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Im Südtiroler Stil

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Sieben Spielcasinos als Maximum sind gesetzlich in Österreich zugelassen. Alle sieben sollen in Hinkunft als „neue Fremdenverkehrsattraktionen“, wie Spielbankengeneral Dr. Wallner sagte, modernst ausgestattet werden. In Bauen bei Wien ist es nicht nur gelungen, den Kongreßbezirk durch Freigabe der alten Casinoräumlichkeiten zu erweitern, sondern mit dem neuen Spielcasino zweifellos auch eine neue Fremdenverkehrsattraktion zu schaffen. „Das modernste Spielcasino Europas“ nennen es die Verantwortlichen der österreichischen Spielbanken AG. — Tatsache ist, daß bei der Ausstattung nicht gespart wurde und daß neben großen, vollklimatisierten Spielräumen mit acht Roulette- und zwei Baccarattischen auch ein eigener Bezirk für die Spielmüden oder nicht spielfreudigen Gäste Badens geschaffen wurde. Ein Fernsehraum, eine große Bar im Kuppelraum, wo ehemals der Trinkbrunnen stand, großzügige Foyers und das anschließende Restaurant sollen Garantie dafür sein, daß in der Kurstadt südlich von Wien ein neues Ziel für den Fremdenstrom geschaffen wurde. Aber nicht nur in Baden zeigt die österreichische Spielbanken AG. Fremdenverkehrsambitionen, auch in Seefeld rollt im Hotel Karwendelhof, dem „ersten Casino im alpen-ländischen Stil“, seit dem Dezember des Vorjahres die Kugel. Von alten, abbruchreifen Südtiroler Bauernhöfen hat man geschnitzte Balken, Friese und andere Bauteile herbeigeholt, um eine „neue Atmosphäre“

zu schaffen. Wie Generaldirektor Dr. Wallner hierzu erklärte, soll das alles wieder nicht allein für Spieler gedacht sein, es soll vielmehr in der geräumigen Bar und den anschließenden übrigen Lokalitäten gepflegte Gastlichkeit geboten werden. Daneben wurden, nachdem bereits im Jahre 1968 der Cercle in der Wiener Kärntnerstraße eröffnet hatte, nunmehr auch Verbesserungen an den Casinos in Salzburg, Velden und Kitzbühel vorgenommen. Das Badgasteiner Casino als letztes wird in dem neuen Kongreßzentrum untergebracht sein, das vom Salzburger Architekten Dr. Gerhard Garsten-auer geplant wurde. Auch hier wird eine „neue Casinoatmosphäre“ dafür sorgen, daß sich die Gäste aus dem In- und Ausland wohlfühlen. Gerade Österreich, das in hohem Maße vom Fremdenverkehr lebt, braucht in den Zentren des Fremdenverkehrs Attraktionen, wie sie Spielcasinos nun einmal darstellen. Nur durch ein reichhaltiges Angebot, dem ausländischen Touristen gegenüber, wird es gelingen, im Konkurrenzkampf der europäischen Fremdenverkehrsländer zu bestehen. Darüber hinaus liegen aber die österreichischen Spielbanken genau auf der Linie, die der notwendig gewordenen selektiven Tendenz des Fremdenverkehrs entspricht, da sie stets ein spezifiziertes Publikum ansprechen und vor allem weitestgehend mit dazu beitragen, die Vor- und Nachsaisonen ganz unabhängig von den Wetterbedingungen auszudehnen. Das Spielcasino gilt als die

Stätte des Nervenkitzels, des Glückspiels mit den relativ größten Chancen, des intellektuellen Ausgleichs, wo Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kunst, Film und Fernsehen einander treffen.

Spielcasinos ziehen den ausländischen Gast ebenso an wie etwa Kunst- oder Naturschätze. Man darf die Anziehungskraft der Spielstätten auf den zahlungskräftigen Gast, ob er nun geschäftlich unterwegs ist oder nur zu einem Kurzaufenthalt nach Österreich kommt, nicht unterschätzen.

Im Zeitalter der Kongresse, Fachtagungen und Symposien haben Spielcasinos erneut an Bedeutung gewonnen. Die Veranstalter derartiger Arbeitsgespräche sind daran interessiert, daß ihre Gäste nach stundenlangen Vorträgen und Gesprächen am Abend Zerstreuung finden.

Spielcasinos sind Orte der Begegnung, Zentren des gesellschaftlichen Lebens und touristische Anziehungspunkte zugleich. Es nimmt daher nicht wunder, wenn man erfährt, daß immer mehr Staaten, in denen es bisher keine Casinos gab, beschließen, Spielcasinos einzurichten und daß einige Staaten die Anzahl ihrer Casinos erhöhen wollen. So erhöht die Bundesrepublik Deutschland die Anzahl ihrer Spielbanken durch Neugründungen in Berlin, im Saarland und voraussichtlich einigen anderen Fremdenverkehrszentren. Ähnliches geschieht in Jugoslawien, wo es allein in der Hauptstadt Belgrad bereits zwei Casinos gibt.

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