Platon - © Bild: iStock/ZU_09

Platon: Der Ahnherr der abendländischen Philosophie

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Sein Werk beeinflusste die Philosophie über Jahrhunderte hinweg – und polarisierte auch. Zwei neue Studien zu Platon zeichnen ein differenziertes Bild des berühmten Denkers.

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Sein Werk beeinflusste die Philosophie über Jahrhunderte hinweg – und polarisierte auch. Zwei neue Studien zu Platon zeichnen ein differenziertes Bild des berühmten Denkers.

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Die Gestalt und das philosophische Werk von Platon polarisieren. Einerseits wird er als Begründer der abendländischen Philosophie euphorisch gepriesen: Georg Wilhelm Friedrich Hegel betonte, dass mit Platon die Philosophie als Wissenschaft anfange; für den italienischen Philosophen Giovanni Reale stellen die platonischen Schriften „die Magna Charta der westlichen Philosophie“ dar. Hingegen erhob Friedrich Nietzsche den Vorwurf, dass mit Platon „der bisher schlimmste, langwierigste und gefährlichste aller Irrtümer“ aufgekommen sei; nämlich die „Erfindung vom reinen Geiste und vom Guten an sich“. Und Karl Popper bezichtigte Platon, ein Feind der offenen, liberalen Gesellschaft zu sein.

Dialogische Struktur

Nun liegen zwei unterschiedliche Studien zu Platons Denken vor, in denen ein differenziertes Bild des „Meisterdenkers der Antike“ gezeichnet wird. So lautet auch der Untertitel der umfangreichen Studie von Thomas Alexander Szlezák, die eine Gesamtdarstellung der platonischen Schriften anstrebt, während Hellmut Flashar um eine verständliche Einführung bemüht ist, die keine Vorkenntnisse voraussetzt. Das Buch des in München emeritierten Professors für Klassische Philologie trägt den Titel „Platon. Philosophieren im Dialog“ und unterscheidet sich von den meisten gelehrten Studien durch den Anspruch auf „Sofortverständlichkeit“, wie der Autor betont. Er gibt einen kurz gefassten Überblick über alle Schriften Platons, wobei er Wert darauf legt, den jeweilig spezifischen Charakter einzelner Dialoge herauszuarbeiten: „Es gibt keinen Philosophen, für den die dialogische Struktur seines Denkens und Mitteilens so konsequent an die Form des Dialoges gebunden ist. Das mitmenschliche Philosophieren vollzieht sich im Dialog.“

Im Zentrum der philosophischen Gespräche stehen die Normen menschlichen Verhaltens; im Dialog „Protagoras“ diskutieren Sokrates und der Sophist kontrovers über die Frage nach der Lehrbarkeit der Tugend. Protagoras, der behauptet, im Besitz der Weisheit zu sein und sie auch lehren zu können, erläutert das Programm seines sophistischen Projekts; es führe dazu, dass seine Schüler bessere Menschen und Bürger würden. Sokrates, der die gegen Bezahlung erfolgte Lehrtätigkeit der Sophisten ablehnt und sie als Gefahr für die Seele ansieht, äußert seine Zweifel – mit dem Hinweis, dass es nicht einmal dem bedeutenden Staatsmann Perikles gelungen sei, seinen Kindern die Grundlagen für ein tugendhaftes Leben zu vermitteln; vielmehr „laufen sie gleichsam ohne Hirten auf der Weide umher, ob sie dabei etwa von selbst darauf stoßen möchten“. In weiteren Passagen des Gesprächs werden verschiedene Aspekte der Tugend erörtert, wobei es zu keiner Übereinstimmung kommt; eine eindeutige Lösung der Problematik kann nicht erzielt werden. Der Dialog endet mit einer Aporie – laut Flashar „mit einem notwendigen Durchgangsstadium für eine vorurteilslose Untersuchung“.

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