder männerfeindlich ist die neue Kuppelshow?

Ist es an ihrem Kleid gelegen? War sie zu vorlaut? Oder einfach nicht blond genug? Warum auch immer Katharina in der "Nacht der Rosen" keinen langstieligen Liebesbeweis erhalten hat - sie wird es nie erfahren. Eine Woche lang hatte die 22-jährige Wienerin um die Gunst des ebenso smarten wie reichen Marcel gebuhlt und ihm ihr strahlend weißes Lächeln zugeworfen. Umsonst. Nach kurzen Sondierungsgesprächen beim Weinlesen, Roulettespielen und Segeln hatte der Beau aus Basel entschieden, bei der Planung seiner rosigen Zukunft von Katharina abzusehen. Und so musste die Österreicherin - gemeinsam mit vier Schicksalsgenossinnen aus Deutschland und unter der Anteilnahme von nur 511.000 heimischen Zusehern - Mittwoch vergangener Woche die prachtvolle Villa in Südfrankreich räumen. Aus der Traum vom lukrativen Liebesglück.

Nach zwei Folgen auf ORF 1 und RTL hat "Der Bachelor" (Der Junggeselle) schon 15 der ursprünglich 25 Kandidatinnen in die Wüste geschickt. Für die zehn Verbliebenen sind die Chancen, dem 29-jährigen Banker mit österreichischem Pass das Herz zu brechen, noch intakt.

Sexistisches Programm

Längst nicht mehr intakt ist dagegen für viele die Programmplanung des ORF: "In einem öffentlich-rechtlichen Sender hat dieses sexistische Programm nichts zu suchen", kritisierte Margit Hauft, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung und Mitglied im ORF-Stiftungsrat, schon nach der ersten Ausstrahlung des "Bachelors" am 19. November. Vergangenen Montag hat sich auch der ORF-Publikumsrat dieser Meinung angeschlossen und der Sender-Führung empfohlen, das Format aus dem Programm zu nehmen. Erst Tags davor war Generaldirektorin Monika Lindner der Forderung nach einer "breiten öffentlichen Diskussion über die Rolle der Frau in den Medien" nachgekommen und hatte die Sendung Offen gesagt unter das Motto: "Was Frauen wirklich wollen" gestellt. Ein später Schritt, der den Ärger der Publikumsräte kaum zu kühlen vermochte: "Langweiliger Mist", lautete etwa der Befund von Wilfried Seipel, Direktor des Kunsthistorischen Museums.

Schmeichelnde Frauen

Befragt man Frauen- und Männerforscher, dann fällt das Urteil über den "Bachelor" etwas differenzierter aus: "Die Sendung ist insofern sexistisch, weil Frauen vorgeführt werden - was im Alltag noch immer vorkommt", meint Andrea Lehner-Hartmann, Genderforscherin und Universitätsassistentin am Institut für Religionspädagogik in Wien. Die Behauptung von ORF-Programmentwickler Tobias Krause, beim "Bachelor" handle es sich um ein "gleichberechtigtes Spiel", weil die Frauen die Rosen auch ablehnen könnten, ist für sie "Lug und Trug": "Hier gibt es eine Dynamik, aus der die Frauen nicht ausbrechen können." Zudem sei es bezeichnend, dass man sich dazu entschlossen habe, einen Mann aus 25 Frauen auswählen zu lassen - und nicht umgekehrt wie in der US-Serie "The Bachelorette": "Die Frauen müssen ständig überlegen, was dem Mann gefallen könnte. Über sie selbst erfährt man nichts." In einem Format mit verteilten Geschlechterrollen würde das Drehbuch anders aussehen, ist Lehner-Hartmann überzeugt: "Hier müssten die Männer sichtbar werden und bestimmte Aufgaben erledigen, um bei der Frau landen zu können."

Auch für Erich Lehner, Männerforscher und Mitarbeiter am Ludwig-Boltzmann-Institut für Werteforschung in Wien, ist die neue Show von ORF und RTL eine "Zuspitzung aktueller Geschlechterverhältnisse". Dass in Offen gesagt nur das Frauenbild diskutiert und das dazugehörige Männerbild ausgeklammert wurde, hält Lehner für "typisch": "Dieser Bachelor' ist aber nicht nur frauen-, sondern auch männerfeindlich", ist der Geschlechterforscher überzeugt. "Marcel entspricht der so genannten hegemonialen Männlichkeit, die mit Macht, Einfluss und ökonomischer Potenz verbunden ist."

Ein durch und durch "traditionelles" Männerbild also, dem nach der aktuellen Studie "MannsBilder. Ein Jahrzehnt Männerentwicklung" des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Werteforschung nur noch 17 Prozent der österreichischen Männer anhängen (gegenüber 23 Prozent im Jahr 1992). Dagegen ist der Anteil der Männer, die als "modern" angesehen werden können, von 14 auf 23 Prozent gestiegen. "Moderne Männer versuchen, sich partnerschaftlich einzubringen", erklärt Studien-Mitarbeiter Erich Lehner. "Der Bachelor' bringt sich aber nicht ein. Er wählt nur aus."

Geht es nach Jo Groebel, Leiter des Europäischen Medieninstituts in Düsseldorf, dann liegt die neue ORF-Kuppelshow durchaus im Trend "etwas anspruchsloserer Unterhaltungsmedien", alte Rollenklischees wieder aufleben zu lassen". "Wenn so etwas mit einem Augenzwinkern gemacht wird, dann habe ich auch kein Problem", meint Groebel. "Aber Der Bachelor' tritt ja etwas bierernst auf."

Sozialdarwinismus als Show

Überraschend sei, wie unverhohlen hier ein "zugespitzter Sozialdarwinismus" zu Tage trete. "In der vorliegenden Form beinhaltet die Show jedenfalls zwei massive Verkürzungen", meint der Medientheoretiker: "Die erste ist, dass Träume von heute auf morgen in Erfüllung gehen. Und die zweite ist, dass das Glück reduziert wird auf ökonomische Faktoren."

Für solch grundsätzliche Überlegungen hat der "Bachelor" Marcel momentan keine Zeit. Stattdessen ist er Woche für Woche gezwungen, Traumfrauen auszusondern. Eine Aufgabe, die ihn mittlerweile schon am Einschlafen hindert, wie er zuletzt einer Schönen an Deck seines Segelboots gestanden hat: "Das klingt zwar extrem arrogant, aber da macht man schon was durch."

DER BACHELOR. Mittwoch, 21.10 Uhr, ORF 1

MANNSBILDER.

Ein Jahrzehnt Männerentwicklung.

Im Auftrag des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen herausgegeben von Paul M. Zulehner. Schwabenverlag, Ostfildern 2003. 300 Seiten, Pb, e 25,80

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