Effi - © Foto: Christina Baumann-Canaval

Die Vergangenheit verändern

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Die Leistung von Lisa Fertner, ein neunzig Minuten andauernder Monolog der Effi, wurde im Salzburger Landestheater entsprechend gefeiert. Auch "Biografie: Ein Spiel", inszeniert von Marco Dott zeigt Möglichkeiten, die Kontinuität der Zeit aufzuheben.

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Die Leistung von Lisa Fertner, ein neunzig Minuten andauernder Monolog der Effi, wurde im Salzburger Landestheater entsprechend gefeiert. Auch "Biografie: Ein Spiel", inszeniert von Marco Dott zeigt Möglichkeiten, die Kontinuität der Zeit aufzuheben.

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Die Vergangenheit verändern? Kann man das? Max Frischs Beschäftigung mit sich und seinen Befindlichkeiten hat dieses Stück „Biografie: Ein Spiel“ hervorgebracht. Natürlich: gezimmert, stark, ohne langweilige Brüche. Marco Dott hat es für das Landestheater Salzburg im Ausweichquartier im Oval im Europark inszeniert. Es geht um die Möglichkeit, die Kontinuität der Zeit aufzuheben, Beziehungen zurückzulassen. Der Verhaltensforscher Hannes Kürmann möchte seine Biografie ändern, vor allem die misslungene Ehe mit seiner zweiten Frau Antoinette Stein un geschehen machen. Er erhält die Chance, ein Spielleiter ist dabei behilflich, seinem Leben eine andere Richtung zu geben. Und dieses Spiel nagt gewaltig an seinem Ich. Diese Möglichkeit des Zugriffs in die eigene Vergangenheit – die anderen Gegebenheiten sind nicht veränderbar – zeitigt die Brüche zwischen subjektiver Erinnerung und objektiver Realität.

Gregor Schulz als Spielleiter (Assistenz: Elisabeth Mackner, Martin Trippensee) hat es in der Hand, die Geschehnisse nach Kürmanns Vorstellungen zu drehen und zu wenden, Kürmann selbst, Christoph Wieschke, erleidet dabei nicht nur Kratzer an seinem Ego. Tina Eberhardt ist die Stein, an der sich Kürmann sozusagen abarbeitet. Das Was-wärewenn in allen Facetten hat Marco Dott mit dem Ensemble fein hetenen Szenen der wachsende Antisemitismus deutlich gemacht, bis in die von unvorstellbarer Brutalität erfüllten Übergriffe des entfesselten Rassismus der Nationalsozialisten. So führt Gabriele Tergits sich vielfach kreuzender Erzählweg aus den großbürrausgearbeitet. Auf welche Erinnerungen etwa möchte Kürmann verzichten, welche Folgen hat dies. Es ist dieses Spiel auch eine existenzielle Bedrohung, die ein Leben in eine Richtung zu drehen vermag, die dann doch nicht die erwünschte Lösung bietet.

Der Geist des Existenzialismus

Eine Affäre in der Berliner Gesellschaft, die Theodor Fontane auf der Höhe seiner Erzählkunst zum Roman „Effi Briest“ Anstoß war, ein Roman der Weltliteratur, kam in einer Fassung von Falco Blome zunächst im Altstadttheater Ingolstadt auf die Bühne, in Kooperation hat das Landestheater Salzburg den neunzig Minuten dauernden Monolog der Effi auf die Bühne des Europarks gebracht. Es ist ebenfalls ein Stück, wiewohl dem poetischen Realis mus zugeordnet, das den Geist des Existenzialismus atmet. Freiheit und Angst, Schuld und Sühne sind die Themen; ändern will Effi nichts. Die Geschichte: Ein Teenager von 17 Jahren wird mit dem abgelegten Verehrer der Mama verheiratet. Aus den vielen poetisch-dramatischen Stellen entstand dieser Monolog, mit dem Lisa Fertner das Auditorium mit dieser Readerʼs Digest-Fassung des 270 Seiten umfassenden Romans (bei Reclam sind es 337) durch den Abend schaukelt. Ihre Leistung wurde im Oval entsprechend gefeiert.

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