Yetis, Indianer und Klischees

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Isabel Allende besucht in ihrem Abenteueroman "Im Reich des Goldenen Drachen" buddhistische Mönche im Himalaja.

In Isabel Allendes erstem Jugendbuch "Die Stadt der wilden Götter" reisten die New Yorker Reporterin Kate Cold und ihr Enkel Alex Cold durch den Amazonas. Nun reisen die beiden in den Himalaja und erleben erneut Erstaunliches.

"Im Reich des Goldenen Drachen" ist ein Abenteuerroman, wie er nicht klassischer sein könnte. Die Welt ist klar in eine Welt der Guten und Bösen geteilt und schon die Namen geben Auskunft darüber, wer welcher Seite angehört. Der Sammler, der Spezialist oder die Skorpionkrieger verkörpern das Böse. Sie dringen in ein Paradies ein, in dem alle friedlich miteinander leben und das nun erstmals in seiner Geschichte bedroht wird. Wie es sich gehört, werden die Bösen aber von den Guten aller Aussichtslosigkeit zum Trotz besiegt und in Allendes Geschichte hat das auch ein bisschen mit der zahlenmäßigen Überlegenheit zu tun.

Die Guten und die Bösen

Die Liste der Guten ist lang und zum engeren Kreis gehören der buddhistische Lama Tensing, der Herrscher des buddhistischen Bergkönigreichs, dessen Sohn und Thronnachfolger Dil Bahadur, Kate und Alex Cold natürlich, Nadia Santos, ein Indianer-Mädchen, das die beiden Weltenbummler im Amazonas kennen gelernt haben, nicht zuletzt: die Yetis. Sie treten in diesem neuen Allende-Buch ebenfalls in Erscheinung und lehren den Bösen das Fürchten. So wie einst Reinhold Messner, der ja vor Schreck erstarrt sein soll. Das Äußere der Yetis ist wie von Messner beschrieben ruppig und zottelig, sie leben wild und ohne jede Kultur und lieben es, laut grölend aufeinander einzuschlagen. Weil sie aber helfen, das Paradies zu retten, spielen sie am Hof der chilenischen Bestseller-Autorin die Rolle der harmlosen und liebenswerten Narren.

Farbenfrohe Kulisse

Isabel Allende hat sich für ihre neue Geschichte eine prächtige und farbenfrohe Kulisse einfallen lassen und erzählt ein Märchen, bei dem Ost und West, buddhistische Weisheiten und Indianer-Mythen, übernatürliche Kräfte und moderner Aberglaube aufeinander prallen. Sie belehrt und spielt mit den Klischees, dass es nur so kracht. Sie vermischt alte Traditionen und Sagen mit dem Heute und hat sogar Computerspiele zu Rate gezogen, da sie die Figur des bösen und barbarischen Skorpionkriegers daraus entnommen hat. Allende schreckt nicht einmal vor läppischen Sprachspielereien zurück, die gern witzig wären, dem Leser aber nur ein verständnisloses Kopfschütteln abringen, weil sie schlichtweg nicht witzig sind.

"Willst du mich auf den Arm nehmen?", fragt der amerikanische Junge Alex den buddhistischen Prinzen an einer Stelle. Sie stecken gerade in einer wirklich brenzligen Situation und Allende will uns glauben machen, sie würden um ihr Leben fürchten. "Dil Bahadur verstand nicht, was Alex meinte. Warum um alles in der Welt sollte er ihn hochheben wollen?"

Ähm ... Jugendroman hin oder her: Das klingt platt, abgedroschen und peinlich, zumal der Versuch an dieser und vielen anderen Stellen bemüht, erkennbar, aber eindeutig fehlgeschlagen ist. Dennoch, und das muss man Allende einfach zugestehen: Der Roman ist spannend. Sie weiß, wie sich Spannung erzeugen und Langeweile vermeiden lässt. Sie erzählt ihre Geschichte in mehreren Strängen, führt diese geschickt zusammen, lässt dafür auch eine Unzahl an Figuren aufmarschieren und gleicht die fehlende Tiefgründigkeit mit Handlung aus. Ganz ohne Grund ist ihr der Erfolg als Schriftstellerin schließlich nicht passiert.

Bemüht, aber platt

Da Allende jedoch nicht nur über erzählerisches Talent, sondern auch über einen enormen Geschäftssinn zu verfügen scheint und wohl ein bisschen auf Joanne K. Rowlings Harry-Potter-Bände schielte, hat sie sich nun des Jugendbuches angenommen. Die Fassung für Jugendliche ist im Hanser Verlag erschienen, die Fassung für Erwachsene im Suhrkamp Verlag. Und wie ihre englische Kollegin wird sich Allende gerade mit der nächsten Fortsetzung beschäftigen.

Für die rasende Reporterin Kate Cold und ihren Enkel Alex gibt es noch viele Kontinente und Naturvölker zu entdecken und möglicherweise führt sie ihre dritte Reise nach Afrika, "ins Tal der schwarzen Trommeln"? Das wäre in jeder Hinsicht vorstellbar.

Im Reich des Goldenen Drachen

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Von Isabel Allende

Aus d. Span. v. Svenja Becker. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2003

332 Seiten, geb., e 23,60

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