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„Sissy” — Prinzessin der Messe

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Eine der ältesten österreichischen Fahrzeugfabriken hat auf dem Gebiet der Motorisierung nun wieder einmal Pionierarbeit geleistet. Erinnerlich ist, daß Löhner die erste Fabrik war, die sich in Oesterreich mit der Erzeugung von Rollern befaßte und das Modell L 98 bereits im Jahre 1949 herausbrachte. Als weitere bekannte Fahrzeuge -dieser Firma sind noch der 98 T, der 125er- und 200er-Roller zu nennen. Die beiden letzteren konnten auch mit Beiwagen eigener Erzeugung ausgestattet werden. Durchweg handelte es sich hier um Fahrzeuge, die ihren Besitzer vollauf zufriedenstellten. Nament lich die beiden letzteren Lohner-Roller gehören xur internationalen Spitzenklasse.

Nunmehr hat dieses Werk sich wiederum der Zeit angepaßt und als Neuschöpfung ein Tandem-Moped auf den Markt gebracht, dai, ohn Ihm Vorschußlorbeeren zuerkennen zu wollen, ine imponierende Leistung darstellt. Wir haben um an dieser Stelle bereits lehr eingehend über Mopedi unterhalten und ind zu der lieber Zeugung gelangt, daß die österreichischen Erzeug nisi dieser Kategorie den ausländischen nicht nur gleichwertig, sondern meist sogar Oberlegen lind. Nunmehr müssen wir feststellen, daß da neue Lohner-Moped Sissy sicherlich die Spitze hält. Diese Konstruktion besitzt nicht nur Je eine Langarmschwinge vorne und hinten, sondern weist auch einen Federweg von 70 Millimeter auf, der bereits jenem eines Motorrades entspricht. Durch dreifach variable Aufhängung der Federbeine in den Schwingen ist die Abfederung bis zu 20 Prozent verstellbar. Diesel Moped benötigt die Veränderung, da ei für zwei Perionen zugelassen ist. Lohner bezeichnet dai Moped Sissy auch als Moped-Roller, wai in Anbetracht der speziellen Gestaltung durchaus berechtigt erscheint, da es sich hierbei wirklich um ein Mittelding zwischen Roller und Moped handelt. Erstaunlich ist überhaupt, wie viele neue Ideen in dieses Fahrzeug hineinkonstruiert wurden. Das ist besonders imponierend, wenn man überlegt, daß man gerade auf diesem Gebiet der Meinung sein müßte, es sei bereits an allei gedacht worden. Dennoch weist die „Sissy” eine ganze Reihe von Neuerungen auf, die bisher noch nicht aufschienen. Der alleinige Konstrukteur dieser Novität, Herr Oberingenieur Hladik, der als verantwortlicher Chefkonstrukteur auch schon den Lohner 125 und 20Ö konstruiert hat, hat hier wiederum sein ausgeprägtes Fingerspitzengefühl bei der Schaffung einer neuen Type dieser Fahrzeugkategorie unter Beweis gestellt. Man bedenke, daß das neue Moped, das zweifellos eine, wenn nicht d i e Sensation auf dem Zweiradsektor der Messe darstellen wird, in volladjustiertem Zustand eine vierfache Gepäcksunterbringung besitzt, und zwar am Ende des Fahrzeuges mittels eines kräftigen Gepäcksträgers, in der Mitte durch den Knieschluß bietenden Tank, der in Wirklichkeit aber als Gepäckstank ausgebildet ist und zur Aufnahme von Reisegepäck dient, denn der Kraftstoffbehälter befindet sich unter der Sitzbank vor dem Motor. Weiter ist innerhalb der Schürze ein Haken wie bei manchen Rollern und außerdem ist in der Bughaube ein Gepäcksraum vorgesehen. Erwähnt muß hier werden, daß der Gepäckstank mit einem Griff abgenommen und als geschlossener Behälter, ähnlich einem Koffer, mitgenommen werden kann. Wenn man bedenkt, daß bei einem Moped, das zwei Personen befördern kann, eine relativ große Menge Gepäck zum Teil witterungsgeschiizt transportiert werden kann, so ist dies allein schon eine beachtliche Leistung.

Der Antrieb dieses ungemein sauber kon- itruierten und durchdachten Fahrzeuges erfolgt durch einen gebläseluftgekühlten 50-ccm-Sachs- Zweitaktmotor, der mit einem Dreiganggetriebe versehen iit, was ein weitere Novität am öster- reichiichen Markt daritellt. Dai Moped kann auf Wunsch mit Tretkurbeln oder mit einem Kickstarter geliefert werden. Bei Verwendung des letzteren ist ein Führerschein erforderlich, der Motor ist dann nicht gedrosselt und verleiht dem Fahrzeug eine Geschwindigkeit von rund 60 km/h. In gedrosseltem Zustand liegt die Geschwindigkeitsgrenze bei 40 km/h und ei ist dann auch kein Führerschein erforderlich, wenn dai Moped mit zwei Personen besetzt ist. Die Steigfähigkeit wird uns mit 22 Prozent im ersten Gang bekanntgegeben, 14 Prozent im zweiten Gang und 6 Prozent im dritten Gang, durchweg mit einer Person. Die Leistung des genau 47-ccm-Motors beträgt 2,2 PS bei 5250 U/min. Erwähnen wollen wir noch, daß dieses neue Moped „Sissy” in vier Gestalten in den Verkehr kommen kann, und zwar 1. als reines Moped, mit den oben aufgezählten Zusatzbauteilen ergänzbar; 3. als Moped-Roller, ausgestattet mit Spritzwand und Trittbrett, mit den übrigen Zusatzbauteilen ergänzbar. 1. und 2. sind führerscheinfrei und durch Einbau der zweiten Tretkurbel für zwei Personen benützbar. 3. „Sissy” als Klein-Motorrad, mit allen Zusatzbauelementen ergänzbar; 4. als Klein-Roller, mit Spritzwand und Trittbrett sowie den übrigen Zusatzbauelementen. 3, und 4. sind führer- icheinpflichtig, beide mit dem ungedrosselten Motor von 2,2 PS mit Kickstarter ausgestattet und für zwei Personen zugelassen.

Daß diese Moped für zwei Personen zugelassen ist, wird ihm sicherlich eine Reihe von ernsten Interessenten sichern und die besonder , weil ei sich fast in der gleichen Preislage wie ein einsitzige bewegt und darüber hinaus maximalen Fahrkomfort bietet. Wir sind der Meinung, daß Lohner mit dieser kleinsten motorisierten Einheit ein großer Wurf gelungen ist, denn der Hang zum Moped ist heute vor allem bei der Jugend, aber auch bei älteren Jahrgängen festzustellen. Wir können uns aber auch vor- tellen, daß man ein io nettes Fahrzeug wie den neuen Lohner-Moped-Roller „Sissy” neben einem Wagen hält.

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