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Peter Roseis bemerkenswerte und gar nicht so kleine Schriften.

Peter Rosei gilt unter den maßgebenden österreichischen Gegenwartsschriftstellern gleichsam als Synonym für den Nomaden oder um eine Schattierung nobler ausgedrückt, als der große Reisende. Er ist nicht nur in Europa oder Japan anzutreffen, sondern - wie ungewöhnlich gewöhnlich - auch im Kärntner Rosental. Deshalb stehen in seinem Opus neben belletristischen Büchern Reisereportagen und Arbeiten, die dem Weltenbummler ein beredtes Zeugnis ausstellen.

In den nun gesammelten "Kleinen Schriften" berichtet Peter Rosei aus allen möglichen Lebensabschnitten, nicht aber hauptsächlich aus berühmten Weltgegenden. Die erfassten Destinationen scheinen in der alltäglichen Geografie oder in den normalerweise benützten Karten nicht wirklich auf. In diesem Buch bestimmt die Geografie der Freundschaft die Koordinaten, allenfalls noch die Erdkunde der Geistesgeschichte beziehungsweise Geschichte großer Geister.

Lebensfreundschaften

Zwei Lebensfreundschaften Peter Roseis hat bereits der Tod der Freunde beendet. H. C. Artmann und Helmut Eisendle, der Poet und der Philosoph der österreichischen Literatur des vorigen Jahrhunderts, werden als Dichter und Freunde gewürdigt, und zwar in Annäherungen, die Artmann und Eisendle noch einmal gegenwärtig machen. "Ich begrabe dreißig Jahre Freundschaft und, so paradox es klingen mag, meine Jugend ... Mit Helmuts Tod endet für mich eine Ära und eine Freundschaft, die zwar nicht immer grade und eben, dafür dauerhaft und oft liebevoll war", meint Peter Rosei über den sympathischen Helmut Eisendle. "Du bist der beste meiner schlechten Freunde!", hat Rosei Eisendle zum sechzigsten Geburtstag gesagt, um sich nun zum eindeutigen "Du bist mein Freund!" zu korrigieren. Um keinen Deut schlechter fallen die Freundesworte über H. C. Artmann aus.

Geistesgeschichtlich hat Peter Rosei ein persönliches Dreigestirn fixiert: Franz Kafka, Adalbert Stifter und Ludwig Wittgenstein. In den Aufsätzen über diese großen Herren ist viel Gescheites zu erfahren.

Neben grundlegenden Überlegungen zu Kunst und Kunsttheorie finden sich im neuen Buch kürzere poetische Texte und eine Auswahl von politischen Kommentaren, die Peter Rosei abgegeben hat. Er denkt beispielsweise über Österreichs Rolle in Europa, die Fremdenfeindlichkeit, Arbeitslosigkeit oder den Wandel der Sozialdemokratie nach. Natürlich ist Rosei weder politischer Kommentator noch Spin Doctor, sondern ein nachdenkender Schriftsteller, der nicht unbedingt die Welt verbessern will. In eine serbische Sackgasse wird er jedenfalls nicht geraten.

Keine Sackgassen

Peter Roseis Texte sind hier im weitesten Sinn Essays und assoziativ gebaut. Einen roten Faden wird man aus der Zusammenstellung nicht herausfinden können, was dem Bemerkenswerten der "Kleinen Schriften" keinen Abbruch tut. Natürlich ist es - aus literarischer oder editorischer Sicht - nicht alltäglich, neben einer Skizze mit dem Titel "Einige Bemerkungen über das Essen in Japan", in der der Leserin und dem Leser ein "Napf voll Miso-Suppe" serviert wird, einen Versuch "Über Franz Kafka" zu finden, in dem dieser als "Jurist, Beamter der Arbeiterunfallversicherung und auch sonst durchaus Interessierter" präsentiert wird. Die Breite der Themen stellt einen durchaus interessierten Schriftsteller vor, der gerade mit diesem Buch erreichbarer und zugänglicher wird.

Im Text über Adalbert Stifter setzt Peter Rosei neben anderen Thomas Bernhard, diesen naturgemäß exzellenten Übertreibungskünstler, zur Schreibgröße aus der Vergangenheit in Bezug. In Roseis assoziativer Manier muss ich zu seinem Buch selbstverständlich festhalten, dass er ab jetzt wohl der vortrefflichste Untertreibungskünstler ist. Seine "Schriften" in der "sog. Unsterblichkeit" sind alles andere als "klein".

DIE SOG. UNSTERBLICHKEIT

Kleine Schriften von Peter Rosei

Sonderzahl Verlag, Wien 2006

139 Seiten, brosch., e 16,--

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