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Werk und Wirkung des österreichischen Kriegsberichterstatters Walter Henisch sen.

Ein Krieg ist für uns beendet, wenn man aufhört, davon Bilder zu machen. Spätestens seit dem zweiten Golfkrieg ist uns das bewusst. Fotografen, Kameraleute und Journalisten sind eingebettet in die Truppenverbände und liefern uns die vorderste Front in die hintersten Wohnzimmerwinkel, ein Phänomen, dessen Wurzeln bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen.

Anton Holzers "Mit der Kamera bewaffnet" zeigt, wie Kriegen "ein fotografisches Gesicht" verliehen wurde, vom Krimkrieg als erstem Medienkrieg bis zum Zweiten Weltkrieg, der den Fronten zu Lande, zu Wasser und in der Luft endgültig die virtuelle Propagandafront hinzufügte.

Kleiner Mann, großer Krieg

Mitten drin im großen Geschehen ein kleiner Fotograf: Walter Henisch, 1943 als bester Bildberichterstatter der Wehrmacht ausgezeichnet und von seinem Sohn literarisch als "Die kleine Figur meines Vaters" verewigt. Peter Henischs erstmals 1975 erschienener semidokumentarischer Roman war lange Zeit vergriffen und kam heuer in dritter überarbeiteter Auflage auf den Markt, illustriert mit einigen der verschollen geglaubten Fotografien des Vaters. Mittlerweile sind noch viel mehr von ihnen zu sehen: Leben, Werk und Wirkung von Henisch sen. ist die Ausstellung "Brutale Neugier" und die gleichnamige Publikation dazu gewidmet. Gezeigt wird der Bilderjäger Walter Henisch und was findige Propagandisten aus diesem für sie nützlichen unpolitischen Experten herausholten.

Walter Henisch verschanzt sich hinter dem Fotoapparat vor Schrecken und Tod. Einmal strafversetzt zu den kämpfenden Truppen begann er zu trinken: die narkotisierende Wirkung des Alkohols musste die distanzierende der Kamera ersetzen. Beim Fotografieren werden Waffen, Schützengräben und sogar Leichen zu ästhetisierbaren Elementen, das Bild deutscher Panzer in der Weite der russischen Landschaft zum Kunstwerk.

Die Wirklichkeit erstarrt auf Film und erhält dadurch etwas Künstliches. Was zählt, ist keine moralische Bewertung des Geschehens, keine emotionale Anteilnahme. Der Fotograf greift nicht ein in die Geschichte, er bildet nur ab, was ohnehin geschieht, kämpft an gegen das Grauen, das ihn befällt, indem er es in seine Kamera bannt: "Einmal ganz abgesehen von allem anderen - ist das nicht ein herrliches Motiv? Die Silhouette eines deutschen Soldaten vor dem glosenden Dachstuhl! Gegenlicht war schon immer meine Spezialität..." lässt Peter Henisch den Vater angesichts in Brand geschossener Panjehütten räsonieren.

Vater und Sohn

"Fotos zu SCHIESSEN: eine Redewendung. Vielleicht ein Indiz dafür, dass Fotografie und Krieg etwas miteinander zu tun haben." Bei allem Respekt sieht Peter Henisch seinen Vater und dessen "neutrale" Rolle im Zweiten Weltkrieg ambivalent und kritisch. Aber die Bilder haben ihn bis heute nicht losgelassen.

BRUTALE NEUGIER - Walter Henisch, Kriegsfotograf und Bildreporter

Bis 6. Jänner 2004 im WIEN MUSEUM Karlsplatz, Di-So 9-18 Uhr, Eintritt frei

BUCHTIPPS:

BRUTALE NEUGIER - Walter Henisch, Kriegsfotograf und Bildreporter

Hg. Von Christian Stadelmann und Regina Wonisch. Brandstätter Verlag, Wien 2003, 127 S., brosch., mit zahlreichen Abb., e 37,-

DIE KLEINE FIGUR MEINES VATERS

Roman von Peter Henisch. Neuausgabe mit Fotos von Walter Henisch sen., Residenz Verlag, Sbg./Wien/Frankfurt 2003, 272 S., geb., e 16,90

MIT DER KAMERA BEWAFFNET - Krieg und Fotografie

Hg. Von Anton Holzer. Jonas Verlag, Marburg 2003, 183 S., mit zahlreichen Abb., e 25,70

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