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Sakrale Tanzspiele

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Die schwierige Aufgabe, aus Laientänzern ein . Ensemble zu schaffen, das geeignet ist, größere Tanzspiele aufzufühiren, hat sich Aimie Carola Kutsch era gestellt. Sie versteht den Tanz nicht als eine von technischer Schulung abhängige Kunstübung, sondern als eine jedem Menschen verliehene Fähigkeit, seinem Fühlen und Glauben Ausdrude zu verleihen — eine Fähigkeit, die nur verständnisvoller Leitung und einfühlender Hinweise bedarf, um geweckt zu werden. Dementsprechend wird den Mitwirkenden großer Einfluß auf die choreographisch Gestaltung ihrer Tianzspiele gewährt: diese sind demnach eigentlich künstlerische KoEektivleh stungen, die dazu beitragen könnten, den Tanz als Volkskunst neu erstehen zu lassen. — Soweit die durchaus einleuchtenden Gedankengänge der Pädagogin, die wir durch ihre Vorträge kennengalernt haben. Ihre praktische Anwendung konnte man an zwei sakralen Tanzdichtungen erfahren, die ihre „Chorische ,Laientanzgruppe“ kürzlich im Schönbrunner .Schloßtheater vorführte.

Es handelte sich hiebei, genau genommen, nicht um Tänze im eigentlichen Sinne des Wortes, insofern nämlich, als die begabte Tanzgruppe bisweilen fast die mimische Inter, pretation altfranzösischer und italienischer Lieder und Motetten zu übernehmen hatte, die von einem begleitenden Quartett gesungen wurden. Audi fehlte jede tänzerische Dramatik, denn, wie schon die Titel der Tanzr spiele, „Die trauernden Brauen von Jerusalem“ und „Hirten und Engel“, ausdrückten, ging es nicht um die Darstellung von Vorgängen, sondern von Zuständen, weshalb es verständlich ist, daß die Schöpfungen der Gruppe als „Tanzoratorium“ bezeichnet werden. Was unter diesen Voraussetzungen entstand, ist nicht eigentlich Bewegungskunst; es war eher eine Folge lebender und ineinander übergehender Bilder, die bisweilen sehr harmonisch und eindrucksvoll wirkten, wenn man auch eine wirklich tänzerische Auflockerung — wie am Ende des zweitenSpiels — nur als wohltuend empfinden konnte. Schwieriger war es, der Verbindung zwischen gesungenem Wort und seiner pantomimischen Begleitung auf der Bühne zu folgen. Schließlich wird man wohl bemerken müssen, daß auch der freieste Ausdruckstanz, das improvisiorteste Zusammenspiel einer Tanzgruppe einer gewissen technischen Grundlage doch wohl nicht ganz ent- raten kann. Daß indessen Aitnee Carola Kutschera mit ihrer Laientanzgruppe ernste und beachtenswerte Arbeit leistet — dafür war ihr Auftreten im Schloßtheater Beweis genug.

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