Seitenblicke einmal anders ...

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... oder: Internationale Solidarität - postmodern.

Selten sah man vor der Leinwand im Großen Saal des Wiener Apollo-Kinos die kubanische Fahne aufgepflanzt. Doch wenn es um die Ikone des revolutionären Internationalismus geht, um Ernesto Che Guevara also, da kann und muss der vorletzte Arbeiter- und Bauernstaat der Welt Flagge zeigen - wenn auch nur neben dem Banner einer Spedition und einer Werbeagentur: Die kubanische Botschaft fungierte als ein Sponsor des Events. Etliche Hundertschaften waren ins Kino gekommen, um der Premiere von "The Motorcycle Diaries" über den jungen Ernesto beizuwohnen. Das Publikum war großteils gemäßigt revolutionär und ein wenig bejahrt - wir erspähten einen langgedienten Grünabgeordneten und den Links-Kandidaten bei der EU-Wahl, auch die Anwesenheit des Sohnes eines einstigen Kanzlers erstaunte kaum.

Dann erklomm das greise Vorstandsmitglied der österreich-kubanischen Gesellschaft das Podium und gab eine Kurzfassung seiner Lebensgeschichte zum Besten: Er sei in den 60er Jahren in Bolivien als katholischer Entwicklungshelfer tätig gewesen und habe dort 1967 auch die Ermordung Ches durch die CIA mitgekriegt. Inbrünstig sprach der betagte Gesellschafts-Vorstand über die Ideale Che Guevaras und wie schlimm es sei, dass der Revolutionär mittlerweile eine Art Popikone sei.

Danach sprang ein Twen in knallrotem Sweatshirt mit Che-Konterfei aufs Podium, stellte sich als Manager einer kleinen Kommunikations-Firma vor, die sich auf PR an den Unis spezialisiert habe, und bedankte sich bei der Speditionsfirma: Diese habe ermöglicht, dass Ches Sohn Camilo aus Kuba zur Wien-Premiere der "Motorcycle Diaries" habe kommen können. Die Banner von Spedition, PR-Firma und die kubanische Fahne wurden dann flugs vom Podium entfernt, das Licht ging aus - und der Film begann. ofri

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