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Emil Noldes religiöse Bilder: Farbfluten aus Geist und Gefühl.

Vor etwa einem Jahr, eine internationale Kunstauktion: Zwei Blätter von Emil Nolde, mit gleichem Rufpreis, duftige Blumen, ein den Beschauer anspringendes Eingeborenen-Porträt. Die Blumen schossen um ein Mehrfaches über den Rufpreis hinaus, das Porträt erreichte ihn gerade. Höchste Zeit, an den espressiven, ungebärdigen, wilden, mystischen, oft beängstigenden Nolde zu erinnern. Einer Hamburger Ausstellung des Vorjahres verdanken wir das exemplarische Buch mehrerer ausgewiesener Kenner über diesen Nolde.

Seine Apostelköpfe von 1909 sind wohl die ungebärdigsten, wüstesten, in jeder Hinsicht ungekämmtesten Apostel der Kunstgeschichte. Verzückte, Halbwahnsinnige, ganz und gar keine jenseitig Verklärten, Menschen, mit denen möglicherweise nicht gut Kirschen essen wäre. Wie im Hafen von Alexandria gegrapscht wird, das ist nicht von schlechten Eltern. Der Moralist mit dem Pinsel ist unverkennbar, doch Noldes religiöse Bilder sind eine geradezu orgiastische Malerei.

Er nahm sie auch sehr, sehr ernst. Er wünschte für sie einen weihevollen, aber intimen Ausstellungsraum, einer Kirche stand er zunächst skeptisch gegenüber, war dann aber damit sehr zufrieden, wie wir von Jenns Howoldt erfahren. Beim Publikum ist Nolde mit diesem Teil seines Werks bis 1914 nicht besonders angekommen. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckte Heise in ihm ein Heilmittel für die Wunden, die der Kriegsausgang dem Selbstverständnis der Deutschen zugefügt hatte. Er erwartete von Nolde die "Gestaltung eines neuen irrationalen Weltgefühls", das dann von ganz anderer Seite ganz anders gestaltet wurde. Nolde selbst war während des tausendjährigen Reiches geächtet und hatte Malverbot. H.B

EMIL NOLDE - legende vision ekstase Die religiösen Bilder. Herausgeber: Hamburger Kunsthalle. Dumont Verlag, Köln 2000. 192 Seiten, Farbtafeln, Abbildungen, Ln., öS 715,-/e 51,96

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