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Inge Moraths Fotografien zeigen Venedigs Alltag.

Der Fischer am Markt nahe der Rialto-Brücke, eine steife Personengruppe am Markus-Platz, die auf die Tauben herabblickt - gegenüber schließlich das Flügelgewirr, das Gurren lässt sich beim Umblättern nicht abstellen: so die Turbulenz im Bildband "Venezia" aus dem Nachlass der österreichischen Fotografin Inge Morath.

Morath hat die Schwarz-Weiß-Fotografien der Szenen und Szenarien Venedigs im Herbst 1955 für das Buch "Venice observed" von Mary McCarthy aufgenommen. Die 1923 in Graz geborene Künstlerin zeigt, wie zeitlos Impressionen sind: drei alte Damen in Schwarz gekleidet, mit Hut im Cafe, der Alltag der Straße spiegelt sich in den Scheiben, zieht vorüber.

Architekturaufnahmen, Straßenszenen, das Spiel mit Linien und Formen, ein Brunnen und davor vergessene Schuhe: viele Geschichten und Rätsel bietet der Bildband. Der Blick der 2002 verstorbenen Fotografin war auf Details gerichtet, sie konnte auf die Abbildung der Postkartenmotive verzichten, hielt sich an Linien und Formen, an das besondere Porträt einer Stadt im Spiegel der Porträts ihrer jungen und alten BewohnerInnen.

Der Salzburger Medien-, Literaturwissenschaftler und Fotograf Kurt Kaindl hat zusammen mit der Ausstellungskuratorin Brigitte Blüml diesen Band ediert. Unaufdringlich haben sie ihre Spuren entlang der Fotografien Inge Moraths gelegt: sie haben Regie geführt bei dieser einmaligen Erkundung Venedigs. Sie haben arrangiert, Höhepunkte gefunden, kleine Dialoge inszeniert, Fragen gestellt und manchen Satz unbeendet gelassen.

Die vergessenen, verlassenen Schuhe und die weißen Leintücher, die sich in einer engen Gasse zwischen den Häusern zu mächtigen Segeln aufblähen: Episoden einer Stadt. Spiegelungen des Bekannten im reinigenden Regen, Einzelpersonen im Linienwerk der Plätze und Wege: Inge Moraths Bilder sprechen. Ein kühner Blick auf eine viel gesehene Stadt, Bilder, die dadurch faszinieren, dass sie die Erwartungen brechen, das Stille und Leise festhalten und das Geheimnis des Nichtgezeigten in sich bergen. Eine Zeitreise in Bildern mit ungewisser Ankunft.

Venezia

Von Inge Morath. Mit Texten von Karl-Markus Gauß, Peter Weiermair, Kurt Kaindl, Brigitte Blüml.

Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, Salzburg 2003

112 Seiten, geb., e 36,-

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