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Digital In Arbeit

Räumliche Fülle und große

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Die Reisezeit beginnt. Die moderne Völkerwanderung wird von vielen mit der beinahe zum Körper gehörenden Kamera eingefangen.

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Die Reisezeit beginnt. Die moderne Völkerwanderung wird von vielen mit der beinahe zum Körper gehörenden Kamera eingefangen.

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Unter den Reisenden aller Länder und in allen Ländern gibt es nur wenige, die ohne Fotoapparat oder Filmkamera unterwegs sind. Nur sehr wenige, die den eigenen Augen und den Augenblicken trauen, im Vertrauen auf das Vermögen des Erinnern.s. Im Moment des Entzückens oder Erstaunens, wenn bei fast allen der automatische Griff nach der Kamera erfolgt, ein Reflex bereits, was geschieht da bei diesen wenigen im Bewußtsein, daß die Erinnerung ihre eigene Wahl trifft, unbeeinflußbar und unverläßlich? Die Erlebnisse der Sinne hetzen einander, Bild folgt auf Bild, und kein Festhalten ist möglich, vieles wird verloren sein, denn die Erlebniskapazität ist begrenzt.

Von den Reisebüros wird alles wegorganisiert und -rationalisiert, was aufhält und Zeit vergeudet, um das Verhältnis zwischen Zeit und Raum zugunsten eines Maximums an Raumbewältigung in knapp bemessener Zeit zu gestalten. Kein Aufgehaltenwerden und kein Sichaufhalten. Ein Konzentrat.

Hier liegt die Bedeutung der

Kamera. Sie ist ein Jagdgerät zum Sicherstellen der Beute für später. Dem Körper wie selbstverständlich angefügt als wäre sie ein Teil davon, wirkt sie als Organ zwischen Hand und Auge, zwischen Tasten und Schauen.

Eindrücke in rascher Abfolge überlagern einander, bilden ein Durcheinander, geben dem Kopf nicht die Zeit für systematisches

Einordnen. Zeitraffer-Erlebnisse. Dafür sind wir nicht konzipiert. Mit Hilfe des Fotografierens entsteht die Illusion, die geistige und seelische Überforderung kompensieren zu können.

Reisen gehört zu den köstlichsten Luxusgütern unseres Wohlstands. Es pflegt nach den gewohnten Forderungen der Konsumideologie organisiert zu sein: sofort, schnell und alles. Der „unbewaffnet” nur mit seinen blanken Sinnen Reisende weiß um die Begrenztheit des Möglichen. Ihm geht es um die unmittelbare Vertiefung des Augenblicks, während die anderen die für das Erleben notwendige, aber nicht vorhandene Zeit in die Zukunft verlegen, nach der Reise, als Nacherleben. So wird unbewußt vermittels der

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