7127514-1997_10_23.jpg
Digital In Arbeit

Aufs Hormon kommt's an

Werbung
Werbung
Werbung

Die wissenschaftliche Forschung Österreichs hinkt natürlich wieder hinterher, weil sie zu wenig gefördert wird. Die Rudgetmittel für die Propagierung und geplante Gesetzesregelung der häuslichen Arbeitsteilung wären ertragreicher in der Hormonforschung angelegt. Denn dann wüßten wir hierzulande schon längst, daß nicht etwa männliche Re-quemlichkeit oder gar Herrschaftsgehabe den müden Gemahl zur Ruhestellung nötigt, derweil die emsige Gattin kocht, putzt und den Nachwuchs erzieht. Der Schlachtruf „Halbe Halbe!” erinnert höchstens an Bier, wobei starke Interpretations-Auffassungen bestehen. Ist eine „Halbe Halbe” mathematisch ein Viertelliter, oder ist die Wiederholung im Sinne von „Eine Halbe und noch eine Halbe” zu verstehen, entsprechend einem ganzen Liter. Ein Beistrich (siehe Rechtschreibreform), also „Halbe, Halbe!”, macht den Unterschied.

Doch was soll solcher Scharf- und Schwachsinn? Ganze Sache machen, wie immer, die uns vorauseilenden Amerikaner, die in Massachusetts ein Männerforschungsinstitut betreiben. Dort untersuchten sie 1.709 (wieso ausgerechnet so viele?) Männer zwischen 39 und 70 Jahren, indem sie ihnen einerseits Rlut und andererseits Aussagen abzapften. Resultat: Jene, die sich als Machos bekannten, hatten um ein Prozent mehr Testoterin und um zwei Prozent weniger Lutropin im Blut. Testoterin ist das bekannte Männlichkeits-Hormon, Lutropin ist ein weniger bekanntes Hormon, welches Aggressionen hemmt. Klarer Fall also, im Auto-Vergleich: mehr Gas und weniger Rremse! Denn die Hormone, das wissen wir mittlerweile, wirken selbst in ganz geringen Mengen.

Solche Untersuchungen haben fatale Konsequenzen. Aber zunächst ist auf eine Schwachstelle der Männerforscher von Massachusetts hinzuweisen: Die Aussage Macho oder Softie entsprach der Selbsteinschätzung der befragten Männer. Diese kann aber widersprüchlich sein. Das wissen nicht nur die Scheidungsrichter, sondern das kann man an jedem Stammtisch erfahren. So mancher, der sich im maskulinen Umfeld als Macho verbal protzt, ist daheim ein sanfter Geschirrspüler. Und so mancher, der daheim auf den Tisch haut, beteuert bei außerhäuslichen Auseinandersetzungen, er sei eigentlich ein lammfrommer Hausmann. Die Hormon-Wissenschafter hätten da schon ein wenig bei den zugehörigen Frauen recherchieren müssen.

Von diesem Einwand abgesehen ist das Ergebnis ein Freibrief, der eine neue Männer-Emanzipation begründet. Was helfen denn alle Appelle und Gesetze, wenn die Hormone schuld sind! Einmal die Gene, einmal die Hormone - kein Mensch ist mehr an seinem Verhalten schuld!

Rleibt also nur den Frauen, die sich nicht unter die Knute eines Machos beugen wollen, künftig ihre Prüfung, ehe sie sich ewig binden, hormonwissenschaftlich zu erweitern. Denn im Werbe- und Flitterzustand sind Machos ja meistens maskiert. Die Pharma-Industrie wird ein Test-Streiferl entwickeln müssen, der Geliebte verspürt einen leisen Fingerstich - und heimlich auf der mitgelieferten Skala liest die Zukünftige den Testoterin-und Lutropinwert ab. Objektiver kann die Entscheidungshilfe nicht sein!

Was aber tun jene vielen geplagten Frauen, die in vormännerforschender Zeit bereits ihre Entscheidung -womöglich falsch - getroffen haben? Ist es ihr unabänderliches Schicksal, vom Testoterinschub des Gatten versklavt zu sein? Oder, umgekehrt, hätten sie sich statt eines bügelnden Sof-ties nicht doch lieber einen hormonstarken Hausherrscher gewünscht? Muß Nietzsches furchtbare Zarathu-stra-Peitsche ewig am Hormon-Prozenterl hängen?

Daher Pharma-Industrie und Hormon-Pillendreher heraus! Macho-Formin oder Softie-Plus können doch kein Problem sein. Für Machos, die sich weigern, eine Zwangs-Injektion. Dem Frauen-Ministerium und dem Forschungs-Förderungsfonds stehen große Aufgaben bevor.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung