Karl Kraus „fiel“ zu Hitler „nichts mehr ein“? Das war 1933, am Beginn des Tausendjährigen Reichs. 37 Jahre nach dessen und seines Führers Ende „fällt“ den Historikern so viel zu Hitler ein, daß es kaum mehr möglich ist, den Überblick zu behalten. Zur Zeit wird jedenfalls die psychologische Sonde angesetzt.
Werner Maser bemüht sich, die Führer-Legende zu zerpflücken, die Hitler als starken, entscheidungsfreudigen Mann propagieren wollte. Er schildert an vielen Beispielen, wie sich Hitler zu Entscheidungen zwingen ließ, wie er lange über eigene Befehle grübelte, daß viele „Führer-Befehle“ gar nicht von ihm stammten.
In dieselbe Kerbe schlägt der englische Historiker William Carr, der allgemein der Tendenz entgegentritt, der Persönlichkeit in der Geschichte zu große Bedeutung zuzumessen, und dies am Beispiel Hitler vorexerziert.
Demgemäß wird auch in der kurzen Abhandlung des Kölner Ordinarius Andreas Hillgruber über die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs Hitlers unmittelbarer Anteil als eher geringer geschildert, als bisher angenommen wurde.
Das düstere Ende schließlich bietet Hitlers politisches Testament, festgehalten in Martin Bor
manns Mitschriften der Monologe im Führerbunker zwischen Februar und April 1945. Die 1959 französisch und 1961 englisch erschienenen Dokumente liegen nun erstmals auf deutsch vor.
In diesem Zusammenhang sollte auch Edith Eucken-Erdsieks Essaysammlung „Sie prägten unser Jahrhundert“ nicht vergessen werden. Sie stellt Hitler in eine Reihe mit Bismarck, Lenin, Stalin, Mussolini, Churchill, Roosevelt und de Gaulle - mit dem Unterschied, daß sie allen andern noch gewisse Sympathien, wenigstens Verständnis bei aller mitunter harten Kritik entgegenbringen kann. Bei Hitler bleibt davon nichts mehr übrig.
ADOLF HITLER. DAS ENDE DER FÜHRERLEGENDE. Von Werner Maser. ECON-Verlag, Düsseldorf 1980. 447 Seiten, geb., öS 288,- .
ADOLF HITLER. PERSÖNLICHKEIT UND POLITISCHES HANDELN. Von William Carr. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1980, 247 Seiten, öS 215,60.
ZUR ENTSTEHUNG DES ZWEITEN WELTKRIEGS. Von Andreas Hillgruber. Droste-Verlag, Düsseldorf 1980. 75 Seiten öS 144,-
HITLERS POLITISCHES TESTAMENT. Mit einem Essay von Hugh Trevor-Roper. A. Knaus-Verlag. Hamburg 1981. 141 Seiten, Ln. öS 184,40
SIE PRÄGTEN UNSER JAHRHUNDERT. Zeitgeschichtliche Porträts. Von Edith Eucken-Erdsiek. Herderbücherei Band 824. Freiburg 1980. 192 Seilen öS 67,-