Eine ungewöhnlich dichte und tiefschürfende Städtemonographie, welche aber auch dem unmittelbaren Gebrauchswert eines üblichen Reiseführers Rechnung trägt. Was für den „Heim-Fahrer" ausschlaggebend ist: die Sammlung wird in ihrer Vielgestaltigkeit dem polynationalen Phänomen Triest gerecht, eine Leistung, die nur - so scheint es - von Österreich ausgehen kann, nachdem es nach 50jähriger sogenannter Herrschaft über Triest zum politischen und ethnischen Außenseiter geworden ist. Aber war es jemals mehr gewesen?
Unter den vielen Zitaten sticht Hermann Bahr mit seiner kritischen österreichischen Neutralität heraus, die jenseits aller politischen Abmachungen zu seinem Wesenskem gehört: Es ist eine Stadt, die eine unwillige Existenz führt. Was für 1909 eine Feststellung gewesen ist, hat sich für das ganze Jahrhundert bis auf den heutigen Tag als eine zutreffende tragische
Prognose erwiesen. Durch die osteuropäische Problematik hat sich die Lage für Triest noch weiter verschärft.
Zwischen Ohnmacht und „pathologischer Hypotonie des Nationalgefühls schwankt die zerrissene Seele von Triest", kein gutes Omen für die Trinität, welche sich ein überzeugter Europäer wünscht, nämlich die Zusammengehörigkeit der slawischen, romanischen und germanischen Sprachfamilie. In Triest war ja ein Ansatzpunkt gegeben, und dieser -wenig politisch effizient - hat doch eine literarische Landschaft „Triest" geschaffen, die von James Joyce' Zeiten bis auf den heutigen Tag ihre Ausstrahlungskraft behalten hat, auch davon legt das Buch eindrucksvolles Zeugnis ab.
TRIESTE - TRST - TRIEST. Eine Anthologie. Herausgegeben von John Morrissey, Fanz M. Rinner und Claudia Strafner. edition Umbruch, Mödling/Wien 1992. 216 Seiten, öS 250,-.