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Bach vibriert, aber der Chor brilliert

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Die Wiener Philharmoniker, das ist eine Sache. Eine andere Sache ist die Interpretation Alter Musik, genauer gesagt jene der Johannespassion von Johann Sebastian Bach.

Philippe Herreweghe, einer der Pioniere auf dem Gebiet der Alten Musik, versuchte im Rahmen des Wiener Osterklanges das Kunststück, beides in Einklang zu bringen. Was herauskam, war ein fragwürdiger Kompromiß.

Der instrumentale Part pendelte zwischen einem recht satten, durch leidenschaftliche Vibrati (gerne auf Schlußtönen!) angereicherten, recht routiniert wirkenden Philharmonikerklang, der allerdings nicht viel mit dem Komponisten selber zu tun hatte, sowie einer engagierten Continuo-Gruppe, deren knappes, sehr textorientiertes Spiel immer wieder aufhorchen ließ. Sehr überzeugend wurde der Con-tinuo-Part im übrigen von der einzigen Dame im Orchester, der Cellistin Ageet Zweistra, interpretiert.

Bei den Solisten bewies Lothar Odinius in der Bolle des Evangelisten große gesangliche Einfühlsamkeit und Gestaltkraft, ebenso Annette Markert (Alt) sowie James Taylor ('Tenor) und Dietrich Hen-schel (Baß). Ruth Ziesak (Sopran) war zu fragil und flattrig in den Höhen, am fragwürdigsten war aber Bobert Holl in der Rolle des Christus. Die schlichten Fragen im Rezitativ („Wen suchet ihr?”) wurden mit viel zu großem Pathos vorgetragen, Textaussage und Interpretation klafften weit auseinander.

Wie zur Belohnung und ohne Makel: der Chor Collegium, Vocale Gent, der durch stimmliche Transparenz und außergewöhnliche Präzision bestach.

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