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Linzer Moliere

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Das Linzer Landestheater bringt in den Kammerspielen Molieres „Der eingebildete Kranke''. Will man diese ausgezeichnete Typenkomödie nichtig ins Visier bringen, muß man sich die Lebensumstände vergegenwärtigen, unter denen der Dichter seine Komödie schrieb, bei deren vierter Aufführung er im Nachspiel zusammenbrach und kurz darauf noch im Kostüm des Stückes verschied. Moliere war wohl schon todkrank, als er diese Komödie gegen die Krankheitshypochondrie, gegen die Flucht in die Krankheit als Lebensinhalt schrieb. Vielleicht wollte er sich auch über seinen desolaten Gesundheitszustand hinwegtäuschen und über die Scharlatanerie der Ärzte seiner Zeit krampfhaft lustig machen. So ist es verständlich, daß in der Komödie tragische Akzente spürbar werden. Deren Unterdrückung oder Verzerrung ins Schwankhaft-Tölpelhafte ist in dieser Komödie besonders störend. Mit Recht stellte Reinhpld Schneider fest: „Die Anmut, mit der Moliere die Wahrheit vorgebracht hat, ist von dieser nicht zu trennen, und nur durch das Medium dieser Anmut können wir Moliere wahrhaft empfinden, verstehen.“

Gerade aber diese Anmut fehlt in der Linzer Aufführung unter der Regie von Kunibert Gensichen. Er schloß sich zwar in der Einleitung des Spiels formal der französischen Inszenierungspraxis an: bei offenem Proszenium ein dreimaliges En-scene-Aufstoßen des Stockes. Nur geschieht es nicht durch den Abendregisseur, sondern durch die verkleidete Darstellerin der Toinette. Aber damit findet die französische Art schon ihr fende, wo sie doch erst beginnen sollte. Im Verlauf des Abends spürt man nichts mehr von französischer Diskretion und Leichtigkeit. Die Komödie wird abgewertet zu einem deftigen Volksstück mit reicher und reichlich primitiver Komik und derbem Witz. Was daran zuviel ist, fehlt an der Wortregie. In der Titelrolle spielt Hubert Mann sich selbst. Das Ist naturhaftes Komö-diantentum, aber nicht Molieres eingebildeter Kranker. Erfreulich ist das von Alexandra Kaiser einstudierte Schäferspiel zwischen Ingrid Heitmann als Angelique und dem Oleante Peter Vrays, die auch sonst den Komödienton gut treffen. Dies gut in besonderer Weise von Maria Falkenhagen als Toinette, die leicht und beschwingt agiert und auch als weltberühmter Medicus charmant bleibt ohne ins Triviale abzusinken. Franz Essel und Manfred Jaksch als Vater und Sohn Dr. Diafoirus sind von der Regie als Groteskkomiker eingesetzt und bringen wenigstens Heiterkeit in den oft zähen Fluß. Als gelungen sei noch auf die Scheintodszenen verwiesen, während das bizarre, abschließende Maskenspiel der Scheinpromotion in Öden Klamauk absinkt. In größeren Rollen sind noch beteiligt die Damen Ott und Neuwirth sowie die Herren Meinecke, Geiger, Zeller und Stefan. Das Publikum kam nicht recht in Stimmung und so blieb der Applaus kühl.

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