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Platon

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DER TOD DES SOKRATES. Eine Interpretation der platonischen Schriften Eutyphron, Apologie, Kri-ton und Phaidon. Von Romano Guardini. Rowohlts deutsche Enzyklopädie, Hamburg. 204 Seiten. Preis 14.80 DM.

PLATON: MEISTERDIALOGE. Phaidon, Symposion, Phaidros. Eingeleitet von Olof G i g o n. Uebertragen von Rudolf R u f e n e r. Artemis-Verlag, Zürich. 86 und 281 Seiten.

Die Philosophie des Sokrates von der seines Schülers Platon zu trennen, ist schwer, in den Spätwerken des Platon meistens unmöglich. Das liegt einesteils am hohen Sprachstil des Dialogschreibers, anderseits daran, daß der Schüler den Meister über troffen hat. Der Meister der Ironie, Sokrates, war der Weise, der die Fragen kannte und sie seinen Zeitgenossen stellte — Piaton sammelte Fragen und Antworten in den „Himmel“: Piaton interpretierte leinen Meister, indem er einen Ideenhimmel schuf (während Piatons späterer Interpret Aristoteles nur noch ein System zuwege brachte). — Die Tragik des Sokrates-Platon ist die, daß dieser Fragesteller Vernunft wollte und Vernünftigkeit den Mitlebenden entlockte, selbst aber ein Genie war — ein im Numi-nosen und in der Landschaft beheimateter Mensch. Ihm konnte diese Fragerei nicht schaden. Schon bei Aristoteles zeigte sich, wie wenig die Epigonen dieser Methode gewachsen waren, da sie nur noch die Vernunft-Vernünftigkeit-Fragen kannten und sich nur noch auf den Rationalismus zu bewegen konnten. Es erwies sich, daß die sokratische Methode nur ganzen Menschen überantwortet werden darf; sonst werden Fragen, Antworten, Fragende und Antwortende zu Abstraktionen aus dem lebendigen Leben weg — sie werden Philbsophiegelehrte mit ihren Lehr- und Lerngebäuden. — Sokrates und Piaton waren die ersten „existentiellen Philosophen“ in jenen Dialogen, die vom Tode, von der Liebe und von der Unsterblichkeit der Seele handeln. Romano Guardini hat in den Untersuchungen „Der Tod des Sokrates“ (1947 zum ersten Male erschienen) dies erarbeitet: nicht „akademische“ Gespräche, sondern Diskussionen, in denen die Gesprächspartner auf Leben und Tod/mitgefragt waren — waren sokra-tisch-platonisches Philosophieren. Die Gedanken über den Tod und die eigene Haltung zum Tod und auf den Tod hin erweist einen Denker als existentiellen, als beteiligten Philosophen; dadurch ist aber dieser Philosoph zugleich ein religiöser Mensch, wie Guardini es am Beispiel des Sokrates darlegt. — Guardini lehrt mit diesem Buch zweierlei Methode: wie ein Text interpretiert wird und wie das Interpretierte selbst wiederum die Wahrheit weiterbringt. Dieses Werk vermag den philosophischen Eros zu wecken wie kaum ein Werk der Fachliteratur. — Der Artemis-Verlag gibt in neuer, bester Uebersetzung und mit einer ausführlichen Einleitung in die betreffenden Dialoge den „Phaidon“, das „Symposion“ und den „Phaidros“ heraus. Diese Aussähe ist auch den Nichtfachleuten zu empfehlen: vielleicht kommt hie und da ein Leser auf den guten Gedanken, daß man auch selbst philosophieren kann; daß Philosophie nicht eine Angelegenheit einiger Spezialisten, sondern des Menschen ist.

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