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Herzl eindimensional

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Der erfolglose junge Dramatiker Theodor Herzl erlebt als Pariser Auslandskorrespondenten der „Neuen Freien Presse" die Dreyfus-Affäre und den an ihr aufbrechenden antisemitischen Fanatismus hautnah mit. Mit seiner radikalen Antwort einer „modernen Lösung der Judenfrage" kehrt Herzl nach Wien zurück und geht an die praktische Verwirklichung seiner Utopie eines „Juden-Staates". Das Hundertjahr-Jubiläum des Erscheinens dieses Werkes ist Anlaß für die Uraufführung von Alexander Widners „Herzl - Gestohlen unserem Land und den Zeiten" durch das Wiener Volkstheater. Allein, Widners zehn Szenen um Theodor Herzl kranken an ihrer Eindi-mensionalität. Zu flach, zu wenig blutvoll werden der Erfinder des „Judenstaates" und seine Umwelt zum Leben erweckt.

Die gesellschaftliche Atmosphäre des Wiens der Jahrhundertwende, die internationale Situation des Judentums, die verschiedenen Strömungen bei den Juden - vom Rückzug aufs Religiöse über die Forderung nach Repräsentanz in den nationalen politischen Gremien bis zum Engagement im internationalen Kommunismus - kommen zu kurz. Und so wird Herzls Figur zum missionarischen Eiferer, den seine Schwiegereltern belächeln, seine Frau nicht wirklich versteht und den seine Kampfgefährten zuletzt nur als Motor benutzen.

In der Regie Wolfgang Palkas ist Rainer Frieb ein - unter diesen Umständen - überzeugender Herzl, Roger Murbach und Friederike Dorff lockern als Schwiegereltern den Ernst der Auseinandersetzungen, die Gegner (Thomas Stolzetti) und Freunde (Alfred Rupprecht, Wolf Dähne, Günther Wiederschwinger) miteinander führen. Christina Dom als Herzls Frau Julie verbreitet Sa-lonatmosphäfe und bleibt trotz einer großen Szene vom Autor her blaß.

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