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Mit "The Isle" schuf der koreanische Regisseur Kim Ki-Duk ein verstörendes Beziehungsdrama in paradiesischer Umgebung.

Sanfte Hügel um einen von Dunst bedeckten abgelegenen See, ein kleines Fischerhaus mit Steg und verschwommene Umrisse bunter Boote: Ruhe und Idylle prägen das Eingangsbild. Doch der Schein trügt: Bald schon rücken verstümmelte Fische und zerstückelte Leichen ins Bild. Schlussendlich wird die märchenhafte Szenerie zum Schauplatz von Mord und Gewalt.

"The Isle" erzählt voll Brutalität die tragische Geschichte einer jungen Frau, Hee-Jin, die in völliger Isolation ihren Lebensunterhalt damit bestreitet, Fischerhausboote zu vermieten, Angelköder zu verkaufen - und des nachts ihren eigenen Körper feilzubieten. Als eines Tages ein junger Mann, Hyun-Shik, auf der Flucht vor der Polizei und dem eigenen Gewissen in die Bucht getrieben wird - nicht zuletzt hat er zuvor seine Frau und deren Liebhaber aus Eifersucht getötet - scheint ein neuer Sinn in das Leben der abgestumpften Frau zurückzukehren. Zwischen ihnen entsteht ein Verhältnis voll gewaltsamer Leidenschaft und selbstzerstörerischer Besessenheit. Der gemeinsame Weg in einen Abgrund von Gewalt und Mord scheint unausweichlich.

Die Filme des mehrfach ausgezeichneten koreanischen Regisseurs Kim Ki-Duk charakterisieren inhaltliche und visuelle Vollständigkeit. Sein Hauptthema sind die krassen Klassenunterschiede in der Gesellschaft, die die untersten Schichten zu einem Dahinvegetieren zwingen, das bloß aus Gier, Begierde, Eifersucht und Gewalt besteht. Auch in seinen früheren Filmen "Crocodile", "Wild Animals" und "Birdcage Inn" stehen gesellschaftliche Verlierer mit ihren Enttäuschungen und leidvollen Leidenschaften im Mittelpunkt. Das wichtigste Ausdrucksmittel, mit dem Ki-Duk arbeitet, ist Gewalt: Bisweilen erreicht sie jedoch einen Grad, der die Grenze des Verkraftbaren erreicht. So schockiert er den Zuschauer in "The Isle" unter anderem mit verschluckten Angelhaken und noch lebenden Fischen, denen ein Stück für das geplante Sushi herausgeschnitten wird - und die daraufhin in den See zurück geworfen werden. Auf Liebe folgt Gewalt, auf Schönheit Ekel: Mit diesen Wechselbädern versteht es Ki-Duk, den Zuseher sprachlos zu machen.

Die entsetzliche Handlung des Filmes wird mit fantastischen Bildern und einem makabren Humor kompensiert. Die beeindruckenden Unterwasseraufnahmen, das Spiel mit den Farben und der gekonnte Schnitt bieten eine so ausdrucksvolle Bildersprache, die es Kim Ki-Duk ermöglicht, fast völlig ohne Sprechen auszukommen. Gerade diese Sprachlosigkeit ist es, in der das verstörende Beziehungsdrama seine besondere Intensität gewinnt. Sprachlos verlässt schließlich auch der Zuseher den Film - im Bann eines der intensivsten, verstörendsten Liebesfilme der letzten Jahre.

The Isle. Korea 2000. Regie und Drehbuch: Kim Ki-Duk. Mit Suh Jung, Yoosuk Kim, Jae Hyun Cho, Hang-Seon Jang. Verleih: Polyfilm. 82 Min.

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