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Bauer als Schwadroneur

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Albin Schober, 38 Jahre, Bauer aus St. Stefan im Lavanttal, ist zwar nicht geographisch, aber dafür politisch schon viel herumgekommen. Trotz seiner Jugend diente er bislang in vier Parteien: Erst als Mitglied des ÖVP-Bauernbundes, dann als Mitglied und Funktionär des Allgemeinen Bauernverbandes, Ende der sechziger Jahre als Mitglied, Funktionär und Gemeänderatskandi-dat der FPÖ und seit 1971, da sich eine längere Herrschaft der SPÖ abzuzeichnen begann, als Mitglied und Kammerrat des sozialistischen Arbeiterbauernbundes.

Bundeskanzler Kreisky lernte er bei einer Feier der Kärntner Abwehrkämpfer in Klagenfurt kennen. Kreisky hat ihm die Hand gedrückt, Dieser Händedruck führte schließlich zum Ratschlag des Kärntner Landeshauptmanns Wagner an Kreisky, es doch einmal mit dem Freund so vieler Parteien, mit Albin Schaber, zu versuchen. Kreisky, der schon immer einen „Kirühschläger für die Bauern“ wollte, nahm diesen Tip dankend an. Nun muß sich der designierte Landwirtschaftsiminister Günther Haiden mit dem Bauern als Schwadroneur plagen. Aus den Zeitungen mußte Haiden erfahren, wie Schober sich die Arbeitsteilung im Ministerium vorstellt. Haiden soll am Stubenring die Geschäfte sozusagen in der Art eines bevollmächtigten Sektionschefs führen, während Schaber von Versammlung zu Versammlung den Bauern die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung klarmacht. Haiden soll auf diesen Vorschlag seines Neo-Parteifreundes erregt reagiert haben. „Über die Kompetenaverteilung reden wir erst“, ließ er seinen Mitarbeiter wissen, und er soll jetzt über einem Plan brüten, der Schaber so viel Arbeit zuschanzt, daß er zum Politisieren erst gar nicht kommt.

Während sich Schober im heimatlichen Lavanttal als neuer Staatssekretär und großer Politiker feiern läßt, auch isohan, wie zu 'hören ist, den staatsmännischen Blick und die staatsmännische Haltung trainiert, ließ sich der designierte Landwirt-sohaf tsminister Haiden von der „Arbeiter-Zeitung“ über seine Pläne interviewen. Zwar will Haiden für „eine Kontinuität in der Agrarpolitik“ sorgen, dabei aber auch neue „sozialistische Akzente“ setzen: Ausbau der Maschinenringe und der Bergbauernzuschüsse, in den Bundesländern Prüfungskommissionen, die für eine direkte Vergabe der Subventionen aus dem Landwirtschaftsministerium, also nicht mehr über die Landwirtschaftskammer, die vom ÖVP-Bauernbund eindeutig dominiert werden, sorgen. Diese sollen auch, wie Haiden versicherte, als „Beschwerdekommission“ fungieren und „Agrarskandale“ verhindern. Für ÖVP-Bauembunddirektor Sixtus Lanner sind die geplanten „Lan-

desprüfungskommissionen'- ein rotes Tuch, er erkennt darin den „Versuch, freie und geheime Wahlergebnisse zu umgehen“, nämlich die Ergebnisse der Kammerwahlen.

Die vom Nooh-Landwirtsohaftsmi-nister Oskar Weihs eingerichtete „Bundespnüfiungskommission“ hat sich taut Sixtus Lanner überhaupt nicht bewährt.

Mit Weihs verliert der Bauernbund aber einen kooperationsbereiten Partner in der Landwirtschaft.s-politik; mit dam designierten Günther Haiden gewinnt er einen Gegner, mit dem sich die Spitzen des Bauernbundes bislang nicht recht verstehen konnten. Er ist ihnen zu sozialistisch eingefärbt, in seinen politischen Entscheidungen zudem zu stark vom Gewerkschaftsbund abhängig.

Mit welchen Mitteln die Bauern-bund-Führung versuchen wird, die Zusamimenaribeitsbereitschaft von Günther Haiden zu erwerben, und ob sie dabei auch erfolgreich sein wird, wird ein Schauspiel für angehende Politologen. Aus der Sicht des

B-auennihunides ist jeder Minister, ob er nun Mitglied der ÖVP oder der SPÖ ist, dazu verpflichtet, die agrarr politischen Linien des Ba/uernbundes nachauzielhen. Weihs fand sich dazu rasch bereit, Haiden wehrt sich noch dagegen, Schaber spielt vorläufig in diesen Überlegiunigen keine große Rolle. Bedenkt man die Aversion zwischen Haiden und Schober, wäre es denkbar, daß die Führung des Bauernibundes und der Präsidenten-koniferenz der Ijandiwirtsohaftskarn-mern den einen igegen den anderen ausspielt. „Sozialistische Agrarpolitik“ wäre dann weiterhin eine .Politik der leeren Kilometer“.

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