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Wiedersehen mit einem Ereignis

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Am kommenden Samstag singt Maria Bill im Volkstheater Lieder, die Edith Piaf gesungen hat. 15 Jahre sind seit der denkwürdigen „Piaf”-Premiere im Wiener Schauspielhaus vergangen. Ein Publikum, das die Bill noch nie singen gehört hatte, blickte suchend um sich, aber da waren keine Playback-Läutsprecher man meinte, die Piaf zu hören, doch kein Zweifel, die Frau, die da die Piaf spielte, sang selbst. Ich mußte nach der Vorstellung eine Piaf-Platte auflegen, um mir den Unterschied zu vergegenwärtigen: Das Metallische in der Stimme der Piaf, das hat sie nicht. Das fehlt. Sie ist, gottlob, eben doch ein anderer Mensch. Dieser Abend machte Maria Bill zum Star.

Später gab es zwei Zäsuren in ihrem I-fiben. Eine schöne und eine weniger schöne, nicht ganz erklärbare. Gewiß, ein Kind ist ein Grund, kürzer zu treten. Aber Maria Bill wollte, abgesehen von den Jahren der intensivsten Beanspruchung durch ihren Sohn, doch nicht um soviel kürzer treten, wie sie vom Theater kurz gehalten wurde.

Jede „Piaf-Spezialisierung” weist sie im Gespräch mit der FURCHE vehement zurück. Schallplatten- und Tourneeangebote nach dem Erfolg im Schauspielhaus lehnte sie ab. Der Grund ist ebenso lapidar wie wahr: „Weil man ja die echte Piaf hören soll!” Aber auch eine Spezialisierung auf Rollen mit Gesang würde ihr nicht gefallen. Bevor man wußte, daß sie singen kann, sah man sie in tragenden Rollen in Hans Gratzers legendären Shakespeare-Inszenierungen, etwa als Königin im „Hamlet”, dem Publikum des Akademietheaters blieb sie, gemeinsam mit Erika Plu-har, in Botho ”Straußens „Kalldewey Farce” unvergeßlich. Was sie im Sprechtheater gezeigt hat und viel zu selten immer wieder zeigt, etwa im

Weihnachts-”Cyrano” des Volkstheaters (FURCHE 1/97), läßt unbegreiflich erscheinen, daß diese Schauspielerin nicht mit Rollen bombardiert wird. Der Sohn ist mit neun Jahren kein Kleinkind mehr, er erfindet Geschichten, zeichnet phantasievolle Comics, lernt Klavier spielen - hoffentlich spricht sich nun herum, daß Maria Bill wieder ganz zur Verfügung steht. Das nächste große Projekt: Im September 1998 spielt sie im Berliner Schloßparktheater unter der Begie ihres Mannes Michael Schottenberg den Hamlet.

Der neue Piaf-Abend hatte am 25. September in Berlin Premiere und ist an das einstige Stück angelehnt, doch der Text ist knapper, lakonischer. Ein Partner, Gunter Barton, spielt alle Rollen, das Orchester ist auf Klavier und Akkordeon reduziert. Im Vordergrund stehen die 20 Lieder. Solche von „damals” - und andere. Dazu kamen, beispielsweise, „La vie en rose” und „padam, padam” und „La foule” und „Le feuilles mortes”, ein Lied, das übrigens auch Yves Montand gesungen hat. Die Bill kommt, trotz der Eigenständigkeit, mit der sie nach so langer Zeit wieder an diese Rolle herangeht, ins Erzählen, wenn sie über das Leben der Piaf spricht. Etwa über den „schönen Teilnahmslosen”, der so cool war, daß Jean Cocteau der Piaf ein kleines Stück zum Geschenk machte, in dem der zurückhaltende Gentleman wenigstens als Figur der Dichtung starke Gefühle zeigt - und ihr eine Öhrfeige gibt. Die Geschichte kommt vor.

Leider ist „Piaf” vorläufig nur einmal in Wien zu sehen. Auf Wiederholungen darf man hoffen, im Volkstheater oder im Odeon.

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